Ukraine-Krieg: Selenskyj spricht zur Konferenz in Lugano

Rund 1000 Personen aus fast 40 Ländern versammeln sich heute in Lugano, um den Wiederaufbau des Landes wegen des Ukraine-Kriegs zu planen.

Live-Stream der Ukraine-Konferenz in Lugano.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Ukraine-Konferenz in Lugano soll den Weg für den Wiederaufbau des Landes bereiten.
  • Bei der Eröffnung werden Ignazio Cassis und Wolodymyr Selenskyj das Wort ergreifen.
  • Der ukrainische Präsident wird dies allerdings per Videoschaltung tun.

Am heutigen Montag wurde die Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Lugano eröffnet. Über tausend Teilnehmende werden am zweitägigen Anlass erwartet, darunter mehrere Staats- und Regierungschefs und über ein Dutzend Ministerinnen und Minister aus 38 Ländern.

Bundespräsident Ignazio Cassis sagte bei seiner Eröffnungsrede, es sei nie zu früh, sich auf jenen Moment vorzubereiten, wenn die Waffen wieder schwiegen.

Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj sprach aus Kiew zum Plenum. Die Konferenz und ihre Entscheidungen könnten den ersten grossen Schritt im Sieg der demokratischen Welt bedeuten.

Bei seiner Rede hatte Cassis die grosse ukrainische Delegation hervorgehobenen. «Auch ich bin ziemlich beeindruckt über die Grösse unserer Delegation», sagte Selenskyj zum Schluss. Und er lud seine Abgeordneten – die er zum Teil seit Monaten nicht mehr gesehen habe – dazu ein, wieder mal in die Ukraine zu reisen.

Der Wiederaufbau finde schliesslich in der Ukraine statt und es sei auch dort, wo der Krieg weiterhin tobe. Das ist nur als «freundlicher Hinweis» seinerseits gedacht, schloss der ukrainische Präsident ab.

Ministerpräsident Denys Shmyhal spricht vor einem Video von Präsident Wolodymyr Selenskyj an der Ukraine-Konferenz in Lugano. - Keystone

Am Ende der Konferenz soll morgen bereits am Morgen die «Deklaration von Lugano» stehen. Am Mittag geben Bundesrat Ignazio Cassis und der ukrainische Ministerpräsidenten Denys Schmyhal eine gemeinsame Pressekonferenz.

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Ursula Von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, stellte die Plattform für Investitionen in der Ukraine vor, welche die EU schaffen will. Zudem kündigte sie eine Konferenz von Fachleuten zum Wiederaufbau für den Herbst an, welche die EU-Kommission gemeinsam mit Deutschland organisieren werde.

Ursula Von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, an der Ukraine-Konferenz in Lugano. - Keystone

Am Morgen fand ausserdem ein parlamentarischer Side-Event zum Thema Zivilgesellschaft und Wiederaufbau statt. Dabei traf eine Delegation von Mitgliedern des Schweizer Parlaments sich mit rund 15 Abgeordneten des ukrainischen Parlaments.

Gruppenfoto der Teilnehmenden der Ukraine-Konferenz in Lugano am 4. Juli 2022. - Keystone

Die Schweizer Delegation wurde von Nationalratspräsidentin Irene Kälin angeführt, jene aus der Ukraine von Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk. Thema war insbesondere die Rolle des Parlaments beim Wiederaufbau.

Die Ereignisse des heutigen Tages können Sie im Ticker unten nachlesen.

18.10: Die Europäische Investitionsbank (EIB), die Bank der Europäischen Union (EU), hat einen Fonds angekündigt, mit dem sie den Wiederaufbau der Ukraine sowie den Beitritt des Landes zur EU unterstützen will. An der Konferenz anwesend war dazu die Vizepräsidentin der EIB, Teresa Czerwinska.

17.52: Energieministerin Simonetta Sommaruga hat die Rolle gelobt, die der Stromnetzbetreiber Swissgrid bei der Anbindung der Ukraine an das europäische Netz gespielt hat. Die Ukraine hat vor einigen Tagen damit begonnen, ihren Strom in die EU zu exportieren. Ob die Schweiz Strom aus der Ukraine importieren solle, müsse von den Kantonen und Unternehmen entschieden werden.

«Der Bund kann nur Anreize schaffen», sagte die Bundesrätin am Montag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA in Lugano.

