Treffen Merkels mit Erdogan in Istanbul sorgt in Deutschland für Debatten

Das Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sorgt in Deutschland für Debatten.

Merkel trifft sich mit Erdogan. - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Özdemir: Rechtsstaatlichkeit und freie Meinungsäusserung nicht verhandelbar.

Die Grünen-Politiker Cem Özdemir und Claudia Roth forderten von der Bundesregierung einen klareren Kurs im Verhältnis zu Ankara. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl verlangte ein Ende der Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik zu Lasten Schutzsuchender.

«Die Bundesregierung muss sich an die Seite der Demokratinnen und Demokraten in der Türkei stellen», verlangten Özdemir und Roth in einer gemeinsamen Erklärung in Berlin. Sie verwiesen auf den «völkerrechtswidrigen türkischen Einmarsch in Nordsyrien» sowie auf die «demokratiefeindliche» Absetzung gewählter Bürgermeister durch die Erdogan-Regierung. Zwar sei es vor diesem Hintergrund durchaus richtig, das direkte Gespräch mit der Führung in Ankara zu suchen, doch müsse Merkel dabei «diesmal deutliche Worte finden».

«Rechtsstaatlichkeit und freie Meinungsäusserung sind für uns als Demokraten nicht verhandelbar», betonte Özdemir zudem in der «Welt» vom Freitag. Er bedauerte, dass Merkel ihn nicht in die Türkei mitgenommen habe. «Seit ich mich als Abgeordneter 2016 massgeblich für die Armenien-Resolution eingesetzt habe, war ich aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr in der Türkei», sagte der Grünen-Politiker. «Es wäre ein starkes Zeichen gewesen, wenn die Kanzlerin mich mitgenommen hätte, ich so ein Teil der Delegation gewesen wäre.»

Mehr «Klartext» gegenüber der Türkei forderte auch FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff. «Die Bundesregierung kann nicht länger ignorieren, dass Erdogan die Menschen- und Bürgerrechte in der Türkei empfindlich einschränkt und in Libyen und Syrien aggressiv und unabgestimmt agiert», sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Freitag. Gespräche über eine Vertiefung der Zollunion oder Visaliberalisierung könne es nur geben, «wenn Ankara sein Verhalten ändert».

Die Rechtsstaatlichkeit in der Türkei habe «enormen Schaden» genommen, sagte auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Atila Karabörklu, dem SWR. Zudem gebe es grosse demokratische Defizite.

SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich mahnte die Kanzlerin ebenfalls, in Ankara schwierige Themen anzusprechen. «Das Vorgehen der türkischen Regierung gegen Journalisten, Oppositionelle und Aktivisten der Zivilgesellschaft steht im Widerspruch zu den Werten der Demokratie und Rechtstaatlichkeit, die grundlegend für die europäische Wertegemeinschaft sind», sagte sie den RND-Zeitungen. «Auch sollte Angela Merkel den völkerrechtswidrigen Einmarsch unseres Nato-Partners Türkei im Norden Syriens ansprechen», verlangte auch Heinrich.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl verlangte von der Kanzlerin, in der Flüchtlingspolitik «das Paktieren mit der Türkei auf dem Rücken schutzsuchender Menschen zu beenden». Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt verwies in Berlin auf massive Menschenrechtsverletzungen in der Türkei und ein immer härteres Vorgehen gegen Schutzsuchende. «Mit teils brutaler Gewalt wird die Flucht aus der Türkei Richtung Europa über Land- und Seegrenze verhindert», kritisierte Burkhardt. Auch würden immer mehr Menschen in die Konfliktgebiete in Syrien oder Afghanistan abgeschoben.