Experte über Donald Trump: So dringt er direkt ins Wähler-Hirn
VIP-Zugang zum Wählerhirn: Ein Experte zeigt, welche Storytelling-Tricks Donald Trump den Wahlsieg sichern können.
Das Wichtigste in Kürze
- Fakten berichten, Geschichten verkaufen: Storytelling gilt als älteste Kulturtechnik.
- Nur wenige beherrschen diese Technik so gut wie Donald Trump, sagt ein Experte.
- Er hält dies für die geheime Wahlkampf-Waffe: Trumps VIP-Zugang zum Wähler-Hirn.
In der Schweiz mögen wir über Donald Trump den Kopf schütteln. Über seine Tanzeinlagen. Seine absurden Behauptungen zu Kamala Harris' Schuld an Börseneinbrüchen («Kamala Crash»). Seine Schuldzuweisungen gegen Migranten («Sie essen Hunde, sie essen Katzen»).
Aber trotz polarisierender Inhalte versteht es der ehemalige und womöglich künftige US-Präsident, seine Zielgruppe durch sogenanntes Storytelling zu überzeugen. Kurz: Er weiss, wie man fesselnd Geschichten erzählt.
Der Bestsellerautor und bekannte Storytelling-Experte Professor Veit Etzold hält fest: «Er vermittelt seine Botschaften so, dass sie die menschlichen Urinstinkte ansprechen und sich direkt in der VIP-Lounge des Gehirns verankern.»
Storytelling ist kein Zufall
Jede gute Story folge einer Struktur, die tief in unseren Überlebenstrieb eingebettet ist. Sie basiert laut Etzold auf vier zentralen Elementen: einer Situation, einer Bedrohung oder Krise, einem Wendepunkt und einem Happy End.
Diese Story-Bausteine seien keineswegs zufällig gewählt – sie sind die Grundelemente menschlichen Überlebens und haben sich über Jahrtausende hinweg bewährt.
«Fakten berichten, aber Geschichten verkaufen», sagt Veit Etzold. Er befasst sich nicht nur als Thrillerautor, sondern auch als Professor für Neuromarketing mit der Story-Wahrnehmung im menschlichen Gehirn.
Wahrheit als Detail: Hauptsache, es klingt gut
«Wir schauen uns die Realität an und machen daraus eine Story. Und wenn diese Story glaubwürdig klingt, dann wird sie geglaubt. Glaubwürdig zu klingen, reicht schon. Die Story muss nicht wahr sein», sagt Storytelling-Experte Etzold.
Diese Taktik hat Donald Trump schon im Wahlkampf 2016 angewandt. Die Bedrohung, die er schilderte, waren die mexikanischen Einwanderer, gegen die er mit dem Bau einer Mauer ankämpfen wollte.
Sein Slogan «Make America Great Again» vermittelte klar seine Vision. Und warum war er der Richtige für den Bau der Mauer, in Abgrenzung zu Hillary Clinton? Weil er Bauunternehmer ist!
Trumps Storytelling-Schema: Bedrohung, Held, Happy End
Auch wenn Donald Trump impulsiv wirkt, sind die meisten seiner Geschichten klar geplant, erklärt Etzold. Trumps Ansatz folge dabei immer einem klaren Schema.
In der ersten Phase, der Situationsbeschreibung, zeichnet er ein Bild von einem Amerika, das unter den Demokraten leidet.
Wirtschaftliche Schwäche, soziale Unzufriedenheit und die Bedrohung durch äussere Feinde wie China und Krisenherde, in denen sich Amerika aufreibt: Sie sind feste Bestandteile seiner Erzählungen. Diese Darstellung treffe das Sicherheitsbedürfnis und die wirtschaftlichen Sorgen seiner Zielgruppe.
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Im zweiten Schritt bringt er laut Etzold das Desaster ins Spiel. Dort zeichnet er eine düstere Vision von Amerika unter der Führung der Demokraten. Ein Szenario von wirtschaftlichem Niedergang und politischem Chaos, wo ein schlechtes Ereignis das nächste noch schlechtere Ereignis hervorruft.
