Firmen sollen laut Nationalrat Bussen von Steuern abziehen dürfen

Unternehmen sollen ausländische Bussen und Geldstrafen unter bestimmten Bedingungen von den Steuern abziehen dürfen.

Der Bundesrat will die Anpassung der Flüchtlingskonvention prüfen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • SVP und FDP spielen ihre Mehrheit im Nationalrat aus.
  • Unternehmen sollen Bussen von den Steuern abziehen können.
  • Für Bundesrat Ueli Maurer sei dieses Vorgehen nicht praktikabel.

Im Nationalrat konnten die SVP und die FDP am Dienstag ihre Mehrheit ausspielen, mit ein paar Stimmen aus der Mitte. Der Rat beschloss mit 94 zu 88 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der Mehrheit seiner Kommission zu folgen.

Demnach sollen inländische Sanktionen und Bussen nicht steuerlich abzugsfähig sein. Ausländische dagegen schon, sofern sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Dann nämlich, wenn sie gegen den schweizerischen Ordre public verstossen, wenn sie eine Handlung sanktionieren, die in der Schweiz nicht sanktionierbar wäre und wenn sie das Höchstmass übersteigen, welches das schweizerische Recht für den betreffenden Rechtsverstoss verhängt. Weiter dehnte der Rat die Abzugsfähigkeit für Schadenersatzleistungen aus.

Die Befürworterinnen und Befürworter dieser Regelung wollen damit dem Umstand Rechnung tragen, dass im Ausland gesprochene Bussen auch willkürliche und politisch motivierte Komponenten enthalten können. Mit dieser Regelung stärke die Politik der Schweiz und ihren Unternehmen den Rücken, sagte Thomas Matter (SVP/ZH).

SP, CVP und BDP sprachen sich für die Version des Ständerates und des Bundesrates aus. Unternehmen sollen Bussen und Sanktionen mit Strafzweck demnach nicht von den Steuern abziehen dürfen - und zwar unabhängig davon, ob sie in der Schweiz oder im Ausland verhängt wurden.

Die betroffenen Unternehmen müssten bereit sein, für im Ausland eingegangene Risiken die Verantwortung zu übernehmen statt sie der Allgemeinheit anzulasten, argumentierten die Befürworterinnen und Befürworter dieser Lösung.

«Perverse» Regelung

Schweizer Banken hätten sich rechtswidrig verhalten und Millionenbussen aufgebrummt bekommen, stellte Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) fest. «Sollen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dafür bluten? Fragen Sie mal Ihre Wählerinnen und Wähler.»

Susanne Leutenegger Oberholzer im Parlament. - Keystone

Die Kommission schlage eine «perverse» Regelung vor, die rechtlich und moralisch nicht haltbar sei. Ada Marra (SP/VD) stellte fest, die Mehrheit der Kommission wolle ein Gesetz erlassen nach dem Prinzip «Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren».

Nicht praktikabel

Finanzminister Ueli Maurer warnte, die nationalrätliche Regelung sei nicht praktikabel. Sie übersteige die Möglichkeiten der Steuerbehörden. Diese müssten ausländisches Recht analysieren und mit inländischem vergleichen. Zudem könnte die Regelung zu internationalen Problemen führen, weil unterschiedliches Recht angewendet werde für inländische und ausländische Bussen.

Doch der Rat folgte nur in einem Punkt dem Bundesrat und der Kommissionsminderheit. Er verzichtete auf die Streichung der Klausel, wonach Aufwendungen zur Ermöglichung von Straftaten oder als Gegenleistung für die Begehung von Straftaten nicht abgezogen werden können.

Finanzminister Ueli Maurer. Die OECD Mindeststeuer sollte bereits ab dem 1. Januar 2023 gelten. - Keystone

Die Mehrheit der Kommission, welche die Klausel streichen wollte, argumentierte, die Bestimmung sei schlicht nicht nötig. Nachdem Finanzminister Ueli Maurer dem widersprochen hatte, sprach sich der Rat aber mit 182 zu 0 Stimmen für die Klausel aus. Ein paar Unentschlossene wechselten beim Abstimmen im letzten Moment von «grün» auf «rot». Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.

Heute ist nicht explizit geregelt, ob Unternehmen Bussen, Geldstrafen und finanzielle Verwaltungssanktionen mit Strafzweck von den Steuern abziehen dürfen oder nicht. Zudem ist die Praxis in den Kantonen unterschiedlich.