Simonetta Sommaruga und der ukrainische Minister für Infrastruktur Olexandr Kubrakov an der Wiederaufbaukonferenz. - keystone

Am Sonntag hatte sie vor einer drohenden Gasknappheit im nächsten Winter und möglicherweise auch vor einer Stromknappheit gewarnt, obwohl die Situation bei letzterem besser aussieht.

17.02: Die ukrainische First Lady Olena Selenska nahm virtuell an der thematischen Diskussion über den sozialen Wiederaufbau ihres Landes teil. Statt Reformen habe die gesamte Ukraine in den «Überlebensmodus» schalten müssen, sagte die Ehefrau von Präsident Selenskyj.

Nach dem anfänglichen Schock des Krieges «wollen wir aber trotzdem über Entwicklung sprechen, nicht nur über Überleben», sagte sie.

16.39: Bundespräsident Ignazio Cassis will derzeit noch keine genauen Ausagen zu einer möglichen Abschlusserklärung der Ukraine-Konferenz in Lugano machen – und auch nicht dazu, in welchen Punkten noch Uneinigkeit besteht.

Oft tauchten an derartigen Treffen in den letzten Stunden noch offene Fragen auf, sagte er an einer gemeinsamen Medienkonferenz mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga in Lugano. Ein wichtiges Ziel sei aber schon erreicht: Nämlich die Fortsetzung des Prozesses. Dies weil Grossbritannien angekündigt hat, 2023 die nächste Wiederaufbau-Konferenz auszurichten.

16.28: Bei der Klima-Vereinbarung der Schweiz mit der Ukraine handelt es sich gemäss Umweltministerin Simonetta Sommaruga um einen Vertrag gemäss Artikel sechs des Pariser Abkommens.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga zwischen dem ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal rechts und dem tschechischen Ministerpräsidenten Petr Fiala links. - keystone

Dies erklärte Sommaruga an einer Medienkonferenz in Lugano. Sie hatte die Vereinbarung am Vormittag gemeinsam mit ihrem ukrainischen Amtskollegen unterzeichnet. Diese erlaubt es der Schweiz, Klimaschutz-Massnahmen im Ausland zu finanzieren und die eingesparten Treibhausgas-Emissionen im Inland anrechnen zu lassen. Gleiche Verträge hat die Schweiz bereits mit mehreren anderen Staaten geschlossen.

16.00: Ab jetzt beginnen in Lugano sogenannte «Break-out-Sessions» zum Wiederaufbau der Ukraine in fünf verschiedenen Bereichen: Der Wirtschaft, dem Sozialen, der Digitalisierung, Infrastruktur und Umwelt.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga wird sich ab 17.30 Uhr an den Gesprächen zur Infrastruktur beteiligen. Daran nimmt beispielsweise auch der Bürgermeister der ukrainischen Stadt Mariupol, Vadym Boychenko teil.

Grossbritanniens Aussenministerin Liz Truss während einer Pressekonferenz in Vilnius. - Uncredited/AP/dpa

Die britische Aussenministerin Liz Truss hat an der Ukraine-Konferenz in Lugano einen neuen Marshallplan für das Land gefordert. In ihrer Rede kündigte Truss an, dass Grossbritannien die nächste Wiederaufbaukonferenz im Jahr 2023 organisieren werde. Zudem kündigte sie an, Grossbritannien wolle Gesetze anpassen, um vermehrt Oligarchengelder einzuziehen - denn diese sollten für den Wiederaufbau verwendet werden.

14.56: Egal ob in Kriegs- oder Friedenszeiten, sei es wichtig, zusammenzustehen. Das sagte der ukrainische Ministerpräsidenten Denys Schmyhal an seiner Rede. Der Ukraine sei es wichtig, ausländischen Regierungen und Unternehmen zu zeigen, dass das Land vorwärts blickt. Er sprach von tausenden Bauprojekten, etwa dem Wiederaufbau von Schulen und Spitälern.

Bundesrat Ignazio Cassis (Mitte) begrüsst den ukrainischen Premierminister Denys Schmyhal (r.) und Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk. - Keystone

Er forderte, dass die Russen für den Wiederaufbau zahlen sollen. Die durch die Sanktionen eingefrorenen Geldern sollen dafür eingesetzt werden. Die Kosten schätzte er auf rund 750 Milliarden Dollar.

