Verfassungsschutz sieht gewachsene Gefahr durch Rechtsextremismus

Die Bedrohung durch rechte Gewalt in Deutschland ist nach Einschätzung des Verfassungsschutzes in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gewachsen.

Die Chefs von BND, Verfassungsschutz und MAD - dpa/dpa/picture-alliance

Das Wichtigste in Kürze

  • Seehofer will am Mittwoch Zehn-Punkte-Plan ins Kabinett bringen .

Die Lage sei «heute bedrohlicher als vor einem Jahr», sagte Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang am Dienstag bei einer Anhörung im Bundestag. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will am Mittwoch einen Zehn-Punkte-Katalog ins Kabinett einbringen, der strengere Gesetze gegen Hass im Internet und einen besseren Schutz von Synagogen vorsieht.

Zu Seehofers Massnahmenkatalog gehört die Verpflichtung für Internetunternehmen, strafbare Inhalte künftig den Sicherheitsbehörden zu melden und im Falle des begründeten Verdachts auch die IP-Adresse der Nutzer herauszugeben. Neben dem besseren Schutz von Synagogen ist zudem eine Stärkung von Extremismusprävention und Demokratieförderung sowie eine Aufstockung des Personals beim Bundeskriminalamt (BKA) und beim Bundesamt für Verfassungsschutz vorgesehen.

Diese Behörden würden einer «sehr starken Umorganisation» unterzogen, sagte der Innenminister. Geplant ist dort der Aufbau zusätzlicher Einheiten mit insgesamt gut 700 Mitarbeitern. «Die Bedrohungslage durch Rechtsextremismus und Antisemitismus ist hoch in Deutschland», sagte Seehofer. Als ähnlich gefährlich sei hierzulande nur noch der islamistische Terrorismus einzuschätzen.

Seehofers Kabinettsvorlage beruht auf Absprachen mit den 16 Landesinnenministern. Sie hatten sich am vergangenen Freitag getroffen und die Grundlagen für den Zehn-Punkte-Plan ausgearbeitet. Die Vorlage werde auch vom SPD-geführten Bundesjustizministerium unterstützt, sagte Seehofer. Anlass war der Anschlag von Halle.

Die FDP drängte auf eine bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern. «Deswegen brauchen wir dringend eine Föderalismusreform im Bereich der Inneren Sicherheit», erklärte ihr Innenexperte Konstantin Kuhle.

Haldenwang sagte bei der alljährlichen Anhörung der Geheimdienstchefs durch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKGr), er habe bereits vor einem Jahr vor einer Verschärfung der Lage gewarnt. «Leider hat sich der Trend nur allzu deutlich bestätigt.»

Neben den bisherigen Strukturen mit Parteien und Kameradschaften gebe es die gefährliche Entwicklung hin zu «virtuellen Netzwerken», sagte Haldenwang. Hinzu kämen «radikalisierte Einzeltäter». Diese handelten zwar alleine, seien aber «eingebettet in ein ideologisches Netzwerk».

Haldenwang verwies darauf, dass der Attentäter von Halle seinen Anschlagsplan «bis zur Tat mit niemandem geteilt hat». In solchen Fällen sei ein «missionarischer Täter» am Werk, «der seine Tat als Initialzündung für Nachahmer versteht». Der Verfassungsschutzpräsident sprach von einer «neue Rechten», die den Nährboden biete für Radikalisierung. Dazu zählte er auch den «Flügel» und die AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative.

Der Chef des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm, sagte bei der Anhörung, es gebe zwar keine «rechte Untergrundarmee» in der Bundeswehr. Dies schliesse aber «starke soziale Vernetzungsprozesse» unterhalb dieser Schwelle nicht aus. Bei der Bundeswehr-Eliteeinheit «KSK», wo es Berichten zufolge rechtsextreme Tendenzen geben soll, sprach Gramm von rund 20 Verdachtsfällen.