Stefan Zweig: Gelungene Adaption für den Klassiker «Schachnovelle»

Das Werk «Schachnovelle» von Stefan Zweig erscheint in einer Neuadaptation von Philipp Stölzl in den deutschen Kinos.

Das Werk «Schachnovelle» von Stefan Zweig wurde verfilmt. Foto: Julia Terjung/Studiocanal/Walker + Worm Film/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Werk «Schachnovelle» von Stefan Zweig wurde verfilmt und überzeugt in ganzer Linie.
  • Zweig wählte nur Monate nach der Fertigstellung des Werkes den Freitod.
  • Er verstand es die Leute in seinen Werken mitzureissen.

Buchverfilmungen sind heikle Angelegenheiten und können auch mal in die Hose gehen. Die Neuadaptation der Schachnovelle von Philipp Stölzl überzeugt jedoch auf ganzer Linie. Erich Kästner, Thomas Mann und nun auch Stefan Zweig: Das deutschsprachige Kino schaut in diesem Spätsommer besonders gern auf grosse deutschsprachige Autoren.

Mit der Anfang August angelaufenen Kästner-Adaption «Fabian» oder «Der Gang vor die Hunde» von Regisseur Dominik Graf ging's los. Anfang September folgte die von Detlev Buck gedrehte Neuverfilmung des Mann-Romans «Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull». Nun kommt das beeindruckende, das erschütternde Psychogramm eines Unbeugsamen in die Kinos: die Neuverfilmung der «Schachnovelle».

Stefan Zweig wählte den Freitod

Es ist der Text, der zu einer Art Abschiedsbrief von Stefan Zweig werden sollte. Dies nur Monate nach Fertigstellung des kaum 90 Seiten langen Werks über einen ehemaligen Gefangenen der Gestapo. Der Humanist und Pazifist im brasilianischen Exil 1942 wählte den Freitod.

Stefan Zweig wurde im Jahr 1934 in einer jüdischen Familie, in Wien geboren. Er verliess das von den Nationalsozialisten terrorisierte Österreich zunächst in Richtung England.

Tortur durch die Nazis

Der Protagonist Josef Bartok (Masucci) begibt sich zur Nazizeit ins südamerikanische Exil. Ähnlich wie in seinem literarischen Vorbild («Nordwand», «Ich war noch niemals in New York»).

Der bald einsetzende Rückblick offenbart all die Torturen, die er zuvor hat erleiden müssen. Darunter vor allem die monatelange «Sonderbehandlung» im Hotel Métropole durch die Nazis. Im Film vor allem repräsentiert durch einen, ebenso fies höflichen wie zutiefst diabolischen Albrecht Schuch («Berlin Alexanderplatz»).

Stefan Zweig verstand es die Leute in seinen Werken mitzureissen. Foto: Julia Terjung/Studiocanal/Walker + Worm Film/dpa - dpa-infocom GmbH

Wie Bartok (in der Text-Vorlage: «Dr. B.») mittels nachgespielter Schachpartien der geistigen Isolation in der Haft zu trotzen sucht: Dafür findet der 112-Minüter zutiefst bewegende Bilder. Die allerdings bekommen durch Oliver Masucci eine besondere Wirkkraft.

Es ist ein Schauspieler, der im umstrittenen «Werk ohne Autor» von Florian Henckel von Donnersmarck eine ziemlich faszinierende Figur verkörpert. Dieser konnte sich in den letzten Jahren, fast etwas überraschend, zu einem der spannendsten hiesigen Kinodarsteller mausern. Und das, obwohl Masucci schon 52 Jahre alt ist.

«Ich verstand es, andere mitzureissen»

Gutes Schauspiel bedarf indes auch einer guten, einer kongenialen Führung: Regisseur Stölzl, der schon Opern und Musikvideos inszenierte, zeigt sich von seiner besten Seite. Hinzu kommt ein bewegendes, ein faszinierendes, die im Film gezeigten Gräuelmethoden der Nazizeit unterstreichendes Sounddesign.

Verglichen mit der, ja auch gerade erst angelaufenen Thomas-Mann-Adaption «Felix Krull», entwickelt diese Stefan-Zweig-Verfilmung einen deutlich stärkeren Sog. Sie ist ungleich packender und zwingender als Detlev Bucks leider etwas zu klamaukig geratene Mann-Verfilmung. «Alles, was ich zu geben fähig war», so heisst es in einem Brief Stefan Zweigs, «verdanke ich einer gewissen Begeisterung. Ich verstand es, andere mitzureissen.»