Der Corona-Ländervergleich
Das Wichtigste in Kürze
- Die Corona-Krise führt rund um den Globus zum Verlust von Arbeitsplätzen.
- Vielen Eltern fällt es schwer, ihre Kinder mit dem Nötigsten zu versorgen.
- Den Kindern entgeht dringend nötige Bildung und es droht eine Spirale der Armut.
Corona hat unser Leben einschneidend verändert. Neben gesundheitlichen Sorgen plagen uns Job-Unsicherheit, Einsamkeit oder gar häusliche Gewalt. Da möchten wir bei Nachrichten darüber, wie schlimm es in anderen Teilen der Welt aussieht, am liebsten die Ohren verschliessen. Aber gerade in Zeiten, wo es einem selbst ans Eingemachte zu gehen scheint, zeigen sich echte Solidarität und wirkliche Hilfsbereitschaft.
Deswegen schauen wir auf die Regionen unserer Erde, wo es die Menschen schon vor Corona schwer hatten. Wir fragen zunächst, wie sich die Pandemie dort auswirkt. Und schauen, was konkret unternommen wird, um die Situation zu verbessern.
Immune Afrikaner?
Für den ganzen afrikanischen Kontinent sind bloss 2,2 Millionen Corona-Fälle gemeldet, das sind in etwa so viele wie Frankreich hat. Wir müssen hier wohl von einer grossen Dunkelziffer ausgehen, denn gerade in ländlichen Regionen wird gar nicht auf Sars-CoV-2 getestet. Dies wiederum, weil bewaffnete Konflikte und Krankheiten wie AIDS, Tuberkulose und Malaria die Gesundheitssysteme der afrikanischen Staaten stark belasten. Dazu haben Wetterphänomene wie Dürren und Überschwemmungen und die schlimmste Heuschreckenplage der letzten 70 Jahre dem Osten des Kontinents zugesetzt.
Dramatisch ist die Situation zum Beispiel im Norden Mosambiks, wo gut 500’000 Menschen zur Zeit vor dem islamistischen Terror fliehen. Dazu kommt, dass sich das Land immer noch vom Wirbelsturm Idai aus dem Jahr 2019 erholt. Dieser hat viele Menschen Haus und Hof gekostet, die noch heute auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Weil viele so in die Armut abgerutscht sind, leiden sie heute besonders unter den sekundären Folgen von COVID-19.
Denn obwohl die Schulen vielerorts wieder geöffnet sind, darf nicht zum Unterricht, wer keine Maske hat. Und viele können sich diese genauso wenig leisten wie Schulbücher für das Lernen zuhause. In Mosambik, wo die Hälfte der Mädchen heiraten, bevor sie 18 sind, bedeutet COVID-19 häufig das Ende ihrer beruflichen Träume. Denn neben der Schule verbinden viele junge Frauen in Mosambik mit dem Heiraten die Hoffnung, aus der Armut zu entkommen.
An der äussersten Peripherie Europas
Auf drei Millionen Einwohner kommen in der ehemaligen Sowjetrepublik Armenien 130'000 COVID-Fälle, die höchste Konzentration an Ansteckungen in ganz Europa. Wie in Afrika hat auch hier eine Mischung aus Naturkatastrophen und Konflikten die Bevölkerung in eine prekäre Lage gebracht. Zuletzt hat der Krieg mit Aserbaidschan um Bergkarabach das Land destabilisiert und rund 90'000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben. Das Land fiel so, nachdem im März der Corona-Notstand ausgerufen worden war, im September unter Kriegsrecht.
Weil das Corona-Virus vor allem für angegriffene Immun-Systeme schwerwiegende Folgen hat, sind die vielen Vertriebenen eine besonders gefährdete Gruppe. In diesem Zusammenhang ist auch die grassierende Arbeitslosigkeit ein Problem, denn Armut und Mangelernährung gehen oft Hand in Hand. Das World Food Programme berichtet, dass im letzten Monat über die Hälfte der Haushalte Geld ausliehen, um Essen zu kaufen.
Alarmierend ist, dass knapp 70 Prozent der Kinder im Alter von 6 bis 23 Monaten mit elementaren Nährstoffen unterversorgt sind. Das heisst, ihnen drohen wegen Vitamin-A-Mangel Blindheit und Probleme beim Knochenwachstum. Dazu steht Proteinmangel in direktem Zusammenhang mit einem geschwächten Immunsystem und Konzentrationsmangel. Positiv ist, dass die Schulen wieder offen sind; denn das zwischenzeitliche Online-Learning hatte Kinder ohne Internet-Zugang von der Bildung ausgeschlossen.
