Forderungen nach grösserem Einfluss von Frauen

Zum 100. Jahrestag des Frauenwahlrechts haben die Spitzenpolitikerinnen in Deutschland einen grösseren Einfluss von Frauen in Politik angemahnt.

Katarina Barley (SPD), Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, spricht während einer Veranstaltung zu 100 Jahre Frauenwahlrecht im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit 100 Jahren gibt es das Frauenwahlrecht in Deutschland.
  • Die Gleichberechtigung sei laut Kanzlerin Angela Merkel aber eine dauerhafte Aufgabe.

Zum 100. Jahrestag des Frauenwahlrechts haben Spitzenpolitikerinnen einen grösseren Einfluss von Frauen in Politik und Wirtschaft angemahnt. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) forderte am Wochenende eine Änderung des Wahlrechts, um den Frauenanteil im Bundestag zu erhöhen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verwies darauf, dass inzwischen zwar 72 Prozent der Frauen erwerbstätig seien. Bei der Repräsentanz von Frauen in Führungsetagen sei jedoch noch «ein weiter Weg zu gehen».

Barley verwies in der «Bild am Sonntag» darauf, dass der Frauenteil im Bundestag auf rund 30 Prozent gesunken sei. «Von der Regierungsbank aus schaue ich auf die Fraktionen von AfD, FDP und CDU/CSU. Da sitzt ganz oft ein Meer von grauen Anzügen.» Der Frauenanteil dort betrage nur zwischen zehn bis knapp über 20 Prozent. Ändern werde sich das «wohl nur durch ein neues Wahlrecht».

Merkel sagte in ihrem wöchentlichen Video-Podcast mit Blick auf den Frauenanteil in Führungsetagen: «Wir in der politischen Landschaft wollen dafür sorgen, dass wir eine paritätische Besetzung gerade auch der von uns eingerichteten Gremien bis 2025 erreichen und hier haben wir erhebliche Fortschritte gemacht.» Es bleibe aber «noch viel zu tun».

Dauerhafte Aufgabe

Die Einführung des Frauenwahlrechts würdigte Merkel als «fundamentale politische Entscheidung, die zur Gleichberechtigung von Mann und Frau wesentlich und unabdingbar war». Es sei aber eine dauerhafte Aufgabe, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen «in die gesellschaftliche Realität umzusetzen».

Am Montag wird das Jubiläum zur Einführung des Frauenwahlrechts im Deutschen Historischen Museum in Berlin mit einem Festakt gewürdigt, bei dem auch Merkel eine Rede hält.

Das aktive und passive Wahlrecht für Frauen in Deutschland war am 12. November 1918 vom damaligen «Rat der Volksbeauftragten» – der Übergangsregierung bis zu den ersten Wahlen - in einem Aufruf mit Gesetzescharakter verkündet worden. Die erste Wahl, bei der Frauen stimmberechtigt und wählbar waren, war die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung am 19. Januar 1919.

Mehrere Spitzenpolitikerinnen forderten Frauen auf, grösseren Einfluss auf die Politik zu nehmen. Wenn mehr Frauen wählen gehen und für politische Ämter kandidieren, «bewegt sich nämlich auch mehr für Frauen», sagte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) den «Funke»-Zeitungen vom Samstag.

Vereinbarkeit von Familie und Karriere

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) mahnte: «Das, was Generationen vor uns für die Frauen erkämpft haben, sollten wir heute nicht leichtfertig aufgeben.» Linken-Chefin Katja Kipping sagte, auch Männer hätten ein Recht darauf, «jede zweite Windel zu wechseln und jeden zweiten Elternabend wahrzunehmen». Im Gegenzug könnten Frauen dann die Hälfte der Führungspositionen übernehmen.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sagte den «Funke»-Zeitungen, für viele Frauen sei die Vereinbarkeit von Familie und Karriere ein wichtiger Massstab für politische Entscheidungen. «Die Politik muss darauf eine Antwort geben können und eine positive Vision zeichnen, um die Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen zu fördern.»

Die Grünen-Politikerinnen Katrin Göring-Eckardt und Ulle Schauws erklärten, auch nach 100 Jahren gebe es noch «zu viele Baustellen»: «Die gläserne Decke steht immer noch.»

Frauenministerin Giffey zeigte sich in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» überzeugt, dass viele Frauen immer noch an unflexiblen Strukturen, veralteten Rollenzuschreibungen und auch an Männernetzwerken scheiterten. Sie forderte deshalb eine «konsequente Quotenregelung» in den Parteien.