Juristen betonen, wie schwierig es ist, eingefrorene Vermögenswerte zu konfiszieren und zu verwenden. Nötig wären unter Umständen Urteile vor internationalen Gerichten. Oligarchen müsste eine direkte Verantwortung für Beiträge zum Kriegsgeschehen nachgewiesen werden.

14.36: Petr Fiala, der tschechische Premierminister, hat den ukrainischen Präsidenten Selenskyj und Ministerpräsident Schmyhal für ihren Einsatz gelobt. Aber seine Rede galt auch dem Widerstand der ukrainischen Bevölkerung.

Petr Fiala, Präsident der Tschechischen Republik, spricht an der Ukraine-Konferenz in Lugano. - Youtube

Es sei natürlich, dass die Europäische Union den grössten Teil des Wideraufbau tragen werde. Die Ukraine werde aus dem Krieg stärker und widerstansfähiger hervorkommen, prophezeite er.

14.25: Solange russische Bomben weiterhin ukrainische Gebäude zerstörten und Menschen töteten, sei es schwierig vorzustellen, wie der Wiederaufbau aussehen wird, so Ursula von der Leyen. «Doch wir haben gelernt, dass für das ukrainische Volk nichts unmöglich ist.»

Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, an der Ukraine-Konferenz. - Youtube

Zu Beginn ihrer Ansprache hat Von der Leyen dem gefallenen ukrainischen Aktivisten Roman Ratushny Respekt gezollt. An was er geglaubt und wofür er gekämpft hat, sei der Grund, weshalb die Anwesenden heute in Lugano seien. Es gehe nun darum, die Ukraine aufzubauen, von der die jungen Menschen wie Ratushny träumten. Denn der Wiederaufbau müsse in die Zukunft gerichtet sein.

Der ukrainische Aktivist Roman Ratushnyi kam im Ukraine-Krieg ums Leben. - Facebook/Roman Ratushnyi

Von der Leyen kündigt eine Plattform an, um die Anstrengungen zu koordinieren. Sie werde Firmen und Regierungen aus allen beteiligten Ländern und andere internationale Organisationen zusammenbringen. «Die Plattform wird für alle offen sein, die sich um die Zukunft der Ukraine kümmern.»

Die EU werde alles daran setzen, dass die Ukraine so schnell wie möglich beitreten könne. «Wir wollen, dass die Ukraine ein Mitglied der Europäischen Union wird», so Von der Leyen.

13.56: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht zur Konferenz. Russlands Armee habe in den letzten vier Monaten unzählige Schulen und Kindergarten zerstört. Auch Spitäler seien bombardiert worden. Russland wolle mit dieser Taktik dem ukrainischen Volk die Möglichkeit nehmen, ein menschenwürdiges Leben in Zivilisation zu führen.

Nun gehe es darum, so schnell wie möglich den Menschen in den zurückeroberten Gebieten Zugang zu Strom, Wasser und medizinischer Versorgung zu bringen. Ausserdem müsste sich die Bevölkerung auf den kommenden Winter vorbereiten können.

Die Konferenz und ihre Entscheidungen könnten den ersten grossen Schritt im Sieg der demokratischen Welt bedeuten, sagte Selenskyj via Videokonferenz. Es handle sich beim Wiederaufbau um eine Aufgabe für die gesamte zivilisierte Welt, betonte der ukrainische Präsident. Dabei gelte es die höchsten Standards einzuhalten, was die Sicherheit, die Transparenz und die Umwelt angehe.

13.45: Ignazio Cassis eröffnet mit seiner Rede die Konferenz für den Wiederaufbau der Ukraine. Es sei nie zu früh, sich auf jenen Moment vorzubereiten, wenn die Waffen wieder schwiegen, sagte Cassis in seiner Eröffnungsrede im Palazzo dei Congressi.

Das Ziel sei, als ersten Schritt des Wiederaufbaus zum Ende der Konferenz die «Lugano Deklaration» zu unterschreiben. Es gehe in diesen zwei Tagen darum, sich ein Bild zu machen und sich für die Hilfeleistung zu verpflichten. Denn die Anwesenden stünden auf lange Sicht der Ukraine bei, so Cassis.


13.13: Bundesrätin Simonetta Sommaruga und der ukrainische Minister für Ökologie und natürliche Ressourcen, Ruslan Strilets, unterzeichnen eine Durchführungvereinbarung zum Pariser Abkommen zwischen dem Schweizer Bundesrat und der ukrainischen Regierung.

