Britische Premierministerin May kündigt wegen Brexit-Chaos Rücktritt an
Theresa May gibt sich geschlagen: Angesichts des Brexit-Chaos hat die britische Premierministerin am Freitag ihren Rücktritt bekanntgegeben.

Das Wichtigste in Kürze
- Chefin der Konservativen zieht sich ab dem 7. Juni zurück.
Sie werde als Parteichefin der Konservativen am 7. Juni zurücktreten, kündigte May an. Bis Ende Juli gibt sie auch das Amt der Regierungschefin ab. In der EU befürchten manche, dass ein harter Brexit nun unausweichlich ist.
Sie werde «für immer bedauern», dass sie «nicht in der Lage gewesen» sei, den Brexit zu vollziehen, sagte May mit brüchiger Stimme in einem emotionalen Auftritt vor ihrem Amtssitz in London. «Ich werde in Kürze das Amt aufgeben, das auszuüben die Ehre meines Lebens war», sagte sie. May war im britischen Parlament dreimal mit ihrem mit Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen gescheitert, der Brexit musste zweimal verschoben werden. Auch in den eigenen Tory-Reihen wurde die Forderung nach Mays Ablösung immer lauter.
Mit dem Rücktritt vom Parteivorsitz muss die 62-Jährige auch ihr Amt als Regierungschefin aufgeben - ihr Nachfolger im Amt als Parteivorsitzender wird dann auch Premierminister. Der parteiinterne Prozess um ihre Nachfolge soll in der Woche ab dem 10. Juni beginnen. Das Rennen um den Parteivorsitz dürfte einige Wochen dauern. Bis zur parlamentarischen Sommerpause ab 20. Juli soll nach Parteiangaben ihr Nachfolger als Partei- und Regierungschef feststehen. May bleibt in dieser Phase kommissarisch als Regierungschefin im Amt.
Als möglicher Nachfolger Mays wird unter anderen Ex-Aussenminister und Brexit-Hardliner Boris Johnson gehandelt. Dieser forderte am Freitag, Mays Nachfolger müsse beim Brexit nun «liefern». Labour-Chef Jeremy Corbyn erklärte, May sei «unfähig zum Regieren» gewesen und habe «Grund zum Rücktritt» gehabt. Um das Land aus der Sackgasse zu manövrieren, müsse ihr Nachfolger Neuwahlen organisieren. Nigel Farage, Vorsitzender der EU-feindlichen Brexit-Partei, warf May vor, die Stimmung im Land falsch eingeschätzt zu haben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hofft auch nach Mays Rücktrittsankündigung weiter auf einen geregelten Brexit. Die Bundesregierung werde alles daran setzen, dass es «einen geordneten Austritt» der Briten aus der Europäischen Union gibt, sagte Merkel auf einer Wahlkampfveranstaltung in München.
Aus EU-Sicht ändert Mays Rücktritt nichts an der Lage bei den Brexit-Gesprächen. Es gebe «keine Änderung» an der bisherigen EU-Position, sagte eine EU-Kommissionssprecherin. «Arbeitshypothese» sei weiter, «dass der Brexit am 31. Oktober stattfinden wird».
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte betonte, die EU werde die Verhandlungen über den Brexit nicht erneut aufnehmen. Das Problem sei nicht Theresa May gewesen, sondern die unnachgiebige Haltung Grossbritanniens etwa bei der irischen Grenzfrage, sagte er in Den Haag.
Eine Sprecherin der spanischen Regierung erklärte mit Blick auf Mays Rücktritt, ein harter Brexit ohne Austrittsvertrag scheine «unter diesen Umständen» nun unvermeidlich. Dafür und für die Konsequenzen wäre «ausschliesslich die britische Regierung, das britische Parlament verantwortlich».
Angesichts dieses Szenarios zeigte sich der irische Regierungschef Leo Varadkar besorgt. Er befürchtet nach Mays Rücktritt eine «sehr gefährliche» Phase für sein Land. Es sei zu erwarten, dass Mays Nachfolger ein Euroskeptiker sei, der die EU ohne Brexit-Abkommen verlassen wolle, sagte Varadkar.
Der Kreml reagierte verhalten auf Mays Rücktrittsankündigung. Die Beziehungen der Länder hätten während ihrer Amtszeit «sehr schwierige Zeiten» durchlebt, sagte ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Er könne sich nicht daran erinnern, dass May zu einer Entwicklung der bilateralen Beziehungen beigetragen habe.
Mit ihrem Rücktritt wird May eine der am kürzesten amtierenden Regierungschefs in Grossbritannien seit dem Zweiten Weltkrieg.