Gleichstellung: Arbeitgeberverband sieht Problem nicht beim Lohn

Gewerkschaften wollen endlich gleichen Lohn für Männer und Frauen. Das Problem der Gleichstellung liegt gemäss Arbeitgeberverband jedoch anderswo.

Eine Familie: Mutter, Vater und Kind. Die SVP stellt sich grossmehrheitlich gegen einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. - Pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Frauen und Männer sollen gleich viel verdienen, fordern Gewerkschaften.
  • Das sei gar nicht der Punkt, erwidert der Arbeitgeberverband.

Der Gewerkschaftsbund forderte gestern erneut «Lohn, Zeit, Respekt». Er wiederholt damit die Forderungen des Frauenstreiktags. Damit will er Druck auf die Arbeitgeber machen. Bald stehen die Lohnverhandlungen an.

«Die Frauen haben am 14. Juni ein starkes Zeichen gesetzt. Wirtschaft und Politik tun gut daran, auf diese Forderungen einzugehen. Es braucht jetzt konkrete Schritte», sagte Unia-Chefin Vania Alleva, «und sonst ist klar, dass die Frauen weiter mobilisieren werden.»

Keine unerklärten Lohnunterschiede

Die Message ist auch beim Schweizerischen Arbeitgeberverband angekommen. Gemäss Geschäftsleitungsmitglied Fredy Greuter stehen die Arbeitgeber zum Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

Fredy Greuter, Kommunikation und Geschäftsleitung Schweizerischer Arbeitgeberverband. - zvg

Doch: «Die Einhaltung dieser individuellen Lohngleichheit kann jedoch nicht mit den statistischen Lohnstudien des Bundes gemessen werden. In den dort berechneten Durchschnittslöhnen für Männer und Frauen fehlen wesentliche lohnrelevante Faktoren», so Greuter.

Er nennt etwa Weiterbildungen, Sprachkenntnisse oder die Leistung am Arbeitsplatz. «Würden die relevanten Lohnkriterien berücksichtigt, würde der unerklärte Lohnunterschied von 7,4 Prozent verschwinden.»

Problem bei Gleichstellung sind nicht systematische Lohn-Diskriminierungen

In Branchen, in denen umfassende Lohnmessungen gemacht würden, lägen die Lohndifferenzen bei unter zwei Prozent. «Von einer systematischen Lohndiskriminierung kann also in einer ernsthaften Diskussion keine Rede sein.»

Eine Familie am Meer. - Pixabay

Trotzdem: Um die Lohndifferenzen zu bekämpfen, sind alle Akteure gefragt. Dabei sei der Lohn selbst jedoch nicht der wichtigste Punkt, erklärt Greuter. «Die Ursache der noch bestehenden Lohnunterschiede liegt nicht in systematischen Diskriminierungspraktiken. Sondern vielmehr in der mangelhaften Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben.»

Dies hindere vor allem die Frauen daran, sich stärker beruflich zu engagieren. «Die Politik muss deshalb dafür sorgen, dass Mütter und Väter chancengleich am Erwerbsleben teilnehmen können.»

Veraltete Rollenbilder müssen überwunden werden

Eltern soll ein attraktives Angebot externer Kinderbetreuung offenstehen, die stark besteuerten Zweiteinkommen keine finanzielle Einbusse mehr bedeuten, so der Arbeitgeberverband. «Dann steigen die Karrieremöglichkeiten der Frauen – und damit auch ihr Lohn.»

Gleichstellung hat auch damit zu tun, dass alte Rollenmuster aufgebrochen werden. - Pixabay

In der Pflicht seien aber auch die Arbeitgeber. «Ausserdem können die Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle fördern und spezielle Mentoring-Programme für Frauen anbieten. Und sich explizit auf geschlechtsneutrale Lohnsysteme mit verschiedenen Lohnstufen verpflichten.»

Schliesslich sei die ganze Gesellschaft gefordert, veraltete Rollenbilder und Stereotypen zu überwinden. «Beispielsweise müssen junge Frauen ermutigt werden, gutbezahlte ‹Männer-Berufe› in den MINT-Branchen zu ergreifen», so Greuter.