Schweizer Umfrage: Jede zweite Journalistin im Job belästigt
Bei einer Umfrage unter Medienschaffenden in der Schweiz hat jede zweite teilnehmende Journalistin von sexueller Belästigung im Job berichtet. 244 Frauen und 34 Männer waren von mindestens einem Vorfall betroffen. Besonders gefährdet waren Berufseinsteigerinnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die am Samstag publizierte Umfrage zu Belästigung und Sexismus am Arbeitsplatz führte Tamedia durch.
Angeschrieben wurden 3429 Medienschaffende in der Deutschschweiz und der Romandie, 755 Personen aus TV, Radio, Print und Online aus allen grossen Medienhäusern machten mit.
Die anonym durchgeführte Online-Umfrage ist nicht repräsentativ, sie umfasst gemäss Tamedia allerdings Hunderte detailliert beschriebene Fälle. Frühere Umfragen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und von Amnesty International zum Thema lieferten bei der Zahl der Betroffenen teils tiefere Quoten.
In der Studie berichteten 244 Frauen (53 Prozent) und 34 Männer (11 Prozent) von sexuellen Übergriffen oder Belästigungen bei der Arbeit. Eine Medienschaffende wurde laut ihren Angaben im Büro vergewaltigt, eine andere zu einer ungewollten sexuellen Handlung gezwungen. Als Beschuldigte nannten die Teilnehmerinnen häufig Vorgesetzte und Externe, etwa Interviewpartner wie Politiker oder Manager.
Die überwiegende Mehrheit der betroffenen Journalistinnen gab an, Ziel von verbaler Belästigung wie anzüglichen Bemerkungen oder sexistischen Sprüchen gewesen zu sein. In drei Dutzend Fällen kam es gar zu Belästigung mit Körperkontakt wie Anfassen der Brust oder am Po. Die Befragten beschrieben zudem mehrere Dutzend Fälle von aufdringlichem Nachstellen etwa per SMS oder E-Mail oder von sexueller Belästigung ohne Körperkontakt. In vielen Fällen ging es um Annäherungsversuche, bei denen teils von Vorgesetzten Vorteile versprochen oder Nachteile angedroht wurden.
Von 200 antwortenden Frauen gaben 158 an, mit Arbeitskollegen, Freundinnen oder der Familie über die Vorfälle gesprochen zu haben. 27 sprachen demnach mit niemandem darüber. Nur 15 Frauen meldeten sich laut eigenen Angaben bei Fachstellen oder der Polizei.