St. Galler Regierung legt völkerrechtswidrige Vorlage vor

Die Niederlassungsfreiheit von anerkannten Flüchtlingen könnte durch eine umstrittene Gesetzesänderung eingeschränkt werden.

Ein Zimmer einer Asylunterkunft. (Symbolbild) - Keystone

Die St. Galler Regierung hat einen Auftrag des Kantonsrats erfüllt und eine umstrittene Gesetzesänderung in die Vernehmlassung gegeben. Damit würde die Niederlassungsfreiheit von anerkannten Flüchtlingen eingeschränkt. Die Regierung hält dies für rechtswidrig und stützt sich dabei auf ein Gutachten ab.

In der Februarsession 2022 wollten die Fraktionen von Mitte-EVP und SVP erreichen, dass anerkannte Flüchtlinge, die Sozialhilfe beziehen, im Kanton St. Gallen nicht mehr frei wählen können, wo sie wohnen.

In einigen Gemeinden seien grössere Gemeinschaften von Flüchtlingen aus dem gleichen Herkunftsland entstanden, argumentierten sie in ihrer Motion. Das Gesetz solle deshalb so geändert werden, dass Sozialhilfe unter anderem in Form von Wohnraum gewährt werden kann. Damit sei es möglich, Flüchtlingen einen Wohnort zuzuweisen.

Gegenwind für das neue Vorhaben

Widerstand gab es von FDP, GLP, Grünen und SP. In deren Voten wurde die Forderung als rechtswidrig kritisiert. In der Abstimmung setzten sich dann aber SVP und Mitte-EVP mit 59 gegen 55 Stimmen durch. Damit musste die Regierung eine Vorlage ausarbeiten, zu der nun die Vernehmlassung startet.

In der Mitteilung vom Dienstag wiederholt die Regierung die Argumente aus der Parlamentsdebatte. Sie halte die Gesetzesvorlage für völkerrechtswidrig und beantrage deshalb Nichteintreten.

Rechtsgutachten bestätigt Bedenken

Nach der Abstimmung gab sie ein Rechtsgutachten bei der Universität Freiburg in Auftrag. Darin werde die Vorlage ebenfalls als Verstoss gegen das Völkerrecht beurteilt. Das Gutachten gehe jedoch noch weiter und halte fest, dass die Regelung «auch gegen Bundesrecht» verstosse.

Die Regierung anerkenne zwar, dass die Herausforderungen der Gemeinden bei der Integration der Flüchtlinge gross seien. Allerdings gebe es bereits heute Massnahmen wie den soziodemografische Sonderlastenausgleich oder die vom Bund ausbezahlten Global- und Integrationspauschalen.