SVP Thun: «Dunkelziffer der Gewaltdelikte muss aufgedeckt werden»

Thun leiste einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, findet Leonardo Schlatter (SVP). Weitere Massnahmen seien darum unnötig.

Ein Postulat, welches dem Thuner Stadtrat vorliegt, fordert zusätzliche Massnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Laut Leonardo Schlatter (SVP) setze Thun die Istanbul-Konvention bereits genügend um.
  • Dies sagt der Medizinstudent im Nau.ch-Interview.
  • Der Stadtrat entscheidet am 13. Juni 2023 darüber, ob es zusätzliche Massnahmen braucht.

Ein Postulat, welches dem Thuner Stadtrat vorliegt, will zusätzliche Massnahmen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention schaffen. Ziel dieses Übereinkommens ist es durch Gewaltprävention, Gewaltschutz, Strafverfolgung und Integrativem Ansatz Gewaltdelikte zu verhindern.

Für Alice Kropf (SP), Daniela Huber Notter (Die Mitte) und Cloe Weber (Grüne) ist klar, dass es das Postulat braucht. Laut Leonardo Schlatter (SVP) hingegen übertreffe Thun die Forderungen an die Gemeinden aber sogar. Er lehne zusätzliches Geld für die Umsetzung der Istanbul-Konvention daher ab, sagt er im Interview.

Nau.ch: Setzt die Stadt Thun die vier Säulen der Istanbul-Konvention zum jetzigen Zeitpunkt genügend um?

Leonardo Schlatter: Die Umsetzung der Istanbul-Konvention obliegt dem Bund und den Kantonen. Der von der Stadt Thun geleistete Beitrag zur Umsetzung übertrifft die Forderungen an die Gemeinden.

Leonardo Schlatter ist Thuner SVP-Stadtrat. - zVg

«Mehr Geld bedeutet nicht bessere Lösungen.»

Nau.ch: Das Postulat fordert zusätzliche Massnahmen, um Gewaltdelikten vorzubeugen und Opfer von Gewalt besser zu unterstützen. Dazu sollen mindestens 150'000 Franken ins Budget aufgenommen werden. Befürworten Sie diese Forderung?

Schlatter: Mehr Geld bedeutet nicht bessere Lösungen. Es zeichnet sich kein Bedarf nach einer Budgeterhöhung ab.

Nau.ch: Der Gemeinderat lehnt das Postulat ab. Die Stadt Thun nehme mit umgesetzten und geplanten Massnahmen ihre Verantwortung zur Verhinderung von häuslicher Gewalt bereits wahr. Teilen Sie diese Einschätzung?

Schlatter: Ja. Der Gemeinderat legt dar, wie er in der Vergangenheit und Zukunft Projekte und Kampagnen durchführt.

Umfrage

Braucht es in Thun zusätzliche Massnahmen, um Gewaltdelikte zu verhindern und Opfer von Gewalt besser zu unterstützen?

Ja, die aktuellen Massnahmen reichen nicht aus.
36%
Nein, momentan sind keine zusätzliche Geldmittel nötig.
64%

Nau.ch: Welche Massnahmen braucht es Ihrer Meinung nach, um Menschen, insbesondere Frauen, besser vor Gewalt zu schützen?

Schlatter: Die grosse Dunkelziffer der Gewaltdelikte muss aufgedeckt werden. Man muss wissen, wer betroffen ist, um gezielt helfen zu können und Präventivmassnahmen zu implementieren.

Dies fällt allerdings in die Kompetenzen von Bund und Kanton. Als Gemeinde können wir den gegenseitigen Austausch (Roundtables) und die Aufklärung der Bevölkerung fördern, was heute in Thun bereits getan wird.

Zur Person: Leonardo Schlatter (26) ist als SVP-Stadtrat in Thun tätig. Er ist Medizinstudent und wohnt in Thun.