Oppositionsführer Gantz wirbt für Regierungsbündnis in Israel unter seiner Führung

In der festgefahrenen politischen Lage in Israel hat Oppositionsführer Benny Gantz beim Parlament für ein breites Regierungsbündnis unter seiner Führung geworben.

Oppositionsführer Benny Gantz - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • Amt des Regierungschefs für die ersten zwei Jahre beansprucht.

Nach der Anklageerhebung gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu appellierte Gantz am Samstag insbesondere an die Abgeordneten von dessen rechtsgerichteter Likud-Partei. «Angesichts der Umstände rufe ich zur Bildung der grösstmöglichen Regierung unter meiner Führung auf», sagte er auf einer Pressekonferenz in Tel Aviv.

Gantz führte aus, er wolle an der Spitze eines solchen breiten Bündnisses während der ersten zwei Jahre Regierungschef sein. Falls Netanjahu in der Zwischenzeit von den Korruptionsvorwürfen freigesprochen werde, könne er «zurückkommen» und während der zweiten Hälfte der Legislaturperiode das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen. Dieser Kompromiss sei «die einzige Alternative zu Neuwahlen», betonte Gantz.

Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hatte am Donnerstag Anklage gegen Netanjahu wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit erhoben. Netanjahu wehrte sich mit scharfen Worten und bezeichnete die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als politisch motivierten Versuch, ihn durch einen «Putsch» zu stürzen.

Netanjahus politische Zukunft ist nun ungewiss: Es blieb zunächst offen, ob sein Likud ihn weiter unterstützt. Wichtige Kabinettsmitglieder von Netanjahu, darunter Aussenminister Israel Katz und Bildungsminister Rafi Peretz, stärkten Netanjahu den Rücken.

Gefährlich werden könnte dem Regierungschef allerdings sein langjähriger parteiinterner Widersacher Gideon Saar. Der frühere Minister und jetzige Knesset-Abgeordnete rief zu einer Abstimmung über den Parteivorsitz im Vorfeld einer möglichen erneuten Neuwahl auf. «Ich denke, ich bin in der Lage, das Land zu einen», sagte Saar. Ein neuer Chef an der Likud-Spitze könnte den Weg für eine Einheitsregierung mit Gantz' Mitte-Rechts-Liste Blau-Weiss doch noch freimachen.

Nach der vorgezogenen Parlamentswahl im September waren sowohl Netanjahu als auch Gantz an der Regierungsbildung gescheitert. Wenige Stunden vor der Verkündung der Anklageerhebung gegen Netanjahu hatte Präsident Reuven Rivlin deshalb erstmals in der Geschichte des Landes das Parlament mit der Suche nach einem mehrheitsfähigen Ministerpräsidenten beauftragt.

Falls dem Parlament bis zum 11. Dezember keine Regierungsbildung gelingt, müsste Israel die dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres abhalten.

Netanjahu ist der erste amtierende Regierungschef Israels, der unter Anklage steht. Er könnte das Parlament nun darum bitten, ihn durch Immunität vor einer Strafverfolgung zu schützen. Rein formal gesehen muss Netanjahu nicht zurücktreten - ein Rücktritt wäre erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung zwingend.