Berner Stadtpräsident und rotgrünes Lager bei Wahlen unter Druck

Die Stadtberner Wahlen versprechen Spannung, obwohl die rotgrüne Mehrheit nicht gefährdet ist.

Die Gemeinderatskandidaten Mathhias Aebischer (SP, neu), Marieke Kruit (SP, bisher), Ursina Anderegg, (Gruenes Buendnis, neu) und Alec von Graffenried (Gruene Freie Liste, Stadtpraesident, bisher). - KEYSTONE/Peter Schneider

Die Stadtberner Wahlen vom 24. November versprechen viel Spannung, obwohl die rotgrüne Mehrheit nicht in Gefahr ist. Zum einen muss Stadtpräsident Alec von Graffenried um seinen Job bangen. Zum anderen droht dem linken Lager ein Sitzverlust in der Stadtregierung.

Von Graffenried von der kleinen, gemässigten Grünen-Partei GFL strebt eine dritte Amtszeit an. Doch die SP will das Stadtpräsidium zurückerobern, das sie bis Ende 2016 innehatte. Ihre Hoffnungen ruhen auf Marieke Kruit, die seit vier Jahren in der Stadtregierung sitzt. Nun soll sie Berns erste Stadtpräsidentin werden.

Kruit werden gute Chancen eingeräumt, weil sie als Bau- und Verkehrsdirektorin kaum negative Schlagzeilen lieferte und mit der SP die stärkste Partei im Rücken hat. Entschieden wird das Rennen wohl erst in einer Stichwahl, da es noch weitere Kandidierende gibt und die Hürde des absoluten Mehrs entsprechend hoch liegt.

Zum Sesseltanz werden die Wahlen in die fünfköpfige Stadtregierung. Rotgrün hat die Proporzwahlen seit 1992 stets mit einer gemeinsamen Liste bestritten und ist damit gut gefahren. Seit 2017 hält das Bündnis sogar vier der fünf Gemeinderatssitze und ist damit gemessen an den Wähleranteilen übervertreten.

Die Parteien des Mitte-Rechts-Lagers traten bislang getrennt an oder setzten auf kleinere Bündnisse. Nun haben sich GLP, Mitte, FDP, SVP und EVP erstmals zu einer gemeinsamen Liste zusammengefunden und damit gute Aussichten auf zwei Sitze. Wer diese holen könnte, ist offen. Gemeinderat Reto Nause (Mitte) tritt nicht mehr an.

Kandidaturen: Wer hat die besten Chancen?

Die besten Karten dürfte GLP-Nationalrätin Melanie Mettler haben. Ein allfälliger zweiter Sitz könnte an Florence Pärli (FDP) oder Béatrice Wertli (Mitte) gehen. Beide sitzen im Stadtparlament. Die Kandidierenden von SVP und EVP sind in der Aussenseiter-Rolle.

Im linken Lager gelten Marieke Kruit (SP) und Nationalrat Matthias Aebischer (SP) als gesetzt. Sollte das rotgrüne Bündnis den Wähleranteil nochmals leicht steigern können, wären auch Alec von Graffenried (GFL) und die Stadtparlamentarierin Ursina Anderegg vom weiter links positionierten Grünen Bündnis in die Stadtregierung gewählt.

Verliert Rotgrün einen Sitz, dürfte eine der beiden grünen Kandidaturen das Nachsehen haben. Für von Graffenried wäre die Nichtwiederwahl eine doppelte Niederlage, denn dann wäre er automatisch auch als Stapi weg vom Fenster.

Sicher ist bei den Gemeinderatswahlen nur, dass die Stadtregierung rundum erneuert wird: Mit Kruit und von Graffenried treten nur zwei Bisherige an. Zudem werden die Frauen aller Voraussicht nach in der Mehrheit sein, was in Bern allerdings kein Novum wäre.

Um einen Sitz im 80-köpfigen Stadtparlament bewerben sich 534 Bernerinnen und Berner. Vor vier Jahren wählte das Volk das linkste und mit 70 Prozent Frauen auch das weiblichste Parlament der Schweiz. Im Lauf der Legislatur ist der Frauenanteil durch Rücktritte allerdings auf rund 58 Prozent gesunken.