Gregor Kobel – ein Hoffnungsträger ausserhalb der Komfortzone

Schweizer Torhüter sind in Deutschland hoch im Kurs. Gregor Kobel ist derzeit der jüngste Stamm-Goalie in den beiden obersten deutschen Profiligen.

Gregor Kobel strebt mit dem VfB Stuttgart den Aufstieg an - sda - Keystone/APA/EIBNER

Das Wichtigste in Kürze

  • Gregor Kobel ist der jüngste Stammtorhüter der beiden höchsten Ligen Deutschlands.
  • Beim VfB Stuttgart will Kobel den nächsten Schritt machen.

In Hoffenheim hat alles begonnen, bei Augsburg trug er massgeblich zum Ligaerhalt bei. In Stuttgart soll erden VfB wieder in die Bundesliga führen: Gregor Kobel, das grosse Schweizer Keeper-Talent.

Im Interview mit der Agentur «Keystone-SDA» spricht der 21-Jährige vor dem Top-Duell mit dem HSV über seine Pläne und Ambitionen.

Gregor Kobel (links), hier noch im Trikot des FC Augsburg, kämpft in der neuen Saison mit dem VfB Stuttgart um den Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga. - Keystone

Nach dem erfolgreichen Leih-Engagement in Augsburg folgte im Sommer der nächste Transfer – warum zum Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart?

Gregor Kobel: «Der VfB ist kein klassischer Zweitligist. Sondern ist in Deutschland eine Top-Adresse und gehört für mich klar in die erste Liga. Darüber hinaus war für mich klar, weiterhin regelmässig spielen zu wollen.

Diese Punkte standen im Vordergrund, Augsburg tat mir gut. Der schwierige Abstiegskampf, die Trainerwechsel, die neue Stadt, das neue Team. Das war für mich eine extreme Herausforderung. Da kam auf und neben dem Platz sehr viel zusammen innerhalb von kurzer Zeit.»

Erzählen Sie.

«Abstiegskampf ist mental anstrengend. Wenn man jede Woche gewinnt, fährt man entspannter an die Spiele. Aber mitten im Ringen um die sportliche Existenz fühlt es sich anders an.

Die Fans machen Druck, der Coach ist angespannt, die Mannschaft hat Mühe, alle stehen mit dem Rücken zur Wand. Da die ersten Schritte als Stammkraft zu machen, ist anspruchsvoll.»

Der Schweizer Gregor Kobel spielt seit dieser Saison für den VfB Stuttgart. - Keystone

Stuttgart ist erneut ein schwieriges Pflaster.

Gregor Kobel: «Stuttgart ist ein grosser Schauplatz mit Potenzial und Ambitionen. Für mich ist die Perspektive hier sehr gut, das Gewinnen steht nun im Vordergrund, das erwarten die Zuschauer. Mich reizt die Ausgangslage. Für meine persönliche Weiterentwicklung bin ich genau am richtigen Ort.»

Die übrigen 35 Klubs der 1. und 2. Bundesliga setzen allesamt auf ältere Torhüter.

«Das Alter spielt aus meiner Sicht nicht die entscheidende Rolle. Am Ende des Tages geht es primär darum zu helfen, Punkte zu gewinnen. Die beiden Niederlagen (gegen Wiesbaden und Kiel) trüben jetzt alles ein bisschen.

Aber es gehört zum Job dazu, mit den Rückschlägen richtig umzugehen. Es geht Schlag auf Schlag. Mit dem HSV steht uns am Samstag ein Verein gegenüber, der wie der VfB sehr viel verkörpert.»

Philipp Förster (Mitte, VfB Stuttgart) erzielt ein Tor gegen die SpVgg Greuther Fürth. - Keystone

Wie nehmen Sie den Zweitligisten Stuttgart generell wahr?

Gregor Kobel: «Wie gesagt, Stuttgart ist für mich kein klassischer Zweitligist. Als ich letzthin in einem Möbelhaus einkaufen ging, bediente mich ein stolzer VfB-Fan. Oder im Restaurant, überall ist der VfB das grosse Thema.

Die Identifikation ist beeindruckend, das sind für mich Erst-Bundesliga-Massstäbe. Ich will meinen Teil dazu beitragen, den VfB wieder dahin zu bringen, wo er hingehört.»

In Ihrer Kabine sitzen ehemalige DFB-Grössen wie Mario Gomez und Holger Badstuber.

«Das sind Persönlichkeiten mit gewaltigen Karrieren. Mit solchen Winner-Typen macht die Zusammenarbeit Spass.»

