Die Grüne Welle erfasst alle Parteien
Die Diskussion um mehr Schutz für die Umwelt dominiert auch den Wahlkampf. Jetzt zeigt sich: Alle Parteien wollen sich mehr für den Umweltschutz einsetzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Rating zeigt: Grünen, SP und GLP stehen für die Umwelt ein, danach kommt lange nichts.
- Doch im Vergleich zu den Vorjahren steigt bei allen Parteien die Umwelt-Freundlichkeit.
- Die FDP stimmte 2,5-mal weniger für die Umwelt als die CVP und die halb so oft wie die SP.
Die Klimastreikenden setzen National- und Ständeratskandidaten unter Druck. Sie wollen eine Bewertung der Klimaschutz-Freundlichkeit der Kandidierenden vornehmen. Ein solches Umwelt-Rating existiert jedoch bereits, publiziert von der Klimaallianz. Und: es zeigt Erstaunliches.
Alle Parteien werden umweltfreundlicher, und zwar deutlich.
Verhalten bei Umweltschutz-relevanten Abstimmungen
Zum Verständnis: Gemessen wird das Abstimmungsverhalten der Parlamentsmitglieder bei Umweltfragen. Aus den Einzelwerten der Kandidierenden ergeben sich die Ratings der Parteien. 25 Fragen an die bisher bekannten Kandidierenden geben zudem eine Vorstellung davon, wie sich Parteien künftig verhalten wollen. Die Teilnahme ist je nach Partei jedoch sehr unterschiedlich.
Es sind konkrete Fragen, etwa zur Flugticketabgabe oder zur Gletscherinitiative, sowie zur grundsätzlichen Haltung in Umweltfragen. Nachfolgend die Auswertung der Umwelt-Freundlichkeit, konzentriert auf die Abstimmungen im Nationalrat.
1. Grüne: Fast 100 Prozent im Interesse der Umwelt
Wenig überraschend landen die Grünen auf Platz Eins des Ratings. Sowohl 2016-2018 wie 2011-15 stimmten sie zu fast 100 Prozent für die Umwelt. Für die Zukunft versprechen die Kandidaten der Grünen, zu 96,3 Prozent im Interesse der Umwelt abzustimmen.
Parteipräsidentin Regula Rytz kommt 2018 übrigens «nur» auf 95,5 Prozent. Das liegt daran, dass sie bei der Abstimmung «Ziele zur Verringerung der Lebensmittelverluste» unentschuldigt fehlte.
2. SP: Konstant für Umweltanliegen
Die zweithöchste Zustimmung in Umweltabstimmungen erreichen die SP-Parlamentarier. Den höchsten Score 2018 erreicht dabei Nationalratspräsidentin Marina Carobbio. Bei allen elf Abstimmungen mit Umwelt-Relevanz stimmte sie im Interesse des Umweltschutzes.
Auch künftig bleiben die SP-ler der Umweltfreundlichen Linie treu. Die bisherigen Kandidierenden erreichen 97 Prozent bei der Befragung.
3. GLP: Umweltinteresse leicht gesunken
Die Grünliberalen stehen ebenfalls klar hinter den Interessen der Umwelt. In der aktuellen Legislatur lag der Wert etwas tiefer als in der Legislatur davor. Doch die Kandidierenden versprechen fast alle, künftig umweltfreundlich abzustimmen.
Parteichef Jürg Grossen weist 2018 einen Score von 86,4 Prozent auf. In der Legislatur davor waren es 95,8 Prozent. Fraktionschefin Tiana Moser liegt 2018 bei 90,9 Prozent. In der Legislatur 2011-15 stimmte sie 96,7 Prozent umweltfreundlich.
4. BDP: Mehr Einsatz für die Umwelt
Mit fast 35 Prozent weniger Zustimmung folgt die BDP auf Platz vier. Bei Grünen, SP und GLP lag die Ablehnung jeweils unter einem Prozent. Die BDP stimmte 2016-18 in 38 Prozent der Fälle gegen einen umweltfreundlichen Entscheid.
Auffällig: In Zukunft wollen sich die BDPler über 30 Prozent mehr für die Umwelt einsetzen. Diesen Sprung macht auch Parteipräsident Martin Landolt. Seine Bilanz lag 2018 bei 45,5 Prozent. Seine Wahlversprechen katapultieren ihn nun auf 83,3 Prozent.
5. CVP: Bisher Moitié-Moitié
Im Nationalrat stimmten die CVP-Parlamentarier im Durchschnitt 44,63 umweltfreundlich und 44,9 Prozent gegen die Umwelt. In der Legislatur 2011-2015 war der Wert ähnlich.
CVP-Präsident Gerhard Pfister kam 2018 auf 27,3 Prozent, ähnlich in der Legislatur 2011-15. Die CVP-Kandidierenden versprechen, den Zustimmungswert der CVPler künftig fast zu verdoppeln – auf 87 Prozent.
6. FDP: Zu drei Vierteln gegen die Umwelt – bis jetzt
Die Freisinnigen landen auf dem zweitletzten Platz: Drei Viertel aller Umwelt-Abstimmungen schickten sie bachab. Auch in der Legislatur davor stimmten sie zu zwei Dritteln dagegen.
FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi behauptet seit Januar 2019: «Der Umweltschutz gehört zur DNA des Freisinns.» Zwischen 2016-2018 unterstützte sie 15,96 Prozent der Umweltvorlagen, in der Legislatur davor gar nur 8,3 Prozent.
Zum Vergleich: 2016-18 stimmte die CVP über zweieinhalbmal mehr im Interesse der Umwelt als die FDPler, die Grünen über fünfeinhalbmal. Immerhin versprechen die FDP-Kandidierenden den Wert auf 68 Prozent Umweltfreundlichkeit zu steigern.
7. SVP: Umweltschutz ist konsequent kein Thema
Bei den Vertretern der SVP ist der Umweltschutz wenig bis gar kein Thema. Die Zustimmung war sowohl 2011-15 wie 2016-18 unter einem Prozent. 90 Prozent der Umweltvorlagen schmetterte die SVP ab.
SVP-Vertreter sind denn auch am Schluss der Skala zu finden. Parteichef Albert Rösti erreicht 2018 nur deshalb «nur» 81,8 Prozent Umwelt-Ablehnung, weil er in 18,2 Prozent der Abstimmungen fehlte. Fraktionschef Thomas Aeschi war immer da. Und sagte konsequent Nein.
Doch auch die SVP lässt sich offenbar von den Klimastreikenden beeinflussen. Die – zwar nur wenigen – Kandidierenden erreichen 39 Prozent Umweltfreundlichkeit in der Befragung.
Die Werte von einzelnen Politikern
Bei den Abstimmungen 2018 stimmte insgesamt 41 Parlamentarier zu 100 Prozent für die Umweltanliegen. Am anderen Ende der Skala weisen 42 Parlamentarier 0 Prozent Umweltfreundlichkeit auf.
Alle Parteien wollen künftig umweltfreundlicher abstimmen
Interessant: Alle Parteien versprechen, dem Thema Umwelt künftig mehr Gewicht zu geben. Bei den bisher schon umweltfreundlichen Parteien ist der Zuwachs klein. Grüne, SP und GLP standen bereits vor dem «Klimahype» für Umweltschutz ein.
Doch die BDP (+31 Prozentpunkte) und die CVP (+42) wollen sich künftig deutlich mehr für die Umwelt einsetzen. Sogar die SVP steigert ihren Wert um 35 Prozentpunkte. Und die FDP will ihren Wert von 17 auf 69 Prozent steigern: Ein Plus von 52 Prozentpunkten.