Nationalrat gegen Sparübung bei Schutzwesten
Im Rüstungsprogramm 2018 polarisieren die Schutzwesten. Der Kauf war heute im Nationalrat umstritten. Schliesslich gab es im Gegensatz zum Ständerat nun ein Ja.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schutzausrüstung für 100'000 Armeeangehörige kostet 199 Millionen Franken.
- Der Ständerat will diesen Betrag halbieren. Der Nationalrat nicht.
Anders als der Ständerat will der Nationalrat das Rüstungsprogramm 2018 nicht kürzen. Seiner Meinung nach ist es notwendig, für alle Armeeangehörigen einen angemessenen Körperschutz zu kaufen. Die kleine Kammer sieht dort ein Sparpotenzial von 100 Millionen Franken.
Der Bundesrat beantragt, die ganze Truppe mit sogenanntem ballistischem Körperschutz auszurüsten. Die leichte Ausführung ist für Gefechtseinsätze geeignet. Sie schützt gegen Splitter und Pistolenmunition, nicht aber gegen Gewehrbeschuss. Mehr Schutz bietet eine schwerere Version mit Kragen und Unterleibsschutz. Diese ist etwa für Bewachungseinsätze geeignet.
Die Schutzausrüstung für 100'000 Armeeangehörige kostet 199 Millionen Franken. Dem Ständerat war dies zu viel. Er beschloss, den Kredit zu halbieren. Es gebe Zweifel, ob es beide Ausführungen für die ganze Truppe brauche, argumentierte er.
Schutzwesten polarisieren
Auch im Nationalrat war der Kauf der Schutzwesten umstritten. Am Ende folgte der Rat aber seiner Kommission und sprach sich mit 128 zu 63 Stimmen gegen Abstriche bei der Schutzausrüstung aus. Mit dieser Differenz geht das Geschäft an den Ständerat zurück.
Die Zahl der Schutzwesten sei weit übers Ziel hinausgeschossen, kritisierte Priska Seiler Graf (SP/ZH). Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) betonte, nicht einmal die Polizeikorps hätten für jeden Polizisten eine Weste. Diese würden ungebraucht in irgendwelchen Lagern verstauben und am Ende verrotten, prophezeite sie.
Mehrere Redner zweifelten am haushälterischen Umgang des Parlaments. Er werde den Verdacht nicht los, dass es bloss darum gehe, das budgetierte Geld auszuschöpfen, sagte Beat Flach (GLP/AG). Auch Balthasar Glättli (Grüne/ZH) monierte, die bürgerliche Mehrheit lege jedes Jahr neue Vorräte an.
Thomas Hurter (SVP/SH) erwiderte, die Vollausrüstung sei ausdrücklich Teil der vom Parlament beschlossenen Armeereform WEA. Mit der gleichen Logik könne man auch in Frage stellen, warum jeder Soldat ein Gewehr brauche, betonte Werner Salzmann (SVP/BE). Walter Müller (FDP/SG) warnte vor einer Zweiklassengesellschaft bei der Armee.
CVP fordert vertiefte Prüfung
Eine Mitteposition nahm die CVP-Fraktion ein. Eine Halbierung sei zwar übertrieben, gab Alois Gmür (SZ) zu bedenken. In der Praxis würden aber kaum alle Westen gebraucht. Klarheit könne eine vertiefte Prüfung schaffen. Denkbar wäre laut Gmür eine Reduktion um bis zu einem Drittel. Um eine Differenz zum Ständerat zu schaffen, folgte die Fraktion jedoch der Kommission.
Mit den übrigen Teilen des Rüstungsprogramms zeigte sich der Nationalrat ebenfalls einverstanden. Dieses hat ein Volumen von 848 Millionen Franken. Für die neue modulare Bekleidung und Ausrüstung der Truppe, zu der auch die Schutzwesten gehören, sind 377 Millionen Franken vorgesehen. 130 Millionen Franken fliessen in das Luftraumüberwachungssystem Florako.
Für 73 Millionen Franken wird die Flugfunk-Bodeninfrastruktur ersetzt. Der Werteerhalt des Transporthelikopters Cougar kostet 168 Millionen Franken. Für Nachbeschaffungen hat der Bundesrat 100 Millionen Franken beantragt.
Die Botschaft enthält auch einen Rahmenkredit für Armeematerial im Umfang von 742 Millionen Franken. Für die Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung sind 150 Millionen Franken vorgesehen. Der Ausrüstungs- und Erneuerungsbedarf beträgt 420 Millionen Franken. Für Ausbildungsmunition und die Munitionsbewirtschaftung werden 172 Millionen Franken ausgegeben.
Reserven zu hoch
Das Immobilienprogramm umfasst 463 Millionen Franken. Davon entfallen 53 Millionen Franken auf Bauten und Anlagen der Flugfunk-Bodeninfrastruktur, 39 Millionen Franken auf die Sanierung und die Härtung einer klassifizierten Militäranlage und 27 Millionen Franken auf den Umbau einer Halle auf dem Flugplatz Payerne.
Investiert wird auch in die Ausbildungsinfrastruktur: Den Kredit für Erweiterung und Umbau des Waffenplatzes Drognens haben National- und Ständerat um 2,5 Millionen Franken auf 37,5 Millionen Franken gekürzt. Die Räte beurteilen die Reserve für das Bauvorhaben zu hoch.
Auf dem Waffenplatz Wangen a. A. werden 89 Millionen Franken investiert, in den Ausbau der Ausbildungsinfrastruktur in Simplon 30 Millionen Franken. 185 Millionen Franken sind für Studien und Projektierungen, Ausbauten und Liegenschaftskäufe vorgesehen.
Erstmals enthält die Armeebotschaft auch einen Beschluss über die Ausserdienststellung grosser Waffensysteme. Ausgemustert werden 27 der noch vorhandenen 53 Tiger-Kampfflugzeuge, die Festungsartillerie, Panzerhaubitzen, Raupentransporter und Panzerjäger.