London schliesst mit Tokio erstes grösseres Handelsabkommen nach dem Brexit

Die Verhandlungen mit der EU über das Brexit-Abkommen stecken fest - mit Japan hat Grossbritannien nun das erste grössere Handelsabkommen nach dem Austritt aus der EU vereinbart.

Die britische Ministerin Truss und ihr japanischer Kollege Motegi - 10 Downing Street/AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Handelsvolumen soll damit deutlich steigen .

99 Prozent der zwischen beiden Ländern gehandelten Güter und Dienstleistungen sollen künftig zollfrei bleiben. Das Abkommen soll bereits am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Premierminister Boris Johnson lobte, sein Land habe nun wieder Kontrolle über seine Handelspolitik.

Das Handelsabkommen schlossen die Ministerin für Internationalen Handel, Liz Truss, und der japanische Aussenminister Toshimitsu Motegi in einer Videokonferenz am Freitag, wie beide Seiten mitteilten. Es solle das Handelsvolumen - 2019 waren es rund 30 Milliarden Pfund - um 15,2 Milliarden Pfund (16,5 Milliarden Euro) erhöhen.

Derzeit basieren die Handelsbeziehungen noch auf dem EU-Freihandelsabkommen mit Japan - doch Grossbritannien tritt Ende Dezember nach einer Übergangsphase endgültig aus der EU aus und braucht daher ein eigenes Vertragswerk.

«Wir haben die Kontrolle über unsere Handelspolitik zurückgewonnen und werden weiterhin als Handelsnation ausserhalb der EU prosperieren», kommentierte Premierminister Johnson das Abkommen im Kurzbotschaftendienst Twitter.

«Dies ist ein historischer Moment», sagte Truss in London. Das Abkommen mit Japan sei «in Rekordzeit und unter herausfordernden Umständen» verhandelt worden und gehe «weit» über das EU-Japan-Abkommen hinaus: «Es sichert britischen Unternehmen neue Gewinne - in unserer grossartigen Industrie, in der Lebensmittel- und Getränkebranche und in der Technologiebranche.»

Das Abkommen ist eine Grundsatzvereinbarung und muss noch unterzeichnet werden. Japans Aussenminister Motegi sagte in Tokio, es solle am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Zuvor müssen es noch die nationalen Parlamente ratifizieren.

Auch Motegi lobte, die Verhandlungen hätten nur drei Monate gedauert. Japan habe die Bedingungen für den Absatz japanischer Produkte auf dem britischen Markt - verglichen mit dem Freihandelsabkommen mit der EU - noch verbessert, vor allem für Waggons und einige Autoteile. Zölle auf Fertigungsteile aus Japan sowie auf Schweine- und Rindfleisch sowie Lachs aus Grossbritannien sollen gesenkt werden.

Die Chefin des britischen Unternehmerverbands CBI, Carolyn Fairbairn, nannte das britisch-japanische Abkommen einen «Durchbruch». Regierung und Unternehmen müssten nun zusammenarbeiten, um «das Beste daraus zu machen». Der Deal könne «der erste von vielen» werden.

Grossbritannien hatte am 31. Januar seinen Austritt aus der EU erklärt; die Übergangszeit dauert bis Ende Dezember. Mit Brüssel streitet London aktuell über das gemeinsame Austrittsabkommen - die britische Regierung hatte diese Woche überraschend angekündigt, einseitig den im Januar verabschiedeten Brexit-Vertrag ändern zu wollen. Ein Ultimatum der EU, die Pläne bis Ende des Monats zurückzunehmen, lehnte London am Donnerstag ab.

Grossbritannien hat bereits mit Südkorea, Chile, der Schweiz, Island und Norwegen vereinbart, die derzeitigen Bedingungen für den Handel nach Brexit beizubehalten. Ziel der konservativen Regierung in London ist es, noch vor Ende des Jahres ein Abkommen mit den USA zu unterzeichnen.