Lateinamerika: Welche Zukunft ohne Jobs?
Die Corona-Epidemie hat von allen Kontinenten Südamerika am heftigsten getroffen. Wegen der engen Wohn- und kritischen Hygiene-Verhältnisse breitet sich das Virus gerade in Armenvierteln wie den brasilianischen Favelas rasant aus. Das ist besonders fatal, weil es gerade hier am Nötigsten wie Schutzmasken fehlt, um die Hygiene-Massnahmen zu befolgen.
Auch hier ist es so, dass viele Leute in die Arbeitslosigkeit abdriften, weil ihre Stelle Virus-bedingt gestrichen wird. Zum Beispiel in Bolivien, wo der Strassenhandel, von dem viele Familien leben, vom Lockdown verhindert wird. Auch ökonomisch sind die Regionen Lateinamerika und Karibik die am heftigsten betroffenen der Welt. Allein in der ersten Jahreshälfte 2020 haben hier 34 Millionen Menschen ihre Arbeit verloren.
Prekär ist die Lage in Peru, wo im November in einer Woche drei verschiedene Präsidenten regierten. Rund 1,5 Millionen Menschen verloren ihre Jobs und gut 1,2 Millionen drohen in die Armut abzurutschen. Trotz eines frühen Lockdowns verbreitete sich das Virus in Peru rasant, weil ein Grossteil der Bevölkerung im informellen Sektor arbeitet. Und als Strassenarbeiter verdient es sich nur sehr schwer Geld im Home-Office.
Abstandsregeln im grössten Flüchtlingslager der Welt
Indien hat weltweit am zweitmeisten Corona-Erkrankungen zu melden, momentan sind es rund 9,5 Millionen; mehr haben nur die USA. Wie prekär die Lage vieler Menschen in Indien ist, zeigen folgende Zahlen: Ein 40-tägiger Lockdown im März liess im April darauf die Arbeitslosigkeit von gut 7 auf rekordverdächtige 26 Prozent steigen. Vor allem Tagelöhner verloren ihre Verdienstmöglichkeiten, und weil diese meist auch keine Ersparnisse haben, stehen sie vor schier unlösbaren Problemen.
Eine besondere Herausforderung ist auch das Leben in Kutupalong in Bangladesch, dem grössten Flüchtlingslager der Welt. Hier leben rund eine Million Menschen auf engstem Raum, mehr als die Hälfte davon Kinder und aus Myanmar geflüchtete Rohingya. Wie für die brasilianischen Favelas gilt, dass Abstandhalten hier nur sehr schwer möglich ist. Zudem sind viele der Flüchtlinge nur schlecht aufgeklärt über das Virus und darüber, wie es sich verbreitet.
Was kann man tun?
Corona bedroht viele Menschen an Leib und Leben. Deswegen versucht World Vision aktiv der Verbreitung des Virus entgegenzuwirken, indem sie die Bevölkerung über grundlegende Hygiene-Massnahmen aufklären. Das geschieht über Radio, Broschüren und digitale Kanäle. Dazu bringen sie Hygieneartikel wie Seife zu den Ärmsten und helfen beim Aufbau und Unterhalt von Wasser- und Abwasserinfrastrukturen.
Für die bereits Erkrankten braucht es gut ausgebildetes Gesundheitspersonal und Spitäler, dazu müssen Krankenhäuser mit geeignetem Schutzmaterial ausgerüstet sein. World Vision organisiert auch Workshops und erklärt, wie man Masken selber näht – und stellt das Material gleich zur Verfügung. Grosse Bemühungen gehen auch in die psychische Betreuung von Kindern und ihren Erziehungsberechtigten.
Weil in Zeiten der Geldknappheit das Risiko von illegaler Kinderarbeit wie Prostitution steigt, hilft World Vision auch mit Bargeld-Zuwendungen. Es ist fundamental wichtig, dass Kinder nicht in die Bildungsferne abdriften, denn Bildung ist der direkteste Weg aus der Armutsspirale. Auch deswegen werden Familien mit hochwertigem Saatgut und Schulungen auf dem Weg in die finanzielle Unabhängigkeit unterstützt.
Möchten auch Sie helfen? Hier finden Sie den Link zur Spendenseite von World Vision. Für eine Spende von CHF 52 finanzieren Sie Desinfektionsmittel für 15 Personen. Mit CHF 91 kann World Vision 2 kontaktlose Thermometer kaufen und mit CHF 253 finanzieren Sie Schutzausrüstung für medizinisches Personal.