So gut werden unsere Bundesräte beschützt

Nach dem Attentat auf Donald Trump wird erneut die Frage nach dem Schutz für die Bundesräte aufgeworfen.

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Nau.ch - Strategisch postierte Personenschützer, kurz bevor der Bundesrat vor die Medien tritt, beim Kloster «La Lance» in Concise VD, im Rahmen der Bundesratsreise 2021.

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Attentat auf Donald Trump gibt es Fragezeichen bei den Sicherheitsmassnahmen.
  • In der Schweiz können sich Bundesräte in der Regel frei und ungestört bewegen.
  • Oft ist ein Schutz aber da und nicht sofort erkennbar.

Die Schweiz rühmt sich, dass sich Mitglieder des Bundesrats hier frei bewegen können. Wie normale Bürgerinnen und Bürger, nicht wie in anderen Ländern, Stichwort Attentat auf Trump, wo es umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen gibt.

Wo diejenigen, die regieren, keine Ahnung mehr haben vom täglichen Leben, weil sie abgeschirmt in «goldenen Käfigen» ihr Dasein fristen.

Die Schweiz ist anders

Nicht so bei uns: Bei uns sieht man morgens Aussenminister Cassis mit seinem typischen Rucksäckli auf dem Weg ins Bundeshaus West. Simonetta Sommaruga pendelte lange mit dem Bus von Köniz her.

Das Bild von Cassis’ Vorgänger Didier Burkhalter ging um die Welt: Steht doch da der Swiss President allein auf dem Perron am Bahnhof Neuenburg. Und wartet auf den InterRegio, nicht die schwarze Limousine.

Der Bundespräsident von 2014, Didier Burkhalter, wartet am Bahnhof Neuenburg auf seinen Zug zur Arbeit – ein Foto, das um die Welt ging. - Serge Jubin

Immer wieder nimmt die Landesregierung auch ein Bad in der Menge: Sei es auf der Bundesratsreise oder nach den Sitzungen «extra muros». Man kann sogar mit dem Gesundheitsminister ein Après-Pandemie-Bier trinken gehen – wenn man nett fragt.

Nau.ch sass zu diesem Zweck mit Alain Berset an einem Tischchen vor dem Kino Rex in Bern. Das interessierte ausser dem Servicepersonal niemanden, und letzteres auch nur, um die Bestellung aufzunehmen.

Überall Personenschützer

Ausser, dass das nur die halbe Wahrheit ist. Als Bersets persönlicher Mitarbeiter zum Aufbruch mahnt, folgen ihnen plötzlich zwei Männer in dunkler Kleidung. Sie haben wohl die ganze Zeit bereits unbemerkt neben dem Eingangsbereich gestanden. Später wird bekannt, dass Alain Berset während dem Lockdown rund um die Uhr von Elitepolizisten geschützt wurde.

Auch bei den Bädern in den Mengen geht es nur im Vordergrund locker zu. Irgendwo stehen sie immer: Unbeteiligt wirkende Männer, seltener Frauen, an bestimmten Merkmalen wie dem Knopf im Ohr mit Spiralkabel als Personenschützer zu erkennen.

Je nach Gefahrenanalyse des Fedpol bleiben sie im Hintergrund und schleichen den Wänden nach oder stehen unmittelbar neben den Magistraten.

Zum Teil sehr strenge Sicherheitsvorkehrungen

Dass auch in der Schweiz nicht nur heile Welt ist, lässt sich am Aufwand für die Sicherheitsvorkehrungen erkennen. So patrouillierten Personenschützer selbst am morgendlichen Treffpunkt auf der Bundesratsreise 2021.

Obwohl das Kloster «La Lance» in Concise VD Privatgrund und nur über eine schmale Strasse erreichbar ist.

Umfrage

Denkst du, Bundesräte hätten im Alltag nichts zu befürchten?

Ja.
19%
Ein Restrisiko bleibt.
74%
Ja, aber nur, weil sie situativ geschützt werden.
7%

Ab und zu taucht Sicherheitspersonal selbst im Bundesmedienzentrum auf der Treppe zum Konferenzsaal auf. Obwohl man bis dorthin erstmal durch drei nur mit Badge zu öffnende Türen muss.

So erstaunt es nicht weiter, dass auch beim Medienspaziergang an den Oeschinensee mit Bundesrat Albert Rösti zwei Personenschützer diskret folgten. Sie sahen aus wie gelangweilte Wanderer mit ihrem neutralen Freizeitlook, Daypack – und Knopf im Ohr. Es waren wohl die zwei einzigen Personen, die Rösti im Vorbeiweg nicht grüsste. Tarnung ist alles.

Trotzdem: Meistens bleibt es ruhig

Sollte einem solches nun beunruhigen oder übertrieben vorkommen? Wohl beides nicht. Wenn jemand lieber auf der sicheren Seite ist, dann ja wohl die überversicherten Schweizer.

Bemitleiden könnte man höchstens die Personenschützer, wenn sie Bundesräte inmitten fröhlich schwatzender und Selfies schiessender Lokalbevölkerung im Auge behalten sollten.

«Gewalttätige Vertortung von Calmy-Rey» titelte «Le Matin», nachdem alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey 2012 mit einer Schwarzwäldertorte geohrfeigt wurde. - Le Matin

Denn allermeistens passiert ja auch wirklich nichts. Der letzte nennenswerte Zwischenfall ereignete wohl 2012. Damals verpasste ein verärgerter Bürger alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey eine Ohrfeige mittels Schwarzwäldertorte. Calmy-Rey hatte zuvor Personenschutz abgelehnt.