SRF: Sogar Psychologe findet Sendung «Kuppelkids» «problematisch»

SRF erntet für die Sendung «Kuppelkids» Kritik. Ein Psychologe findet das Format «problematisch».

In der SRF-Sendung «Kuppelkids» suchen Kinder potenzielle Partner für ihre Eltern. - SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei «Kuppelkids» suchen Kinder Partner für ihre alleinerziehenden Eltern.
  • Von der Ombudsstelle wird die Sendung kritisiert.
  • Jetzt schätzt ein Psychologe ein.

Die SRF-Sendung «Kuppelkids» erntet vernichtende Kritik von der Ombudsstelle der SRG. Jetzt schätzt ein Experte die Sendung ein. Und bläst ins gleiche Horn.

In «Kuppelkids» suchen Kinder für ihre alleinerziehenden Elternteile einen neuen Partner oder eine neue Partnerin.

Die Sprösslinge erstellen dafür ein Onlinedating-Profil für ihre Mütter oder Väter. Sie wählen drei Kandidaten aus, die sie persönlich treffen möchten. Einer dieser Kandidaten darf dann auf ein Blind-Date mit dem Elternteil gehen.

Zuschauerin spricht von emotionalem Missbrauch

Was auf den ersten Blick herzig aussieht, wird heftig kritisiert. Eine Zuschauerin wirft dem Format vor, «Parentifizierung» zu verharmlosen. Dies sei emotionaler Missbrauch und gefährde das Kindeswohl.

Die Ombudsstelle der SRG stimmt dem zu. Ihr vernichtendes Fazit: «Die Unterhaltungssendung hat Potenzial zur Gefährdung geistig-sittlicher sowie sozialer Entwicklung Minderjähriger.»

Doch was genau versteht man unter dem Begriff «Parentifizierung»? Nau.ch hat bei Psychologe Fabian Grolimund nachgefragt. Er ist Leiter der Akademie für Lerncoaching in Zürich.

Der Psychologe Fabian Grolimund. - Franziska Messner / zVg

Grolimund: «Parentifizierung bedeutet eine Rollenumkehr, bei der Kinder Aufgaben übernehmen, die eigentlich bei den Eltern liegen sollten.» Problematisch sei, dass sich das Kind dazu verpflichtet fühlt, für die eigenen Eltern eine Art Elternfunktion einzunehmen.

«Deutlich, dass sich Kinder um Eltern sorgen»

Besonders schädlich sei die sogenannte «emotionale Parentifizierung», bei der ein Kind sich zusätzlich emotional um die Eltern kümmern muss. Ein Elternteil fordert dabei in unangemessener Weise Zuneigung vom Kind ein. Will etwa von ihm getröstet werden und spricht in einer nicht altersentsprechenden Weise über eigene Probleme.

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Genau diese Form der Parentifizierung ist dem Experten in der Sendung «Kuppelkids» aufgefallen. In der Sendung werde «immer wieder deutlich, dass sich die Kinder um ihre Eltern sorgen», so der Psychologe.

Grolimund: «So merken die Kinder beispielsweise, dass der Vater niemanden hat, mit dem er über seine Probleme sprechen kann und möchten jemanden für ihn finden, damit er nicht mehr einsam ist.»

Ein anderer Bub will, dass sein Mami einen Freund findet, damit sich nicht immer alles nur um ihn dreht.

«Nicht Aufgabe von Kindern, Eltern glücklich zu machen»

Auch das Kernthema der Sendung findet der Psychologe «problematisch». «SRF schreibt, dass es niemandem mehr am Herzen liegt, dass Mama und Papa glücklich sind, als den Kindern – und diese sich deswegen auf Partnersuche für die Eltern machen. Es ist aber weder die Aufgabe der Kinder, ihre Eltern glücklich zu machen, noch für diese auf Partnersuche zu gehen.»

Dies, gerade weil sich tatsächlich viele Kinder von Alleinerziehenden über die Thematik Gedanken machen würden und dabei zu viel Verantworten übernehmen.

SRF verteidigt das Format

Der Sender verteidigte das Format in einer Stellungnahme. Die Rollenumkehr sei kurzfristig und werde von erwachsenen Vertrauenspersonen begleitet.

Laut SRF haben viele alleinerziehende Eltern Schwierigkeiten dabei, einen neuen Partner zu finden. Das Format solle dieses Problem auf spielerische Weise darstellen: «Die Thematik ist gesellschaftlich relevant und von hohem Publikumsinteresse.»

Psychologe Fabian Grolimund glaubt allerdings: «Ein guter Dok-Film wäre sicher besser geeignet, um auf die Schwierigkeiten alleinerziehender Eltern aufmerksam zu machen.»

«Kuppelkids» wird übrigens nach zwei Staffeln abgesetzt. Laut Sender auch wegen der tiefen Quoten.