Laut einem Tweet des Bundesamts für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) soll das Klimaabkommen Gelder und eine internationale Zusammenarbeit fördern sowie einen Klimaschutz ermöglichen, der über die bestehenden Programme hinausgeht.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga und der ukrainische Minister für Ökologie und natürliche Ressourcen, Ruslan Strilets, unterzeichnen die Durchführungvereinbarung zum Pariser Abkommen. - Keystone

12.50: Nationalratspräsidentin Irène Kälin möchte die Zusammenarbeit zwischen dem ukrainischen und dem Schweizer Parlament stärken.

Der Wiederaufbau der Ukraine sei eine Aufgabe für ganz Europa. Dies schrieb sie in einem Tweet zu einem Parlamentariertreffen am Rande der Konferenz in Lugano. In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigten die Parlamentarier-Delegationen ihre Verurteilung des russischen Angriffskriegs.

London will nächste Ukraine-Konferenz organisieren

Grossbritannien möchte die nächste Ukraine-Konferenz im kommenden Jahr organisieren. Dies will die britische Aussenministerin Liz Truss am Montag an der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Lugano ankündigen.

Liz Truss, Aussenministerin von Grossbritannien, will sich ebenfalls für die Johnson-Nachfolge bewerben. - dpa

Das britische Aussenministerium liess am Montag die geplanten Ankündigungen Truss' bereits vor deren Rede durchsickern. Geplant ist demnach auch die Einrichtung eines Büros in London. Dieses solle die Zusammenarbeit Kiews und «seiner Verbündeten» koordinieren und die Massnahmen überwachen, hiess es.

Den Angaben zufolge wird sich die britische Unterstützung für den Wiederaufbau auf 1,5 Milliarden Dollar belaufen.

11.55: Bis am Mittag begrüssen der ukrainische Ministerpräsident Schmyhal und Bundespräsident Cassis die (Vize-)Minister und Ministerinnen, die an der Wiederaufbaukonferenz teilnehmen.

Bundesrat Ignazio Cassis und der ukrainische Ministerpräsident Schmyhal empfangen die (Vize-)Minister und Ministerinnen, die an der Wiederaufbaukonferenz teilnehmen. - Youtube/EDA

11.25: Ab 11 Uhr nahm Bundespräsident Ignazio Cassis die hochrangigen Gäste in Empfang. Darunter war auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen. Die beiden wollen an einem Nebentisch in Lugano auch über die bilateralen Beziehungen der Schweiz zur EU sprechen.

Zusammen begrüssten von der Leyen und Cassis den ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal.

Bei der Lugano-Konferenz diskutieren rund 1000 Teilnehmende aus fast 40 Ländern über den Wiederaufbau der Ukraine. Am heutigen Montag wird Bundespräsident Ignazio Cassis zusammen mit dem ukrainische Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Staatsgäste willkommen heissen. Selenskyj wird dies per Videoschaltung machen, denn er wird sein Land weiterhin nicht verlassen.

Bundespräsident Ignazio Cassis (links) hat am Sonntag den ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal (Mitte) auf dem Flughafen Agno im Tessin empfangen, am Vorabend der Lugano-Konferenz über den Wiederaufbau der Ukraine. - keystone

Ukraine-Krieg: Greenpeace stellt Protest-Windrad auf

Um 10.00 Uhr begann die Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Lugano mit einem parlamentarischen Side-Event zum Thema Zivilgesellschaft und Wiederaufbau. Dabei traf eine Delegation von Mitgliedern des Schweizer Parlaments sich mit rund 15 Abgeordneten des ukrainischen Parlaments.

Die Schweizer Delegation wurde von Nationalratspräsidentin Irene Kälin angeführt, jene aus der Ukraine von Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk. Thema war insbesondere die Rolle des Parlaments beim Wiederaufbau.

Greenpeace stellt eine Windturbine in Lugano auf. - Keystone

Bereits am Morgen hat Greenpeace mit einer Aktion vor dem Start protestiert. Zusammen mit 45 ukrainischen Nichtregierungsorganisationen fordern sie einen umweltfreundlichen und nachhaltigen Wiederaufbauplan. Dazu haben sie am Montagmorgen in Lugano eine Windturbine aufgestellt.