Muriel Furrer (†18): Konkurrentin sah, wie sie von WM-Strecke abkam

Gemäss Polizei und Staatsanwaltschaft hiess es, es gebe keine Zeugen zum Unfalltod von Muriel Furrer (†18). Neue Details zeigen ein anderes Bild.

Sanitäter und Polizei sind nach dem Sturz von Muriel Furrer an der Unfallstelle. - Screenshot Eurovision Sport

Das Wichtigste in Kürze

  • Muriel Furrer stürzte an der Rad-WM oberhalb von Küsnacht ZH tödlich.
  • Polizei und Staatsanwaltschaft teilten erst mit, es gebe keine Unfall-Zeugen.
  • Nun kommt aus: Eine Fahrerin, die hinter Furrer fuhr, sah, wie sie von der Strecke abkam.
  • Das Organisationskomitee hat sich heute abschliessend zur Rad-WM geäussert.
  • Von einer Augenzeugin wisse man nicht. Kritik gibts für den Weltverband UCI.

Neue Wendung in der tragischen Geschichte des Rad-Talents Muriel Furrer (†18), die während der WM in Zürich tödlich verunglückte. In der offiziellen Verlautbarung der Kantonspolizei und der Zürcher Staatsanwaltschaft heisst es zum Unfalltod: «Es sind keine Zeugen bekannt.»

Das ist offenbar aber nur die halbe Wahrheit. Furrer fuhr in einer Gruppe durch den Wald oberhalb von Küsnacht ZH. Zwei U19-Fahrerinnen waren hinter ihr.

Der «Blick» konnte die beiden Athletinnen eindeutig identifizieren. Dies anhand eines Leser-Videos. Dieser filmte die Vorbeifahrt 400 Meter vor der mutmasslichen Unfallstelle.

Rad-Talent konnte sehen, wie Furrer von der Strecke abkam

Die Rad-Landesverbände der beiden Fahrerinnen bestätigen, dass ihre Athletinnen mit Furrer unterwegs waren. Und eine davon konnte sehen, wie Furrer von der Strecke abkam.

«Den Unfall selber konnte sie nicht sehen. Auch wegen der hohen Geschwindigkeit und der rauen Bedingungen», so ein Sprecher ihres Verbands.

Welle des Hasses befürchtet – Name bleibt anonym

Ihr Landesverband befürchtet, dass der jungen Athletin öffentlicher Hass entgegenschlagen könnte. Deshalb wird darauf verzichtet, den Namen der 17-jährigen Zeugin zu nennen.

Die Anonymität der Zeugin würde bei einer offiziellen Untersuchung aufgehoben. «Unserem Wissen nach wurde noch niemand aus Furrers Verfolgergruppe kontaktiert. Bei einer offiziellen Untersuchung würden wir gerne Hand bieten», so der Sprecher weiter zum «Blick».

OK weiss nichts von Augenzeugin – und kritisiert Weltverband

Heute hat sich nun das Organisationskomitee der Rad-WM an der Abschluss-Pressekonferenz nochmals zum Unfall geäussert. Olivier Senn, Sportlicher Leiter, hat von der vom Blick erwähnten Augenzeugin keine Kenntnis. «Ich habe den Artikel nicht gelesen.»

Er wünscht sich, dass man die richtigen Lehren aus dem Unfall zieht. «Es hat definitiv zu viele dieser Unfälle gegeben, auch wenn jeder ein Einzelfall war.»

Und richtet seine Worte auch an den Weltverband UCI: «Ich hoffe, es gibt jetzt eine intensive Diskussion mit dem Weltverband. Wir werden Druck aufsetzen, dass sich etwas bewegt.»

Auch bezüglich Kommunikation wünscht man sich Besserung. «Die UCI war erpicht darauf, nicht zu viele Informationen rauszugeben. Wir sind nicht froh, dass sie nicht mehr da sind. Aber es ist gut, dass wir nun so kommunizieren können, wie wir es für richtig halten.»

«GPS-Tracking wäre die perfekte Lösung gewesen»

Eine mögliche Sicherheits-Verbesserung wäre, dass man zu jedem Zeitpunkt wüsste, wo sich die Fahrerinnen auf der Strecke befinden. Die Rennleitung hatte keinen Zugriff auf die GPS-Tracker der Athletinnen. «Es war ein sehr verzetteltes Feld, ich weiss nicht, wo und wie Muriel Furrer gefahren ist. Das darf nicht, aber das kann passieren, dass jemand einfach verschwindet.»

Sollte es ein Liveverfolgungs-Obligatorium geben? «Rückblickend wäre ein GPS-Tracking die perfekte Lösung gewesen. Aber es ist müssig, zurückzublicken. Wir müssen aus diesem und den letzten Unfällen Dinge für die Zukunft verändern.»

Analysiert werde auch, ob man selbst beim Rad-WM-OK Fehler gemacht habe. «Verantwortung kann man dann übernehmen, wenn man weiss, was passiert ist – Stand heute weiss man das nicht. Wenn die Staatsanwaltschaft zum Schluss kommt, dass wir etwas falsch oder nicht gemacht haben. Dann übernehme ich selbstverständlich die Verantwortung dafür.»

Gab es zu wenige Streckenposten? Nein, findet Senn: «Ich glaube nicht, dass mehr Leute mehr erreichen hätten können.»

Zudem: «Es fuhren Tausende Velofahrer an dieser Stelle durch – und es gab einen einzigen Sturz – einen sehr tragischen.»