Regierung stellt weitere Weichen für Kohleausstieg
Mit neuen Entscheidungen zu Kohleausstieg und Strukturhilfen hat die Bundesregierung Weichen für eine Verabschiedung der Gesetzentwürfe kommende Woche im Bundestag gestellt.
Das Wichtigste in Kürze
- Kabinett billigt Vertragsentwurf mit Braunkohlebetreibern.
Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch sogenannte Formulierungshilfen für Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen und billigte den Entwurf des geplanten Ausstiegsvertrags mit den Braunkohlebetreibern. Zu einigen Punkten gibt es in der Koalition allerdings offensichtlich noch Abstimmungsbedarf.
«Damit steht fest: Wir werden das Zeitalter der Kohleverstromung planbar und wirtschaftlich vernünftig beenden», erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nach dem Kabinettsbeschluss. «Zugleich gestalten wir den Strukturwandel in den betroffenen Regionen und schaffen Zukunftsperspektiven und neue Arbeitsplätze in Kohle-Regionen», betonte der Minister weiter. Er sprach von einem «Meilenstein».
Dem Ausstiegsgesetz zufolge soll die Nutzung der Kohleenergie in Deutschland bis spätestens Ende 2038 beendet werden. Ein Vorziehen des Ausstiegs auf 2035 bleibt möglich. Die besonders betroffenen Braunkohleländer sollen Strukturhilfen im Volumen von 40 Milliarden Euro erhalten. Die Braunkohleunternehmen RWE und Leag bekommen Entschädigungen von 2,6 beziehungsweise 1,75 Milliarden Euro.
Für den Steinkohleausstieg ist zunächst ein Ausschreibungsverfahren vorgesehen. Kraftwerksabschaltungen nach 2030 sollen generell nicht entschädigt werden.
"Mir war wichtig, dass durch den Vertrag die Umwelt- und klimapolitischen Gestaltungsmöglichkeiten erhalten bleiben, erklärte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Alle Kraftwerksabschaltungen nach 2030 könnten um drei Jahre vorgezogen werden, "ohne dass dafür weitere Entschädigungen gezahlt werden müssen". "Wir haben einen klaren Ausstiegspfad", sagte ein Sprecher des Umweltressorts. Damit könne Deutschland "Vorbild für die Welt werden".
Die Regierung sei nun auf dem Weg zum Kohleausstieg «einen wichtigen Schritt vorangekommen», erklärte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach dem Kabinettsbeschluss. «Unsere Politik steht für einen sozial gerechten Umstieg in eine klimafreundliche und moderne Energieversorgung», hob er hervor.
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch machte allerdings deutlich: «Die Verhandlungen über den Steinkohleausstieg dauern an und sind gegenwärtig noch nicht abgeschlossen.» Daher bleibe auch offen, ob «ein zustimmungsfähiges Gesamttableau» zustandekomme. Der Bundestag muss auch dem Vertrag mit den Braunkohle-Betreibern zustimmen. Zudem muss die EU die Entschädigungszahlungen billigen.
Die vorliegenden Verträge bringen «zu wenig Klimaschutz für zu viel Geld», kritisierte das Verbände-Bündnis Klima-Allianz. Von einer «Mogelpackung» sprach Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. Er kritisierte unter anderem die vorgesehene Bestandsgarantie für den Braunkohle-Tagebau Garzweiler II.
Der Präsident des Umwelt-Dachverbands Deutscher Naturschutzring, Kai Niebert, äusserte sich trotz diverser Kritikpunkte positiver. Die vorgelegten Textentwürfe könnten immerhin «zur Absicherung des Kohleausstiegs» beitragen, schrieb er auf Twitter.
Niebert äusserte die Erwartung, dass Kraftwerke aus wirtschaftlichen Gründen letztlich früher abgeschaltet werden. Dies bleibe mit den nun erfolgten Regierungsbeschlüssen auch möglich, Kraftwerke würden dadurch «nicht künstlich am Leben gehalten». Er bezog sich darauf, dass alle Braunkohle-Abschaltvorgaben eine Höchstdauer festlegen, die ohne Einfluss auf die Entschädigung auch unterschritten werden kann.
«Wir müssen bis 2030 aus der Kohle aussteigen, um den deutschen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen zu erfüllen», forderte die Klimaschutzbewegung «Fridays for Future». Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin äusserte ebenfalls Zweifel, ob das Pariser Klimaschutzabkommen eingehalten werden könne.