Grossbritannien versetzt Marine-Schiffe für Fall eines «No Deals» in Bereitschaft
Einen Tag vor der erwarteten Entscheidung im Ringen um einen Post-Brexit-Deal hat Grossbritannien am Samstag bewaffnete Marine-Schiffe in Bereitschaft versetzt, um seine Fischereigewässer zu schützen.
Das Wichtigste in Kürze
- Brexit-Unterhändler treffen erneut in Brüssel zusammen.
Der Schritt ist Teil einer Notfallplanung der Regierung, falls die Gespräche mit Brüssel über ein Handelsabkommen am Sonntag scheitern. Die Unterhändler Grossbritanniens und der EU kamen unterdessen erneut in Brüssel zusammen, um die möglicherweise letzten Stunden der Handelsgespräche einzuläuten.
Vier 80 Meter lange Schiffe der Royal Navy seien in Bereitschaft versetzt worden, um die britischen Hoheitsgewässer vor EU-Fischern zu schützen, falls kein Abkommen zustande kommt. «Es ist absolut angemessen, dass die Royal Navy unsere Gewässer schützt, wenn die Position ist, dass wir ein souveräner Staat sind und die Regierung sagt, dass wir keine Fischerboote anderer Nationen dort haben wollen», sagte der pensionierte Admiral Alan West im Radio der BBC.
Premierminister Boris Johnson hatte vergangene Woche die Erwartungen an ein Abkommen niedrig gehalten: Es sei «sehr, sehr wahrscheinlich», dass die Gespräche scheitern und Grossbritannien künftig zu den Bedingungen der Welthandelsorganisation (WTO) mit der EU Handel treiben werde. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte die EU-Staats- und Regierungschefs auf die Möglichkeit eines Scheiterns der Gespräche vorbereitet.
Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich überzeugt, dass es trotz der nur sehr kurzen verbleibenden Zeit für ein Brexit-Abkommen noch die Chance auf eine Einigung zwischen der EU und der britischen Regierung gibt. «Eine Einigung wird mit jedem Tag schwieriger, aber sie ist immer noch möglich», sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben). «Deshalb verhandeln wir als EU weiter, solange das Fenster auch nur einen Spalt offen ist.» Allerdings müsse die EU bei «aller Kompromissbereitschaft» auch ihre Interessen im Blick behalten.
Ähnlich äusserte sich der irische Aussenminister Simon Coveney gegenüber der Zeitung «Die Welt»: «Ich glaube nach wie vor an einen Deal, auch wenn ich damit nur noch eine Minderheit bin», sagte Coveney.
Grossbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende bleibt das Land aber noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. In dieser Übergangsphase ist es bisher nicht gelungen, ein Handelsabkommen für die Zeit nach dem Brexit auszuhandeln. Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft.
Inzwischen ist die Zeit für die rechtzeitige Ratifizierung eines Abkommens bis zum Jahresende äusserst knapp. Hauptstreitpunkte in den Verhandlungen sind nach wie vor faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern.