Mehr als hundert Festnahmen bei Protesten gegen Präsident Lukaschenko in Belarus
Mit einem massiven Aufgebot und mehr als hundert Festnahmen haben die Sicherheitskräfte in Belarus am Samstag versucht, neue Proteste gegen den autoritär regierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko zu unterbinden.
Das Wichtigste in Kürze
- Auch deutscher Korrespondent vorübergehend in Polizeigewahrsam.
Wie die Menschenrechtsgruppe Wjasna mitteilte, wurden landesweit mehr als hundert Demonstranten und mindestens fünf Journalisten festgenommen. Betroffen war nach Angaben der Deutschen Welle (DW) auch ein deutscher Reporter, der mehrere Stunden auf einem Polizeirevier festgehalten wurde.
In Minsk hatte die Opposition für den Nachmittag zu einer Demonstration im Zentrum der Hauptstadt aufgerufen. Diese wurde jedoch nach Angaben eines AFP-Reporters durch ein massives Polizeiaufgebot verhindert. Die Sicherheitskräfte sperrten mehrere Strassen sowie einen Park und einen zentralen Platz komplett ab. Daraufhin riefen die Organisatoren über das Internet zu kleineren separaten Demonstrationen in einzelnen Stadtvierteln auf.
Unter den Festgenommenen war auch DW-Korrespondent Nicholas Connolly, der laut dem Sender bereits zum zweiten Mal innerhalb einer Woche vorübergehend festgehalten wurde. Der Journalist sei bei Dreharbeiten verhaftet und auf ein Polizeirevier in Minsk gebracht worden. Auf dem Revier überprüften Beamte den Angaben zufolge die Papiere des offiziell akkreditierten Journalisten. Er sei zudem aufgefordert worden, das von ihm gedrehte Videomaterial vorzuführen. Sollte er dies nicht tun, werde er in Haft genommen und seine Mobiltelefone und Ausrüstung konfisziert, drohten die Beamten laut DW.
«Mit Intervention der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belarus konnte die widerrechtliche Freiheitsberaubung des DW-Korrespondenten nach rund fünf Stunden beendet werden», erklärte der Sender weiter. «Während der gesamten fünf Stunden auf dem Polizeirevier hat mir niemand gesagt, was mir konkret vorgeworfen wird», berichtete Connolly. «Das Regime in Belarus versucht schlicht, Journalismus zu kriminalisieren. Die belarussischen Journalisten sind einem noch viel grösseren Risiko ausgesetzt als Reporter internationaler Medien.»
In Belarus gibt es seit der von massiven Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentschaftswahl im vergangenen August Proteste gegen Lukaschenko. Nachdem in den ersten Monaten nach der Wahl wöchentlich zehntausende Menschen auf die Strasse gegangen waren, schwächte sich der Protest zuletzt ab. Grund dafür war auch das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten. Mehrere Protest-Teilnehmer wurden getötet, hunderte weitere wurden zu teils langen Haftstrafen verurteilt.
Die Wiederwahl des 66-jährigen Staatschefs, der seit 1994 an der Macht ist, kam Anfang August nach Angaben der Opposition nur durch Betrug zustande. Lukaschenko wird von Moskau unterstützt. Die EU erkennt die Wiederwahl Lukaschenkos nicht an und verhängte Sanktionen gegen ihn und dutzende andere mutmassliche Verantwortliche für Wahlbetrug und Gewalt gegen Demonstranten. Lukaschenko will nicht zurücktreten und hat lediglich Verfassungsreformen in Aussicht gestellt, deren Umfang nicht klar umrissen wurde.