Britischer Aussenminister Hunt warnt Tories vor «politischem Selbstmord»
Grossbritanniens Aussenminister Jeremy Hunt hat seine konservative Partei mit drastischen Worten vor einem ungeregelten Brexit gewarnt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ex-Trump-Berater Bannon erwartet Kandidatur Farages als britischer Premier.
Dieser wäre «politischer Selbstmord» für die Tories, schrieb Hunt am Dienstag im «Daily Telegraph». Der Versuch, Grossbritannien ohne Abkommen aus der EU austreten zu lassen, würde zu Neuwahlen führen, bei denen den Konservativen wegen massiver interner Differenzen im Brexit-Streit die «Vernichtung» drohe.
Die Konservativen seien in ihrer Existenz bedroht, da Pro-EU-Wähler bei Neuwahlen die Liberaldemokraten und EU-Gegner die Brexit-Partei unterstützen würden, schrieb Hunt, nachdem die von EU-Gegner Nigel Farage neugegründete Brexit-Partei bei der Europawahl mit Abstand stärkste und die Liberaldemokraten zweitstärkste Kraft geworden waren. Die Tories hatten mit lediglich neun Prozent das schlechteste Ergebnis seit 1832 eingefahren.
Hunt zufolge würde ein neuer Premierminister mit dem Versprechen, die EU ohne Nachverhandlungen zu einem bestimmten Datum zu verlassen, Neuwahlen provozieren, weil das Parlament in einem solchen Fall die Regierung stürzen würde. Das Parlament in London hatte den von May mit der EU ausgehandelten Brexit-Vertrag schon drei Mal abgelehnt. May hatte vergangene Woche ihren Rücktritt angekündigt.
Hunt ist einer von bislang zehn Kandidaten für die Nachfolge von Tory-Parteichefin und Premierministerin Theresa May. Seine schärfsten Konkurrenten, Ex-Aussenminister Boris Johnson und der frühere Brexit-Minister Dominic Raab, schliessen einen Brexit ohne Abkommen nicht aus.
Nach mehrfacher Verschiebung soll Grossbritannien die EU nun am 31. Oktober verlassen. Die nächste reguläre Parlamentswahl ist nicht vor 2022 geplant.
Beobachtern zufolge ist die Wahrscheinlichkeit für eine vorgezogene Neuwahl des britischen Unterhauses infolge der Abstimmungsergebnisse vom Sonntag jedoch gesunken. Sowohl Tories als auch Labour, die bislang einen Grossteil der Sitze des Londoner Parlaments innehaben, drohten in diesem Fall massive Verluste.
Der Ex-Berater von US-Präsident Donald Trump, Steve Bannon, erwartet derweil eine Kandidatur des Brexit-Hardliners Farage für das Amt des Premierministers. Er gehe davon aus, dass sein «Freund und Kollege» bereit sei, im Falle vorgezogener Neuwahlen im Herbst anzutreten, sagte Bannon im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.
Farages Partei schickt bei der Zwischenwahl zum Unterhaus in der ostenglischen Stadt Peterborough am 6. Juni einen eigenen Kandidaten ins Rennen. Ein Sieg der Brexit-Partei dort käme einem Erdbeben gleich, sagte Bannon.
Bannon arbeitet seit Monaten daran, Rechtspopulisten in der EU zu fördern. Der US-Rechtsaussen-Ideologe forderte die europäischen Rechtspopulisten auf, ihre Differenzen zu überwinden und sich zusammenzutun.
Bei der Europawahl war die erst im Februar gegründete Brexit-Partei von Farage mit knapp 32 Prozent der Stimmen aus dem Stand auf den ersten Platz gekommen. Sie wird im neuen EU-Parlament über 29 Sitze verfügen.