Ihr Coach Tim Walter ist bekannt für messerscharfe Einschätzungen. Haben Sie sich an den rauen Wind gewöhnt?

«Er ist sehr emotional. Die Ansagen kommen ungefiltert. Ich habe einen solchen Umgang lieber - die Kritik kommt frontal, aber jeder weiss immer, woran er ist. Tim Walter verfolgt eine klare Philosophie - und: Er will alle täglich besser machen.»

Stuttgarts Cheftrainer Tim Walter. - dpa-infocom GmbH

Vorerst werden Sie bis zum nächsten Sommer mit ihm arbeiten. Was folgt dann? Der Vertrag mit Hoffenheim ist bis 2021 vereinbart.

Gregor Kobel: «Die Verantwortlichen der TSG Hoffenheim verfolgen meinen Weg genau. Was in Zukunft passieren wird, müssen wir anschauen. Eine Diskussion hierzu kommt aber deutlich zu früh. Jetzt gilt es sich voll auf den VfB zu konzentrieren und unsere Ziele zu erreichen.»

Wie schaut Ihr persönlicher Plan aus?

«Zurzeit denke ich von Saison zu Saison. Momentan bin ich total happy mit der vereinbarten Lösung zwischen dem VfB und Hoffenheim. Was die nächste Saison bringt, schauen wir wenn es soweit ist.»

Sie haben mit 21 Jahren schon relativ viel erlebt im Sport.

«Luft nach oben ist natürlich weiterhin da, und ich will möglichst ganz nach oben kommen. Stand jetzt bin ich mit meinem Weg zufrieden. Schauen Sie sich die Wege von Yann Sommer und Roman Bürki an.

Die spielten im gleichen Alter bei Vaduz und GC. Mit 21 durfte ich bei Augsburg in einer heiklen Phase als Nummer 1 die Rückrunde bestreiten.»

Yann Sommer freut sich über den Erfolg der Schweizer Nati. - Keystone

Sie wollen mehr.

Gregor Kobel: «Ganz klar! Für mich käme es nie in Frage, jetzt schon eine Komfortzone zu suchen. Da würde ich stillstehen. Ich habe Ziele, Träume, ich will besser werden, mich natürlich auch für das Nationalteam empfehlen.

Dafür werde ich hart arbeiten und alles investieren. Weekend für Weekend will ich mich für einen Platz in der SFV-Auswahl empfehlen.»

Wem Ihrer Branche eifern Sie eigentlich nach?

«Früher hatte ich schon meine Idole. Da orientierte ich mich an Keepern, die öffentlich hoch im Kurs waren, über die man Geschichten nachlesen konnte.

Heute ist alles ein bisschen anders. Klar schaue ich mir mal was ab. Aber am Ende des Tages pflegt jeder seinen eigenen Stil, konzentriert sich am besten auf sich selber.»

Gregor Kobel applaudiert. - DPA

Ist Deutschland für Sie inzwischen ein Stück Heimat?

Gregor Kobel: «Ich habe meine Teenager-Jahre hier verbracht und schloss Freundschaften. Die Verbindungen sind gut, das Netz habe ich in Deutschland. Und trotzdem bleibt die Schweiz meine Heimat. In Hoffenheim bezog ich die erste eigene Wohnung und wurde sehr früh erwachsen; im Sport war das hilfreich, den eigenen Tagesablauf planen zu können.

Es war für mich 2014 ein grosser, wichtiger Schritt. Ich bin losgezogen, um Fussball zu spielen, und kam in einem komplett neuen Umfeld an. Das ist für einen 16-Jährigen nicht ganz ohne.»

Gregor Kobel treibt seine Mitspieler beim VfB Stuttgart nach vorne. - DPA

Haben Sie noch Kontakt mit der damaligen Nachwuchs-Gruppe Hoffenheims?

Gregor Kobel: «Mit Stefan Posch (Stammspieler TSG Hoffenheim) pflege ich bis heute eine enge Freundschaft. Im letzten Sommer gingen wir gemeinsam in die Ferien. Wir verbrachten bereits in Hoffenheim viel Zeit zusammen.»

In Hoffenheim legten Sie eine gute Basis.

«Unser Junioren-Team war ausserordentlich stark, Dennis Geiger war auch einer dieser echt coolen Truppe. Und Robin Hack natürlich, der aktuell in der deutschen U21 spielt. Auch mit diesen beiden tausche ich mich ab und zu aus. Diese ersten prägenden Jahre in Deutschland habe ich in sehr guter Erinnerung.»