SRF: Bauern fordern Anpassung von Dok-Film über Marlen Reusser

SRF begleitet Rad-Star Marlen Reusser in ihrem härtesten Jahr. Nun sorgt der bewegende Film für Wirbel. Bauern fordern, dass eine Szene rausgeschnitten wird.

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SRF Dok - Rad-Profi Marlen Reusser zeigt den «IP-Suisse»-Stall ihrer Eltern. Dass dieser gar nicht «IP-Suisse» ist, sorgt für Diskussionen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Marlen Reusser zeigt in einer SRF-Doku den Stall auf ihrem Elternhof.
  • Das Rad-Ass findet es «eine Tragödie», wie wenig Platz Schweine haben – trotz IP-Suisse.
  • Später entschuldigt sie sich: Es handle sich nicht um einen IP-Suisse-Stall.
  • Bauern fordern nun Massnahmen von SRF – dieses prüft das Vorgehen.

Gut drei Wochen ist es her, als auf SRF 2 die Dokumentation «Über Gold, Pech und Leidenschaft – die Geschichte von Marlen Reusser» lief. Online ist der Film noch immer abrufbar. Jetzt fordern Bauern, dass Teile davon rausgeschnitten werden.

Was ist passiert?

Eigentlich befasst sich die Doku mit Reussers Seuchenjahr 2024. Corona, ein folgenschwerer Sturz, das Leiden am Post-Covid-Syndrom. Die Emmentalerin macht gerade die härteste Zeit ihres Lebens durch, verpasst Olympia, genauso die Rad-WM.

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Instagram /@marlenreusser - Marlen Reusser erklärt ihr Aus für Olympia 2024.

Für rote Bauernköpfe sorgt eine Szene abseits des Sportlichen. Bauerntochter Reusser erklärt, warum sie Vegetarierin geworden ist.

«Es ist eine Tragödie. Da waren 280 Schweine drin», sagt die Olympia-Silbergewinnerin von 2021, als sie den ehemaligen Stall ihrer Eltern zeigt. Und fügt an: «Nach IP-Haltung.»

Die Tiere hätten nur nach draussen gekonnt als kleine Ferkel oder in der Nacht, wenn es zum Schlachthof ging. «Ist das nicht sehr tragisch?»

Bei Reussers wurde nie IP-Suisse-Schweinefleisch produziert

Wieder draussen aus dem Stall, unterstreicht die ausgebildete Ärztin, dass sie ihren Eltern keine besonderen Vorwürfe mache.

«Das war sogar ein IP-zertifizierter Betrieb. Das wird dann mit Marienkäferli im Coop und Migros als tierwohles Fleisch verkauft. Das da ist die Realität – es ist einfach traurig», so die 33-Jährige.

Nun, drei Wochen nachdem die Dokumentation auf SRF – zur besten Sendezeit um 20.10 Uhr – ausgestrahlt wurde, meldet sich Reusser auf Instagram zu Wort. Und korrigiert eine Aussage.

«Unser Schweinefleisch wurde nicht unter dem Label IP-Suisse verkauft, wie irrtümlich von mir angenommen. Ich möchte mich bei IP-Suisse und den unter dem Label produzierenden Bauern für den entstandenen Rufschaden entschuldigen.»

Das Missverständnis sei zustande gekommen, weil auf dem Betrieb zwar Produkte unter IP-Suisse-Label produziert wurden. Das Schweinefleisch gehörte aber nie dazu.

Bauern fordern vom SRF: «Total falsche» Aussagen müssen weg

Trotz Reussers Entschuldigung: «Der Schaden ist angerichtet», sagt Sandra Helfenstein vom Schweizerischen Bauernverband.

Die Aussage über die Schweine sei zwar nur ein kleiner Abschnitt im Film. Aber: «In den Köpfen der Zuschauer festigt sich trotzdem das völlig falsche Bild einer miesen einheimischen Schweinehaltung.»

Umfrage

Isst du Fleisch?

Ja, viel.
44%
Ab und zu.
35%
Eher selten.
13%
Nein.
8%

Deshalb richtet sich Helfenstein ans SRF: «Es wäre gut, die Szene rauszuschneiden, im Wissen, dass die Aussage total falsch ist.» IP-Suisse-konform sei ein Stall nämlich nur, wenn Tiere Auslauf haben.

SRF prüft, ob Dok-Film korrigiert wird

Ins selbe Horn bläst Christophe Eggenschwiler, Geschäftsführer von IP-Suisse. «Wir haben Reaktionen aus der Branche und von Produzenten bekommen. Es wäre schön, wenn die falschen Aussagen herausgeschnitten würden. Umso mehr, weil sie nicht mehr der aktuellen Position von Frau Reusser entsprechen.»

Ob SRF der Forderung nachkommt? Durchaus möglich.

Umfrage

Sollte SRF die Szene im Dok-Film über Marlen Reusser rausschneiden?

Ja, das ist rufschädigend für IP-Suisse und die Bauern.
56%
Nein, Schwamm drüber.
44%

Sprecherin Andrea Auer sagt zu Nau.ch, dass man im vorliegenden Fall prüfe, ob Massnahmen ergriffen werden.

«Digitale Videoangebote, die gröbere Fehler enthalten und damit die Meinungsbildung verfälschen, korrigieren wir nachträglich, sofern dies zeitnah möglich ist, und laden diese erneut hoch.»

Anders bei kleineren Fehlern. Hier reiche es, «wenn wir im Begleittext oder in der begleitenden Inhaltsbeschreibung auf den Fehler aufmerksam machen und uns dafür entschuldigen».

Boss will Reusser echten IP-Suisse-Betrieb zeigen

IP-Suisse-Boss Eggenschwiler sagt zwar, dass Reussers Aussage zu Vorurteilen führen könne. Dennoch schätzt er, wie die ehemalige Politikerin (Grüne) nun reagiert hat.

«Die Entschuldigung hat die Sache schon teilweise beruhigt. Wir werden uns noch mit Frau Reusser in Kontakt setzen, um ihr einen aktuell aktiven IP-Suisse Betrieb zu zeigen. Aus dem Fluch kann noch ein Segen werden.»

Daniel Koch spricht Marlen Reusser unter ihrem Korrektur-Post zur Doku auf SRF Mut zu. - Instagram

Marlen Reusser, die noch immer unter Long Covid leidet, erhält unter ihrem Entschuldigungspost viele ermutigende Worte.

So auch vom ehemaligen Mr. Corona Daniel Koch. «Du bleibst eine Vorzeigesportlerin, auch wie und was du kommunizierst. Vor allem wünsche ich dir aber eine schnelle Genesung.»