Revierförster Reto Müller: «Der Wald ist keine Deponie»

Reto Müller ist Revierförster im Oberen Gäu und erklärt, was die Bevölkerung zu einem gesunden Wald beitragen kann.

Reto Müller ist 33 Jahre alt und betreut seit sechs Jahren das Forstrevier Oberes Gäu. Im Hintergrund zu sehen: Japanischer Knöterich, welcher sich im Wald angesiedelt hat. - Nau

Der Wald ist sein Zuhause: Als Revierförster kümmert sich Reto Müller seit sechs Jahren um das Forstrevier Oberes Gäu. Dazu zählen die Dörfer Kestenholz, Wolfwil, und Niederbuchsiten.

Das Thema Neophyten, auf welches viele Gemeinden derzeit explizit hinweisen, ist nur eine der Herausforderungen, welche den Wald beschäftigen: «In den Augen der Förster geht es dem Wald nicht gut.»

Borkenkäfer und Trockenheit sind «riesiges Problem»

«Die Trockenheit dieses Frühlings sowie der Borkenkäfer, welcher vor allem durch den Sturm Burglind verbreitet wurde, machen dem Wald sehr zu schaffen», erklärt Reto Müller.

Zwar habe es vor ein paar Wochen gut geregnet und damit Bäume und Pflanzen bewässert. Wenn es allerdings so weitergeht, werden die Trockenphasen die Wälder weiterhin belasten.

Burglind zerstörte 2018 einen Teil des Kestenholzer Waldes. - Keystone

«Viele Faktoren wie Stürme oder ausbleibender Regen kommen von der Natur, auf welche wir keinen Einfluss haben. Dennoch liegt ein Grossteil der Verantwortung in unseren Händen.»

Damit meint Reto Müller insbesondere die Entsorgung jeglicher Materialien im Waldgebiet: «Dies fängt schon beim normalen Hummus an. Auch Naturalien sollen hier nicht beseitigt werden, der Wald ist keine Deponie.»

Aufgrund des Borkenkäfers muss das Holz nach dem Fällen direkt abtransportiert werden. - Keystone

An zehn Standorten bekämpft der Revierförster Neophyten. Gemeint sind gebietsfremde Pflanzen, welche oft in Gärten zu sehen sind, für den Wald allerdings gänzlich ungeeignet daherkommen: «Neophyten verdrängen unsere heimischen Pflanzen und nehmen deren Platz ein. Dies wollen wir verhindern.»

Auch im Kestenholzer Wald deutet der 33-Jährige auf einen Neophyt, es ist ein Japanischer Knöterich. Auch das drüsische Springkraut oder den Kirschlorbeer findet man hierzulande. Zweiteres wird anhand der Beeren durch die Vögel in den Wald getragen, was eine Kontrolle erschwert.

Das drüsische Springkraut stammt ursprünglich aus dem westlichen Himalaya-Gebiet. Heute ist es auch im Kestenholzer Wald zu finden. - Keystone

«Ich empfehle, vor allem auf heimische Pflanzen zu gehen. Wer etwas Extravagantes braucht, soll dies ordnungsgemäss entsorgen.»

Die illegale Entsorgung im Wald trägt erheblich zum Problem bei: «Gartenabfälle, geschnittenen Sträucher und Ähnliches werden im Wald abgeladen und haben dann die Möglichkeit, auszusamen und sich auf diesem Boden zu vermehren.»

Zudem sei es für den Waldgänger schwierig, die teils schön anzuschauenden Pflanzen von heimischen zu unterscheiden. Bekämpfen muss man sie dennoch, genau wie den Borkenkäfer.

Reto Müller kennt die Neophyten im Wald. Einige Pflanzen sind aus diesem Grund im Garten verboten und auf einer Blacklist aufgeführt. - Nau

«Da im Wald keine Chemikalien eingesetzt werden dürfen, werden die Neophyten einmal jährlich ausgerissen und entfernt. Die Borkenkäferplage können wir nur in den Griff bekommen, wenn wir betroffene Bäume frühzeitig erkennen, fällen und entrinden.»

Gut fürs Auge ist nicht gleich gut für die Natur

Seit der Corona-Situation ist der Wald belebter denn je, wie auch der Förster bestätigt. Es sei schön, werde das Naherholungsgebiet genutzt. Allerdings appeliert er auch an die Waldspaziergänger:

Ebenfalls ein ungebetener Gast im Wald: Der Kirschlorbeer. - Keystone

«Manche beklagen sich, weil wir einen Ästehaufen liegen lassen und dies nicht ästhetisch aussieht. Dabei schaffen wir damit neuen Lebensraum für die Tiere. Deshalb bitte ich die Menschen im Wald, zweimal hinzuschauen, sich zu informieren und den Wald, Wald sein, zu lassen.»

«Die Natur ist schliesslich nicht auf dem Zeichenbrett entstanden.»