Centralplatz: Gemeinderat zieht das Urteil zur Blutbuche weiter

Mit dem Centralplatz soll ein lebendiger Begegnungsort für die Bevölkerung an der Gotthardstrasse entstehen.

Der Centralplatz, wie er gemäss dem Siegerprojekt des Siegerprojektes von Balliana Schubert Landschaftsarchitekten AG umgesetzt werden soll. - Gemeinde Thalwil

Mit dem Centralplatz soll ein lebendiger Begegnungsort für die Bevölkerung an der Gotthardstrasse entstehen. Ein Rekurs gegen die Inventarentlassung der Blutbuche im Perimeter des Gestaltungsplans Centralplatz hatte die Planungen verzögert. Nun hat das Baurekursgericht entschieden, dass die Blutbuche zu erhalten sei. Die Gemeinde Thalwil und die Grundeigentümerin EKZ akzeptieren dieses Urteil nicht und ziehen es ans Verwaltungsgericht weiter. Die Gemeinde möchte dennoch zusammen mit den Grundeigentümern zügig weiter an der Umsetzung des Gestaltungsplans und des Richtprojekts arbeiten. Dazu hat sie unterdessen einen Studienwettbewerb zur Platzgestaltung durchgeführt. Das Siegerprojekt sieht eine Ersatzpflanzung für die Blutbuche vor.

Vielfältig nutzbare, offene Freiräume und öffentliche Plätze tragen wesentlich zur Lebensqualität einer Gemeinde bei. Seit mehreren Jahren ist die Entwicklung des Thalwiler Zentrums Thema.

Verschiedene Projektideen für die Entwicklungsmöglichkeiten im Dorfkern wurden geprüft. Dem Richtprojekt zur Umsetzung des Centralplatzes hat die Stimmbevölkerung am 18. Oktober 2015 und dem entsprechenden öffentlichen Gestaltungsplan am 8. Juni 2016 zugestimmt. Das Richtprojekt wurde in enger Zusammenarbeit von Grundeigentümern und Gemeindevertretern entwickelt. Es ist ein austariertes Gesamtprojekt, in dem die öffentlichen Interessen für die Bevölkerung bestmöglich berücksichtigt werden. Der Perimeter des Gestaltungsplans reicht von der Gotthardstrasse 12 bis 16. Insgesamt vier Neubauten (A-D) sind vorgesehen. Zwischen zwei Neubaukuben soll mit dem Centralplatz eine begrünte Begegnungsstätte mit multifunktionaler Nutzung entstehen.

Auf dem Baufeld A, an der Gotthardstrasse 16b, steht eine rund 120-jährige Blutbuche, welche im Inventar der Natur- und Landschaftsschutzobjekte eingetragen ist. 2017 wollte der Gemeinderat auf Ersuchen der Grundstückseigentümerin, der Elektrizitätswerke der Stadt Zürich EKZ, den Baum aus diesem Inventar entlassen. So sollte die Bebauung des Grundstücks gemäss dem für die Gemeinde sehr wichtigen Gestaltungsplan Centralplatz besser ermöglicht werden. Der Gemeinderat hatte die Einschränkungen für einen Neubau durch die Blutbuche als erheblich bewertet und gewichtete die öffentlichen Interessen der Umsetzung der Gesamtplanung inkl. des neu entstehenden Platzes und der neu vorgesehenen Bepflanzung höher als die Schutzwürdigkeit des Einzelbaumes. Im Bereich des neuen Centralplatzes soll im Gegenzug ein gleichwertiger Ersatz für die Buche gepflanzt werden.

Baurekursgericht urteilt zugunsten der Blutbuche Die Vogelschutzverbände Birdlife Zürich, Birdlife Schweiz sowie eine Anwohnerin gingen gegen die Inventarentlassung der Blutbuche vor. Am 5. Oktober 2017 reichten sie eine Petition mit 2192 Unterschriften für den Erhalt der Blutbuche ein und verlangten per Rekurs den Beschluss des Gemeinderates aufzuheben und den Baum unter Schutz zu stellen. Das Baurekursgericht des Kantons Zürich hat in seinem Urteil vom 13. Mai 2019 entschieden, dass die Blutbuche zu schützen ist. Dies einerseits aufgrund ihrer prägenden Funktion für das Ortsbild und andererseits, weil sie eine beträchtliche ökologische Bedeutung hat, Nahrung für zahlreiche Vogelarten und Heimat für viele Insekten bietet sowie auch viel für das Klima in der dicht bebauten städtischen Umgebung leistet.

Das Argument des Gemeinderates, wonach die Blutbuche am heutigen Standort nicht mit der Realisierung der Arealentwicklung rund um den Centralplatz vereinbar ist, lässt das Baurekursgericht nicht gelten.

Schutzwürdigkeit wie Schutzfähigkeit müssen beurteilt werden

Der Gemeinderat teilt die Meinung des Gerichts zum ökologischen Wert und zur prägenden Gestalt der Blutbuche. Er akzeptiert das Urteil des Baurekursgerichts dennoch nicht und wird es anfechten.

