Hongkonger Geschäfte beteiligen sich an Protesten gegen Auslieferungsgesetz

An neuen Protesten gegen das geplante Auslieferungsgesetz in Hongkong wollen sich auch zahlreiche Geschäfte beteiligen.

Ein Plakat bei der Grossdemonstration am Sonntag - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • China wirft den USA Einmischung und «unverantwortliche» Kommentare vor.

im Vorfeld kündigten mehr als hundert Geschäftsinhaber aus der chinesischen Sonderverwaltungszone an, am Mittwoch aus Solidarität mit den Demonstranten zu schliessen. Die Führung in Peking warf Washington vor, sich mit Warnungen vor dem Auslieferungsgesetz in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen und «unverantwortliche» Kommentare abzugeben.

Das Gesetzesvorhaben der pro-chinesischen Führung in Hongkong sieht vor, dass Auslieferungen künftig auch an das chinesische Festland möglich sein sollen. Bisher hatte Hongkong davon Abstand genommen, weil das chinesische Justizsystem wenig transparent und die Verhängung der Todesstrafe weit verbreitet ist. Kritiker befürchten, künftig könnten auch Dissidenten und Kritiker Chinas ausgeliefert werden.

Die friedlichen Proteste Hunderttausender in Hongkong zeigten klar den öffentlichen Widerstand gegen das Vorhaben, erklärte US-Aussenamtssprecherin Morgan Ortagus in der Nacht zum Dienstag. Washington befürchte, dass das Gesetz «unsere in Hongkong lebenden oder Hongkong besuchenden Bürger dem unberechenbaren Justizsystem Chinas unterwirft», fügte Ortagus hinzu. Auf Dauer bestehe die Gefahr, dass der Sonderstatus Hongkongs ausgehöhlt werde.

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, bei den Demonstrationen in Hongkong könnten «vereinzelte gewaltsame Auseinandersetzungen nicht ausgeschlossen werden». Reisende sollten die lokalen Medien aufmerksam verfolgen und Anweisungen der Sicherheitskräfte «stets Folge leisten», empfahl das Auswärtige Amt am Dienstag in einem aktuellen Reisehinweis.

Gegen das geplante Gesetz hatten am Sonntag in Hongkong hunderttausende Menschen demonstriert. Es war die grösste Demonstration seit der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997.

Am Mittwoch soll das Stadtparlament in Hongkong in zweiter und dritter Lesung über den Gesetzentwurf beraten. Oppositionsgruppen haben daher neue Proteste vor dem Parlamentsgebäude angekündigt. Ob die Polizei die Protestkundgebungen erlaubt, stand am Dienstag zunächst nicht fest.

Geplant ist unter anderem ein «Picknick» in einem angrenzenden Park. In einer Online-Petition wurde zudem dazu aufgerufen, schon am Dienstagabend vor dem Parlament zu demonstrieren und auch die Nacht dort zu verbringen. In der Nacht zum Montag war die Polizei in Hongkong mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Demonstranten vorgegangen, die vor dem Parlament ein Nachtlager aufschlagen wollten.

Unter den Geschäften, die am Mittwoch schliessen wollen, sind viele Familien- und Kleinbetriebe wie Cafés und Restaurants, Kamera- und Spielzeuggeschäfte, Yoga- und Nagelstudios. Ein Anwalt kündigte an, seinen zwölf Angestellten freizugeben, damit sie sich an den Protesten beteiligen können.

In einer Online-Petition forderten mehr als 1600 Angestellte von Fluggesellschaften ihre Gewerkschaft auf, zu einem Streik aufzurufen. Eine Busfahrer-Gewerkschaft hat ihre Mitglieder bereits aufgefordert, am Mittwoch extra langsam zu fahren. Auch Lehrer, Pfleger und Sozialarbeiter wollen streiken.

Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam bekräftigte trotz der Proteste, an dem umstrittenen Gesetzesvorhaben festzuhalten. Sie warnte davor, sich an «radikalen Aktionen» gegen das Gesetz zu beteiligen. Die katholische Diözese von Hongkong forderte Lam, die selbst Katholikin ist, dazu auf, das Gesetzesvorhaben aufzuschieben.

Bei der Rückgabe von Grossbritannien hatte Peking Hongkong unter der Formel «Ein Land, zwei Systeme» für 50 Jahre weitreichende innere Autonomie zugesagt. In Hongkong gelten daher Grundrechte, die den Bürgern der Volksrepublik vorenthalten werden, etwa Meinungs- und Pressefreiheit. Die Opposition wirft Peking jedoch vor, sich zunehmend in Hongkongs Angelegenheiten einzumischen und damit die Autonomievereinbarungen auszuhöhlen.