Israelisches Parlament nimmt Arbeit auf
Während Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu um sein politisches Überleben kämpft, hat das neu gewählte israelische Parlament seine Arbeit aufgenommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Gespräche zur Regierungsbildung stocken - Netanjahu kämpft um politisches Überleben.
Die Abgeordneten der Knesset legten am Donnerstag ihren Amtseid ab. Im Justizministerium wurde derweil die Anhörung zu Korruptionsvorwürfen gegen Netanjahu fortgesetzt, an deren Ende eine Anklageerhebung stehen könnte. Zuvor hatte die Liste Blau-Weiss des Netanjahu-Rivalen Benny Gantz Gespräche zur Bildung einer Einheitsregierung kurzfristig abgesagt.
Befürchtet wird, dass die politische Patt-Situation seit der vorgezogenen Wahl Mitte September zu einer sehr kurzen Parlamentsperiode führen könnte, an deren Ende die dritte Wahl innerhalb eines Jahres stünde.
Bei der Wahl hatte sich Netanjahus Likud 32 Mandate gesichert. Gantz' Liste Blau-Weiss kam auf 33 Sitze. Bislang verfügt keines der beiden Lager über eine Mehrheit in der 120 Sitze zählenden Knesset. Staatschef Reuven Rivlin erteilte schliesslich Netanjahu den Auftrag zur Regierungsbildung.
Netanjahus Likud erklärte am Donnerstag, die Partei «überlege, interne Wahlen abzuhalten», um zu beweisen, dass sie hinter Netanjahu stehe und es keine «Rebellion» gegen ihn gebe.
Zwischen der Likud-Partei und der Liste Blau-Weiss gibt es Meinungsverschiedenheiten in verschiedenen Bereichen, vor allem aber in der Frage, wer an der Spitze der künftigen Regierung stehen soll. Gantz erklärte es zuletzt für unmöglich, eine Einheitsregierung zu bilden, solange der Ministerpräsident von einer förmlichen Anklage bedroht sei.
Im Gespräch ist eine Rotations-Lösung. Präsident Rivlin erklärte es für möglich, dass Netanjahu zunächst Regierungschef bleiben könnte - falls dann gegen ihn Anklage erhoben werde, könne Gantz amtierender Ministerpräsident werden.
Netanjahus Anwalt Ram Caspi sagte vor dem Beginn der Anhörung im Justizministerium am Mittwoch, es gebe «solide Beweise», mit denen die Generalstaatsanwaltschaft umgestimmt werden könne. Staatsanwalt Avischai Mandelblit will die Anwälte des Regierungschefs bei der auf vier Tage angesetzten Anhörung zu den Anschuldigungen befragen, bei denen es um Bestechlichkeit, Betrug und Untreue geht. Nach der Anhörung entscheidet Mandelblit, ob er Anklage gegen Netanjahu erhebt. Die Entscheidung dazu wird in den kommenden Wochen erwartet.
Netanjahu soll der Telekommunikationsfirma Besek Vorteile bei der Regulierung gewährt haben, damit die vom selben Chef geführte Nachrichten-Website «Walla» positiv über ihn berichtet. Ausserdem soll sich der Ministerpräsident um eine geheime Absprache mit der israelischen Zeitung «Jediot Ahronot» bemüht haben. Ferner geht es darum, dass Netanjahu und seine Angehörigen von reichen Persönlichkeiten Luxusgeschenke für finanzielle und persönliche Gefallen erhalten haben sollen.