ESC: Deutsche Fans lieben Tel Aviv
Deutsche ESC-Gäste in Tel Aviv schwärmen von der guten Stimmung in der internationalen Fangemeinde, von Hummus und Falafel und von gastfreundlichen Israelis. Ein Wermutstropfen sind die hohen Preise - und der deutsche Beitrag «Sister».
Das Wichtigste in Kürze
- Stefan Ball ist beim Eurovision Song Contest bereits zum 13.
Mal vor Ort dabei, dieses Mal in Tel Aviv. «Mein erster war in Helsinki 2007 - und jeder ist anders», sagt der 42-Jährige aus Freising bei München und strahlt.
Zwei Wochen ist er in der israelischen Küstenstadt. Er hat jede Probe angesehen und für 800 Euro Karten für beide Halbfinal-Shows und das Finale am Samstag gekauft. «Die Tickets sind so teuer wie nie zuvor», klagt der schlanke Mann mit den langen Haaren.
Die Preise für die Tickets, die für die Hotels, Sorge um die Sicherheit - im Vorfeld des ESC in Tel Aviv gab es bei den deutschen Fans einige Bedenken. Doch letztlich sind von den beiden grossen Fanclubs, Eurovision Club Germany und OGAE, mindestens 150 Anhänger angereist.
Deutsche Fans können am Donnerstag beim zweiten Halbfinale erstmals abstimmen. Das deutsche Duo S!sters ist automatisch für das Finale am Samstag gesetzt, weil Deutschland zu den grossen Eurovision-Geldgebern gehört. Insgesamt werden 26 Länder am Finale teilnehmen.
«Ich liebe es, beim ESC vor Ort zu sein», sagt Marc Gehring, 46, aus Stuttgart, «weil wir eine grosse Familie sind, nicht nur die deutschen Fans, sondern weltweit.» Manche treffen sich über Jahre immer wieder. Alle feierten zusammen, sagt Gehring. Das gelte auch für Fans aus Ländern, bei denen die aussenpolitischen Beziehungen konfliktbelastet sind - wie Russland und der Ukraine. Die Ukraine verzichtet in diesem Jahr auf eine Teilnahme.
Der Personalentwickler ist nicht nur vom ESC begeistert: «Ich finde Tel Aviv ganz toll mit seinem mediterranen Klima, der Lockerheit der Leute und einem bisschen orientalischem Zauber», sagt Gehring. Er habe auch schon viel Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft von Israelis erfahren, erzählt Gehring. Nachdem er vor Beginn des jüdischen Feiertages Sabbat den letzten Bus verpasst habe, sei er von einem Israeli bis zu seinem Apartment gefahren worden.
Viele Fans haben sich wegen der hohen Hotelpreise in Ferienwohnungen eingemietet - so wie Reinhard Ehret, 57, Vizepräsident des OGAE-Fanclubs. Für seinen elften Live-ESC ist er zwei Wochen in der Stadt und spricht von «irre teuren Unterkunftspreisen». Dafür ist er beeindruckt von den Sicherheitsvorkehrungen. «Ich habe das Gefühl, dass die alles im Griff haben. Die wissen genau, was sie tun», sagt er. Die Sicherheitskräfte wirkten sehr routiniert.
Stefan Ball aus Freising sagt: «Die Sicherheitsmassnahmen sind weniger streng als erwartet.» Allerdings sei es schon seltsam, wenn Soldaten mit Sturmgewehren im Stadtbus sässen. «Das gehört hier anscheinend einfach dazu». Auch Michael Sonneck, Präsident des Eurovision Club Germany, fühlt sich sicher. Der Hausarzt aus dem Raum Düsseldorf erlebt bereits den 19. ESC live. Sein Favorit für den Sieg sind die Niederlande. Duncan Laurence («Arcade») wird auch von den Buchmachern seit Wochen als Sieger gehandelt.
Beim deutschen Beitrag äussert sich der 62-Jährige zurückhaltender: «Das ist etwas schwierig. Wir waren bei der Vorentscheidung sehr enttäuscht, dass es die S!sters geworden sind.» Doch je länger er den Song höre, desto besser finde er ihn. «Die Mädels singen gut und kommen sympathisch rüber.»
Stefan Ball hat keine grossen Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden von Laurita Spinelli und Carlotta Truman. «Ich habe gerade an der Bushaltestelle mit Franzosen und Vertretern anderer Länder gesprochen. Sie sehen die Chancen für den letzten Platz für die S!sters hoch», sagt er. «Aber vielleicht überraschen sie uns ja auch.» Bei den Buchmachern rangiert Deutschland im unteren Mittelfeld.