SP fordert Solidarität für Ausweg aus Corona-Krise
Die SP-Delegierten haben am Samstag an ihrer digitalen Versammlung eine gerechte Finanzierung und einen starken Service Public gefordert. Die Partei hat die Parolen zu den Abstimmungsvorlagen vom 27. September gefasst.
Das Wichtigste in Kürze
- Wie zu erwarten stimmten die Delegierten, welche die Versammlung mehrheitlich virtuell verfolgten, einstimmig gegen die Begrenzungsinitiative.
Die Abwendung vom bilateralen Weg sei volkswirtschaftlicher Selbstmord für die Schweiz, sagte SP-Nationalrätin Samira Marti (BL).
Auch die Erhöhung des Kinderabzugs bei der Bundessteuer lehnte die SP einstimmig ab. Nur sechs Prozent der reichsten Haushalte würden von diesem Kinderabzug profitieren, alle anderen gingen leer aus, argumentierte SP-Nationalrätin Jaqueline Badran (ZH). Das sei ein «fertiger Bschiss» unter dem Deckmantel der Familienpolitik.
Mit 160 Nein zu fünf Ja bei zwei Enthaltungen stimmte die SP gegen die Beschaffung der Kampfjets. Bezeichnet wurden die Jets als «Luxus-Flugzeuge» mit irrigen Kosten. Ebenfalls Nein stimmte die SP gegen das revidierte Jagdgesetz. Es sei ein missratenes Abschussgesetz, das zu weit gehe, wurde argumentiert. 153 Delegierte stimmten dagegen, vier dafür und fünf enthielten sich.
Die einzige Vorlage, welche die SP am 27. September unterstützt, ist der Vaterschaftsurlaub. Ein zweiwöchiger Vaterschaftsurlaub, so kurz er auch sein möge, sei ein erster Schritt in die richtige Richtung in der Gleichstellungspolitik, so die Meinung der Mehrheit. Die Ja-Parole wurde mit 145 Ja zu 12 Nein ergriffen.
Unterstützen wird die SP die vom Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) lancierte Initiative für eine 13. AHV-Rente. Die SP einigte sich an der Versammlung darauf, rund 20'000 Unterschriften dafür zu sammeln.
Die Volksinitiative für ein besseres Leben im Alter (Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente) verlangt eine Änderung der Bundesverfassung. Bezügerinnen und Bezüger einer Altersrente sollen künftig Anspruch erhalten auf einen Zuschlag im Umfang einer 13. Monatsrente.
An der Versammlung verabschiedeten die Delegierten die Resolution «Mit Solidarität aus der Krise». Gefordert wird darin zur Bewältigung der Corona-Krise ein starker Service Public, der aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Es brauche jetzt nicht Abbaupakete, sondern umfangreiche Investitionen in Bildung, Gesundheitsversorgung und Betreuung, heisst es in der Resolution.
Laut Bundesrat Alain Berset sind die Frauen von den Folgen der Corona-Krise besonders stark betroffen. In seiner Rede betonte er, dass soziale Ungleichheiten, die in der Folge einer Krise entstünden, unbedingt verhindert werden müssten.
Es sei an der Zeit mehr Solidarität mit Frauen zu zeigen, die Teilzeit arbeiteten, die Mühe hätten, über die Runden zu kommen und nebenbei noch die ganze Hausarbeit leisteten, so Berset. Dass Frauen zu wenig Lohn für ihre Arbeit erhielten, wie etwa im Gesundheits- und Pflegewesen oder in der Reinigungsbranche, sei unhaltbar.
Parteipräsident Christian Levrat betonte in seiner Rede die Wichtigkeit eines starken Service Public. «Der Service Public ist die Verkörperung dieser institutionellen Solidarität», sagte er den Delegierten. Nur der Staat könne solche Ressourcen im Bereich Gesundheit, Wirtschaft und Sicherheit mobilisieren.
Die Krise habe die Einstellung von jenen widerlegt, die für einen schwachen Staat und eine Liberalisierung einstünden. Levrat kritisierte die bürgerlichen Parteien auch für ihre «mangelnde Solidarität», sobald es nicht mehr um die Hilfe von grossen Unternehmen gehe.
Die SP forderte in der Resolution auch, dass jene, die über ein Spitzensalär, ein riesiges Vermögen oder enorme Unternehmensgewinne verfügen, einen grösseren Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise leisten sollen. Konkret will die SP die Bundessteuer für steuerbare Einkommen ab 300'000 Franken deutlich erhöhen, eine Solidaritätsabgabe von Unternehmen sowie die Dividenden besteuern.
SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga betonte an der digitalen Delegiertenversammlung die Wichtigkeit einer robusten, gesunden und beweglichen Wirtschaft. Es müsse nicht alles genauso weitergehen wie vor der Krise, sagte sie. «Ich will die Schweiz besser aufstellen», so die Bundesrätin. Dazu gehöre, nach der Corona-Krise genau hinzuschauen, wie die Wirtschaft aussehe.
Zentral sei eine robuste Wirtschaft mit einem starken Service Public, Infrastrukturen in Schweizer Hand und einer sicheren Versorgung. Wichtig sei zudem eine gesunde Wirtschaft, welche die Natur und das Klima schont. Laut Sommaruga muss die Wirtschaft zudem beweglich sein, um sich anpassen zu können. Das neue CO2-Gesetz sei ein wichtiger Schritt in diese Richtung, sagte sie.
Die Delegierten haben sich am Samstag auch dafür ausgesprochen, ein ständiges Organ analog zu den SP Frauen oder SP 60+ für queere Menschen zu schaffen. «Wir erleben in der Politik immer wieder, dass für oder gegen uns Politik gemacht wird», sagte SP-Nationalrat Angelo Barille (ZH). Mit der Resolution «Nichts mehr über uns ohne uns» solle das geändert werden.
Das neue Organ soll dafür sorgen, dass in der SP Schweiz sowie allgemein in Politik und Gesellschaft die tatsächliche Gleichstellung und Gleichberechtigung queerer Menschen erreicht wird. Queers sind Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität, ihres Geschlechtsausdruckes oder ihrer Geschlechtsmerkmale nicht der heterosexuellen Norm entsprechen.
Die Delegiertenversammlung der SP fand zum ersten Mal virtuell statt. Statt die Stimmkarte zu heben, gaben die Delegierten ihre Stimme online ab. Für Wortmeldungen wurden die Delegierten live zugeschaltet. Die Redezeit wurde auf zwei Minuten beschränkt. Für die Versammlung hatten sich 248 Delegierte angemeldet.