Kanton entscheidet über Kürzung der Sozialhilfe
Im Kanton Bern entscheiden die Stimmberechtigten über Kürzungen bei der Sozialhilfe.
Als Gegenvorschlag zur umstrittenen Vorlage kommt ein Volksvorschlag zur Abstimmung, der ältere Ausgesteuerte besserstellen will. Werden beide Vorlagen angenommen, entscheidet die Stichfrage.
Die von Regierung und Parlament vorgeschlagene Änderung des Sozialhilfegesetzes ermöglicht es, den Grundbedarf für Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger um 8 bis 30 Prozent unter den Wert zu senken, der in den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) festgelegt ist.
Bei einer Annahme wäre Bern der erste Kanton, der die nationalen Skos-Richtlinien unterschreitet. Mit den Leistungskürzungen wollen Sozialdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) und die bürgerliche Parlamentsmehrheit erreichen, dass Sozialhilfebezüger im Kanton Bern keinen höheren Lebensstandard erreichen als Niedriglohnverdiener.
Im Gegenzug sollen die Anreize für die berufliche Integration verstärkt werden. Bekämpft wird die Revision vom links-grünen Komitee «Für eine wirksame Sozialhilfe» mit einem eigenen Volksvorschlag. Dieser orientiert sich an den Skos-Richtlinien und sieht darüber hinaus eine bessere Unterstützung für über 55-jährige Ausgesteuerte vor.
Signalwirkung für andere Kantone
Heute geben der Kanton Bern und die Gemeinden pro Jahr rund 272 Millionen Franken für Sozialhilfe aus. Die Kürzungsvorlage hat - je nach Ausgestaltung der Anreizsysteme - Einsparungen von 8 bis 19 Millionen Franken zur Folge. Für den Volksvorschlag wiederum wird mit jährlichen Mehrkosten von 17 bis 28 Millionen Franken gerechnet.
Die Abstimmung im Kanton Bern hat Signalcharakter für andere Kantone, in denen Kürzungsbegehren hängig sind oder vom jeweiligen Parlament angenommen wurden, so etwa in den Kantonen Aargau und Basel-Landschaft.
Kommunale Abstimmungen
Im Kanton Bern stehen zudem etliche Gemeindevorlagen an. Die Stadtberner Stimmbevölkerung entscheidet zum Beispiel über einen 60-Millionen-Franken-Rahmenkredit für den Erwerb von Liegenschaften. Die rot-grüne Mehrheit will so dafür sorgen, dass die Stadt auf dem Markt rasch handeln kann. Die Bürgerlichen bekämpfen die Vorlage.
In Biel kommen die Planungsgrundlagen fürs Gurzelenquartier vors Volk. In Köniz befindet das Volk über die nächste Bauetappe im Ried. Der Souverän in Langenthal entscheidet über den Entwicklungsschwerpunkt Bahnhof und damit über einen 70-Millionen-Franken-Baukredit.