Wahlbeteiligung vor Ort niedriger als 2017 - Knappes Rennen erwartet
Heute wird der neue Bundestag gewählt. Die Wahllokale in Deutschland sind dieses Jahr schlechter besucht als 2017.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Wahllokale in Deutschland sind dieses Jahr schlechter besucht als 2017.
- Heute wird der neue Bundestag gewählt.
Die Wahllokale für die Bundestagswahl sind weiter geöffnet. Nach ersten Zahlen lag die Wahlbeteiligung in den Lokalen vor Ort bis 14.00 Uhr niedriger als noch vor vier Jahren. Allerdings bleibt der hohe Briefwähler-Anteil dabei unberücksichtigt.
Berlin/Wiesbaden (dpa) - Bei der Bundestagswahl haben zunächst etwas weniger Wähler in den Wahllokalen abgestimmt als bei der Wahl 2017. Allerdings wird zugleich mit einem deutlich gestiegenen Briefwähleranteil gerechnet - was eine Trendaussage zur Gesamt-Wahlbeteiligung schwierig macht.
Nach Angaben des Bundeswahlleiters hatten vor Ort bis 14.00 Uhr 36,5 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimmen abgegeben. Bei der Bundestagswahl 2017 hatte die Beteiligung in den Wahllokalen bis 14.00 Uhr bei 41,1 Prozent gelegen. Die Stimmen der Briefwähler zählen bei der in den Wahllokalen ermittelten Wahlbeteiligung nicht mit. Der Zwischenstand wurde auf Grundlage der Wahlbeteiligung in ausgewählten Wahllokalen für ganz Deutschland ermittelt.
«Die aktuell ermittelte Wahlbeteiligung liegt erwartungsgemäss unter dem Wert von 2017, da wir von einem deutlich erhöhten Anteil von Briefwählerinnen und Briefwählern ausgehen, deren Wahlbeteiligung zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Ermittlung des endgültigen Wahlergebnisses festgestellt wird», teilte Bundeswahlleiter Georg Thiel am Nachmittag mit.
Es wird damit gerechnet, dass diesmal so viele Menschen wie nie zuvor ihre Stimme per Briefwahl abgegeben haben. Nach Angaben der Bundeswahlleitung dürften es mindestens 40 Prozent gewesen sein. 2017 machten bereits 28,6 Prozent der Wahlberechtigten von der Briefwahl Gebrauch. Vor vier Jahren lag die Wahlbeteiligung am Ende der Wahl bei 76,2 Prozent.
Rund 60,4 Millionen Deutsche waren am Sonntag zur Wahl aufgerufen. In den Meinungsumfragen vor der Bundestagswahl lag die Union zuletzt leicht hinter der SPD mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Die SPD kam dort auf 25 bis 26 Prozent, die Union auf 22 bis 25. Auf Platz drei lagen die Grünen mit 16 bis 17 Prozent. Es folgen FDP (10,5 bis 12 Prozent), AfD (10) und Linke (5 bis 6). Meinungsumfragen sind allerdings nur Momentaufnahmen der politischen Stimmungslage und sagen nichts über das Wahlergebnis aus.
Aus der Bundestagswahl im Jahr 2017 waren CDU und CSU mit 32,9 Prozent als stärkste Kraft hervorgegangen. Die SPD kam auf 20,5 Prozent, die AfD wurde mit 12,6 Prozent drittstärkste Kraft. Dahinter folgten FDP (10,7 Prozent), Linke (9,2) und Grüne mit 8,9 Prozent.
Die Wahllokale sind an diesem Sonntag noch bis 18.00 Uhr geöffnet. Unmittelbar danach werden Prognosen für das voraussichtliche Ergebnis veröffentlicht, wenig später erste Hochrechnungen.
Die bislang amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tritt nach knapp 16 Jahren als Regierungschefin nicht mehr an. Der Ausgang der Wahl gilt auch deshalb und angesichts eines guten Teils noch unentschlossener Wählerinnen und Wähler als absolut offen.
Die Meinungsumfragen deuteten zuletzt auf ein knappes Rennen um Platz eins zwischen SPD und Union hin. Demnach gilt ein künftiges Dreierbündnis als wahrscheinlich. Nach der jüngsten «Politbarometer»-Umfrage von vor der Wahl hätte als Zweier-Bündnis nur eine Koalition aus SPD und CDU/CSU eine knappe Mehrheit. Reichen würde es auch für eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP (Ampel), aus Union, Grünen und FDP (Jamaika) sowie für Rot-Grün-Rot.
Bis zum Nachmittag gaben die drei Kanzlerkandidaten von Union, SPD und Grünen ihre Stimmen ab. Im Netz sorgte der Urnengang von Unionskanzlerkandidat Laschet für Diskussionen, weil die beiden Kreuze für die CDU auf seinem Stimmzettel für Umstehende sichtbar waren. Fotografen hielten den Moment fest. Die Bundeswahlleitung stellte am Nachmittag auf Twitter klar, dass es sich nicht um «Wahlbeeinflussung» gehandelt habe. Der Unions-Kandidat sagte, die Bundestagswahl entscheide über die Richtung Deutschlands in den nächsten Jahren. «Und deshalb kommt es auf jede Stimme an», sagte er vor dem Wahllokal.
Bei den anderen beiden Kandidaten gab es zunächst keine Zwischenfälle. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gab am Sonntagmorgen seine Stimme in seinem Wahlkreis in Potsdam ab und appellierte noch einmal an die Bürger, für ein starkes Ergebnis der SPD zur Wahl zu gehen. «Damit die Bürgerinnen und Bürger mir den Auftrag geben, der nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden», betonte er nach der Stimmabgabe mit seiner Frau Britta Ernst, der Brandenburger Bildungsministerin.
Scholz bewirbt sich im Wahlkreis Potsdam um ein Direktmandat. Dort tritt auch die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock als Direktkandidatin an, die am Mittag ihre Stimme abgab.
Sie hoffe bei der Bundestagswahl auf ein besseres Ergebnis für ihre Partei als in den Meinungsumfragen, sagte Baerbock bei der Stimmabgabe. «Es wird auf jede Stimme ankommen bei dieser Wahl, das haben wir ja in den letzten Wochen gesehen, wie Spitz auf Knopf es gehen wird.»