«Zeit scheint reif» – GLP BS zu Stimmrecht für ausländische Personen

Sollen ausländische Personen in Basel-Stadt ein begrenztes Stimmrecht erhalten? Claudia Baumgartner (GLP) äussert sich dazu im Nau.ch-Interview.

Künftig könnten Ausländerinnen und Ausländer in Basel-Stadt ein begrenztes Stimmrecht erhalten. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Schon bald könnten ausländische Personen vom begrenzten Stimmrecht profitieren.
  • Dies schlägt die Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission mit einer knappen Mehrheit vor.
  • Claudia Baumgartner (GLP) unterstützt den Vorschlag: «Die Zeit scheint mir reif dafür.»

Die Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission will im Kanton Basel-Stadt das begrenzte Stimmrecht für Personen mit Niederlassungsbewilligung einführen. Dadurch erhielten Ausländerinnen und Ausländer das aktive Stimm- und Wahlrecht. Das Thema wird an der nächsten Sitzung des Grossen Rats behandelt.

Fleur Weibel (Grüne) sprach sich im Interview für den Vorschlag aus. Gabriel Nigon (LDP) und Bruno Lötscher-Steiger (Die Mitte) lehnen das Anliegen beide ab. Nun äussert sich Claudia Baumgartner (GLP).

Nau.ch: Sollen Ihrer Meinung nach in Basel-Stadt lebende ausländische Menschen mit Niederlassungsbewilligung ein begrenztes Stimmrecht erhalten?

Claudia Baumgartner: Ja, die Zeit scheint mir reif dafür, sofern unsere Bevölkerung das vorliegende begrenzte Stimm- und Wahlrecht als Chance und nicht als Bedrohung sieht. Die betroffenen Menschen leben seit vielen Jahren in unserer Gemeinschaft, arbeiten hier, zahlen Steuern und tragen aktiv zum gesellschaftlichen Leben bei. Ein begrenztes Stimm- und Wahlrecht würde es ihnen ermöglichen, an Entscheidungen mitzuwirken, die ihren Alltag direkt betreffen und ihre Integration weiter fördern.

Claudia Baumgartner ist Fraktionspräsidentin und Vizepräsidentin der GLP Basel-Stadt. - zVg

Es ist eine Frage der Gerechtigkeit und der Anerkennung ihres Beitrags zur Gesellschaft. Als Mitglied der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission bin ich bei diesem Geschäft auf der Seite der Mehrheit der Kommission, die sich für die Vorlage ausspricht. Ich war als GLP-Vertreterin das Zünglein an der Waage zwischen rechts und links.

«Weg zu mehr Integration, die schliesslich auch in einer Einbürgerung enden kann»

Nau.ch: Häufig genanntes Argument ist, dass sich Menschen ohne Schweizer Pass einbürgern lassen sollen, wenn Sie vom Stimmrecht profitieren wollen. Teilen Sie diese Haltung?

Baumgartner: Nein, diese Haltung teile ich nicht. Ich bin der Ansicht, dass das vorliegende Stimm- und Wahlrecht ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Integration ist, die schliesslich auch in einer Einbürgerung enden kann, aber nicht zwingend muss. Man muss auch anerkennen, dass der Einbürgerungsprozess langwierig und oft mit erheblichen bürokratischen und finanziellen Hürden verbunden ist.

Umfrage

Sollen ausländische Personen mit Niederlassungsbewilligung in Basel-Stadt das aktive Stimmrecht erhalten?

Ja, aktuell sind zu viele in Basel lebende Menschen von demokratischen Entscheiden ausgeschlossen.
17%
Nein, wer seine Stimme abgeben will, soll sich einbürgern lassen.
83%

Nau.ch: Wie «DeFacto» schreibt, könnte in Basel-Stadt der Anteil Stimmberechtigter unter die 50-Prozent-Marke fallen. Ohne Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer wird künftig eine Minderheit über die Mehrheit bestimmten. Erachten Sie dies als problematisch für die Demokratie?

Baumgartner: Ich finde es immer sinnvoll, wenn sich möglichst viele Menschen an demokratischen Prozessen beteiligen (können), deshalb ist eine möglichst hohe Stimmbeteiligung wünschenswert. Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass die Stimmbeteiligung der ausländischen Bevölkerung markant anders sein wird als diejenige der Schweizerinnen und Schweizer, die Problematik dürfte mit dem vorliegenden Stimm- und Wahlrecht somit vermutlich gemildert, aber nicht im Grundsatz behoben werden.

Mit der Einführung des begrenzten Stimm- und Wahlrechts könnten wir zumindest sicherstellen, dass die gelebte Demokratie in Basel-Stadt repräsentativer und inklusiver wird.

«An der Zeit, sich erneut für dieses Thema einzusetzen»

Nau.ch: Die Einführung eines Stimmrechts für Ausländerinnen und Ausländer wurde in der Vergangenheit bereits abgelehnt. Wieso sollte sich die Stimmbevölkerung jetzt für die Forderung aussprechen?

Baumgartner: Jede Gesellschaft entwickelt sich weiter und die Integration von Ausländerinnen und Ausländern ist einer von vielen stetigen Prozessen hin zu mehr Chancengerechtigkeit und Teilhabe in einer Gesellschaft. Viele Menschen werden sich heute zunehmend ihres vielfältigen Beitrags an die Gemeinschaft bewusst und auch der Tatsache, dass wir uns in einem demografischen Wandel befinden.

Mit dem begrenzten Stimmrecht soll die Demokratie repräsentativer und inklusiver werden. (Symbolbild) - keystone

Angesichts dieser Veränderungen ist es an der Zeit, sich erneut für dieses Thema einzusetzen. Wir Grünliberalen haben uns dafür starkgemacht, dass das passive Wahlrecht, an dem das Thema bei der letzten Abstimmung primär gescheitert sein dürfte, aus der Vorlage gestrichen wird, und meinen, dass dieses begrenzte Stimm- und Wahlrecht nun eine gute Chance auf Erfolg hat.

Oder: Steter Tropfen höhlt den Stein … wie lange brauchte es etwa für das Frauenstimmrecht, wie lange für die Umsetzung der Mutterschaftsentschädigung?

Zur Person: Claudia Baumgartner (55) ist Vizepräsidentin und Fraktionspräsidentin der GLP Basel-Stadt. Sie ist Geschäftsführerin des Tierparks Lange Erlen, Vizepräsidentin der Gassenküche Basel und wohnt mit ihrem Partner im Gundeli.