Ungeregelte Migration führe zu steigender Arbeitslosigkeit, sozialen Unruhen und am Ende zum Verlust der amerikanischen Vormachtstellung. Egal, ob das wahr ist oder nicht, Trump behauptet das und bleibt konsequent bei seiner Story.
Donald Trump als Retter der Nation
Dann kommt die Wendung in Trumps Story, sagt Etzold. Er präsentiert sich als derjenige, der Amerika wieder in die richtige Richtung lenken kann.
Er gibt Einblicke in «Erfolge» seiner Präsidentschaft: als die Inflation niedriger war, der Arbeitsmarkt boomte und das Land aussenpolitisch als starker Verhandlungspartner agierte. Und nicht der Zahlmeister der Nato war.
Schliesslich zeichnet Donald Trump ein Happy End, in dem Amerika unter seiner Führung wieder prosperiert. Die Lösung, so Trumps Erzählung, ist seine Wiederwahl.
Hier bedingt ein vermeintlich positives Ereignis das nächste. Amerika nutzt seine Ölvorkommen, dadurch werden Jobs geschaffen. Die US-Autokonzerne verkaufen Autos mit Verbrennermotoren und niemand ist von China abhängig. Dann gibt es weniger Inflation, mehr Jobs in Amerika.
Donald Trump zeigt sich als Macher, erklärt Etzold, der den US-Bürgern sagt, wo es langgeht. Gleichzeitig lässt er sie aber mit «Kleinigkeiten» wie Minderheiten, Klimawandel und Gender-Themen in Ruhe.
Die Story schliesst mit dem Versprechen einer besseren Zukunft mit dem Slogan «Make America Great Again». Den Slogan hatte schon Ronald Reagan 1980 genutzt, aber auch das fällt niemandem auf.
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«Wenn alle das Gleiche tun und anbieten, wird die Story zum unfairen Wettbewerbsvorteil. Nur wenige beherrschen die Technik des Storytellings besser als Donald Trump», sagt Storytelling-Experte Veit Etzold.
Eine gute Story kommt am Türsteher unseres Gehirns vorbei
Die wissenschaftliche Grundlage dieses Effekts ist diese: Die menschliche Psyche reagiert stark auf narrative Strukturen. «Es gibt in unserem Gehirn ein System, das Informationen verarbeitet, und eines, das diese Informationen erst einmal bewertet.
Informationen, die über eine einprägsame Story vermittelt werden, haben dabei eine grössere Chance, in unser Bewusstsein vorzudringen. Eine Story kommt fast immer am Türsteher im Gehirn vorbei», sagt Etzold.
Für Organisationen, Unternehmen und Individuen ergibt sich daraus eine entscheidende Erkenntnis: Eine überzeugende Story ist oft wirkungsvoller als reine Fakten. Wer seine Zielgruppe erreichen will, muss drei Dinge klarmachen: was durch ihn besser wird, was ohne ihn schlechter wird und warum gerade er oder sie die richtige Person ist.
Wer keine Story erzählt, lässt ein Vakuum. Und dieses Vakuum wird immer gefüllt, im Zweifelsfall mit einer Fakestory.
Da Bedrohungsgeschichten evolutionsbedingt eine stärkere emotionale Wirkung entfalten als positive Erzählungen, werden sie eher geglaubt. «In unserem Gehirn gilt die Devise: Besser ein Pessimist, der lebt, als ein Optimist, der tot ist», so Etzold.
Die Konsequenz ist daher genauso einfach wie gnadenlos. «Entweder man erzählt eine gute Story über sich oder andere erzählen eine schlechte Story über einen», sagt Etzold. Das gilt für Unternehmen, Organisationen und Personen. Wer die Kunst des Storytellings beherrscht, hat schon fast gewonnen. In der Politik, aber auch in der Wirtschaft.