Bürgerlicher Basler Abstimmungskampf – auf Türkisch

In Basel macht ein bürgerliches Komitee Abstimmungskampf mit Plakaten auf türkisch. Man wolle Stimmberechtigte mit Migrationshintergrund gezielt ansprechen.

Ein Instagram-User hielt das Inserat fest. - Instagram/@_michaelheim

Das Wichtigste in Kürze

  • Basel stimmt über zwei Parkplatz-Initiativen ab.
  • Die bürgerlichen Befürworter werben mit Plakaten auf Türkisch für ein doppeltes Ja.
  • Man versuche die Menschen in ihrer Muttersprache zu erreichen, heisst es.

«Volksabstimmung vom 9. Februar 2020» steht über dem A4-Plakat in Basel. Doch wer weiter liest, gerät ins Stocken. «Halk oylamasi 9 Subat 2020» und «Park yerlerimize ve Arabalarimiza dokunma..!», heisst es da.

Wer Türkisch spricht versteht sofort: «Öffentliche Abstimmung 9. Februar 2020» und «Finger weg von unseren Parkplätzen und Autos!», steht da. Und Türkischsprechende sind auch angesprochen, bestätigt David Weber, Sprecher des Gewerbeverbands. Dieser steht hinter dem Komitee «Zämme besser!», welches für das Plakat verantwortlich ist.

Der Basler Marktplatz. - Keystone

Man habe festgestellt, dass Mobilitätsfragen gerade auch bei der Basler Bevölkerung sowie den zahlreichen Gastronomie- und Ladeninhaber mit Migrationshintergrund ein grosses Thema sind, so Weber. Deshalb habe man diese Gruppen gezielt ansprechen wollen.

Stimmberechtigte mit Migrationshintergrund auf Thema aufmerksam machen

«Das Komitee ‹Zämme besser!› arbeitet dabei mit Migrantenvereinen zusammen. Diese setzen die spezifischen Kampagnenmassnahmen in Eigenregie um.» Auf Grund der Grösse und der Verbindungen der Vereine liege der Fokus auf der Community mit türkischem und kurdischem Hintergrund. Es gebe aber auch Übersetzungen in andere Sprachen.

«Natürlich verstehen auch die Stimmberechtigten mit Migrationshintergrund Deutsch», erklärt Weber. «Aber die Aufmerksamkeit ist aufgrund der Übersetzungen höher.»

David Weber, Leiter PR beim Gewerbeverband Basel-Stadt. - gewerbe-basel.ch

Zahlreiche Basler Politiker mit Migrationshintergrund

Speziell: Das Komitee «Zämme besser!» besteht aus bürgerlichen Kräften: CVP, SVP, FDP, Liberal-Demokraten sowie Gewerbeverbänden. SP-Grossrat Seyit Erdogan hat selbst türkische Wurzeln.

Migranten seien in Basel interessiert an Politik, seien in Vereinen gut organisiert, erklärt Erdogan. «In der Muttersprache kann man die Menschen noch besser abholen», obwohl das natürlich nicht für alle gelte. Klar sei, dass man das Thema der Abstimmung besser bekannt machen könne.

Seyit Erdogan (r.), Basler SP-Grossrat, und Mustafa Atici (l.), Basler SP-Nationalrat. - Keystone/Basel-Stadt

Basel hat mit Sibel Arslan und Mustafa Atici gleich zwei Vertreter im Nationalrat. Letzterer bestätigt den Eindruck von Erdogan. Er hat bei seiner Wahl in den Nationalrat im Oktober auch selbst auf Türkisch gesetzt. «Die politische Kommunikation auf türkisch passiert in einem kleinen Rahmen ab und zu mit der ersten Generation. Aber bei den zweiten Generation war bis jetzt nie ein Thema.»

Der SP-Nationalrat sieht dies positiv. «Viele Leute, die aus der Türkei zu uns gekommen sind, sind politisch und auch hier versuchen sie politisch aktiv zu werden.» Das schätze er sehr, so Atici. «Das ist ein Gewinn für alle.»

Türkisches Plakat sorgt auch für Kritik

Weniger gut kommt das Plakat bei Andrea Knellwolf an. Die Fraktionschefin der CVP im Basler Grossrat sagt: «Ich finde politische Plakate in einer anderen Sprache, als es die Wahlunterlagen sind, unnötig und ehrlich gesagt irritierend.» Dass alle Wahlberechtigten im Kanton genügend Deutschkenntnisse haben, müsse vorausgesetzt werden können. «Sonst ist etwas mit unserer Einbürgerungspraxis nicht in Ordnung», so Knellwolf.

Etwas skeptisch ist auch der SVP-Fraktionschef Pascal Messerli. Es sei zwar jedem selbst überlassen, welchen Adressatenkreis man ansprechen will. «Ich bin aber eigentlich schon der Meinung, dass die Amtssprache Deutsch ist und jeder zumindest die Abstimmungsparolen in deutscher Sprache verstehen kann.» Dennoch erachtet es Messerli als positiv, dass die türkische beziehungsweise kurdische Community in Basel politisch engagiert sei.

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