An erster Stelle steht für den Gemeinderat eine zukunftstaugliche, ökologische und auch nachhaltige Entwicklung des Thalwiler Zentrums. Dabei sind die unterschiedlichen kommunalen öffentlichen Interessen sorgfältig abzuwägen und der austarierte Gestaltungsplan in die Beurteilung der Schutzwürdigkeit der Blutbuche mit einzubeziehen. Das Urteil verletzt nach Meinung des Gemeinderats durch seine einseitige Sichtweise den vom Gesetz gegebenen Spielraum und die Gemeindeautonomie bei der Abwägung von kommunalen Interessen.

Der Entscheid geht nur auf die sogenannte Schutzwürdigkeit ein, die nur einen Aspekt einer Unterschutzstellung umschreibt, nämlich die ortsbauliche und kulturgeschichtliche Prägnanz und die ökologische Wichtigkeit des Baums. Die sogenannte Schutzfähigkeit muss jedoch ebenfalls berücksichtigt werden. Diese beschreibt die Vitalität und Lebensdauer des Schutzobjekts bei zunehmender Überbauung, die Rahmenbedingen des Standorts und die ebenfalls gesetzlich geforderte innere Verdichtung sowie das Entwicklungspotenzial des Zentrums.

Das Urteil enthält zu diesen Aspekten jedoch einen Minderheitsantrag, der festhält, dass die Vitalität des Baums eingeschränkt sei und immer mehr eingeschränkt wird, auch wenn er unter Schutz gestellt würde. Zudem seien die Sicherheitsaspekte gegenüber den SBB-Gleisen ebenfalls in Betracht zu ziehen. Ein Baumersatz an dieser Stelle wäre bei Abgang der bestehenden Blutbuche schlicht nicht mehr möglich und der Schutzgrund fiele mit der Zeit sowieso dahin.

Eine Unterschutzstellung und eine Anpassung des Richtprojekts auf eine nur noch beschränkte Lebenszeit der Blutbuche erscheint für den Gemeinderat deshalb fraglich, zumal mit dem durchgeführten Wettbewerbsverfahren zur Platzgestaltung eine städtebaulich und ökologisch überzeugende und nachhaltige Ersatzpflanzung möglich wird.

Der Centralplatz als Bühne für das Thalwiler Dorfleben

Der Gestaltungsplan Centralplatz hat auch mit dem Urteil des Baurekursgerichts nach wie vor Bestand. An seiner Umsetzung wird gearbeitet: Die Gemeinde Thalwil als Bauherrin des Platzes hat unterdessen einen Studienwettbewerb für die Gestaltung des Centralplatzes durchgeführt.

Das Siegerprojekt kommt von der Balliana Schubert Landschaftsarchitekten AG. Der gelungene Projektvorschlag sieht vor, dass sich der Platzbelag des Centralplatzes in den Strassenraum der Gotthardstrasse hineinschiebt, womit der Platz gut sichtbar wird. Der Höhenunterschied zwischen den beiden Neubauten wird mit zwei Treppenanlagen überwunden, welche mittig die offene, flexibel nutzbare, grosszügige Platzfläche einrahmen. So entsteht ein Inselbereich, welcher von belebten Randbereichen eingerahmt wird. Ein markanter, standortgerechter Einzelbaum im Nordwesten des Platzes markiert Präsenz gegenüber dem Strassenraum und bildet den städtebaulichen Auftakt zum Centralplatz. Er stellt die Ersatzpflanzung für die Blutbuche dar. Der Platzbelag soll aus einem einheimischen Naturstein – dem San Bernardino Silber – gefertigt werden. Die unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen, die Steinformate und -grössen geben dem Platz Textur und Tiefe. Als weiteres Gestaltungselement wird im Randbereich ein Brunnen installiert. Ein besonderer Blickfang soll das Bushäuschen am Platzrand zur Gotthardstrasse hin bilden. Dessen Gestaltung wird in der weiteren Planung noch sorgfältiger auf das Gesamtkonzept abgestimmt.

Das Projekt überzeugte das Beurteilungsgremium aus Fachpersonen, Vertretern von Politik und Verwaltung sowie Grundeigentümern mit der offenen Platzgestaltung, die eine vielfältige Nutzung zu lässt. Der Centralplatz wird damit zur Bühne für ein lebendiges Thalwiler Dorfleben werden.

Nächste Schritte und Termine

Die Gemeinde und die betroffenen Grundeigentümer werden Rekurs gegen den Entscheid des Baurekursgerichts einlegen. Sie halten am Richtprojekt zum Gestaltungsplan fest, weil er die öffentlichen Interessen an eine Zentrumsgestaltung ideal vereint. Das Siegerprojekt des Studienwettbewerbs zur Platzgestaltung von Balliana Schubert Landschaftsarchitekten AG wird diesen Sommer als Baugesuch bei der Gemeinde eingereicht.