Coronavirus: Swissmedic erlaubt Remdesivir-Einsatz vorzeitig
Das Wichtigste in Kürze
- Der US-Konzern Gilead Science bestätigt bei Nau.ch den Medikamenten-Deal mit den USA.
- Beinahe die gesamte Produktion des Corona-Hoffnungsträgers Remdesivir wurde gekauft.
- Das BAG bestätigt einen Notvorrat zu haben — aber nicht wie gross er ist.
- Per sofort erlaubt Swissmedic den Einsatz von Remdesivir ohne Zulassung.
Diese Nachricht liess aufhorchen: Die USA haben beinahe die komplette Remdesivir-Produktion der nächsten drei Monate gekauft. Das Medikament gilt als Hoffnungsträger im Kampf gegen das Coronavirus.
Unbemerkt und ohne die anderen Staaten zu informieren, hat die Trump-Regierung beim Unternehmen Gilead Science 500'000 Dosen aufgekauft. Die gesamte Produktion vom Juli und 90 Prozent der Kapazitäten von August und September sind in amerikanischer Hand.
Jetzt reagiert die Schweizerische Heilmittelbehörde Swissmedic. Sie hat in Rekordzeit entschieden, Remdesivir vorübergehend in den Verkehr zu bringen. Konkret: Schweizer Spitäler dürfen den Wirkstoff ohne Zulassung für Corona-Patienten einsetzen.
Dies ist aber noch keine fixe Zulassung, erklärt Swissmedic auf Anfrage von Nau.ch. Das Zulassungsgesuch läuft weiter, bis eine definitive Zulassung erfolgt, könnten noch Monate vergehen.
Trotzdem dürfen Spitäler das Heilmittel anwenden.
Bisher durfte Remdesivir nur im Rahmen bewilligter klinischer Versuche genutzt werden. Per sofort dürfen behandelnde Ärzte mit dem Präparat als zusätzliche Möglichkeit Covid-Patienten therapieren. Unerwünschte Wirkungen würden weiterhin engmaschig überwacht, schreibt Swissmedic in einer Mitteilung.
Droht Versorgungsengpass in der Schweiz?
Auf Nachfrage erklärt ein Sprecher, es bestehe kein Zusammenhang zum Hamsterkauf der USA. Und doch stellt der Kauf die Zulassung vor Probleme. Denn es bleibt nicht viel übrig für andere Länder.
Das Ebola-Medikament wurde von der EU erst letzte Woche freigegeben und wird in der Schweiz bereits seit April eingesetzt.
Die Nachricht überraschte auch das Bundesamt für Gesundheit, welches für den Vorrat an Coronavirus Medikamenten verantwortlich ist. Die Frage, ob die Schweiz über den Hamsterkauf informiert war, beantwortet BAG-Mediensprecher Yann Hulmann mit einem klaren «Nein».
Hulmann stellt aber klar: «Aktuell verfügt die Schweiz über einen Vorrat dieses Arzneimittels.» Wie gross dieser ist, wird auch auf Nachfrage nicht beantwortet.
«Diskussionen mit Gilead sind aktuell im Gange hinsichtlich der Sicherstellung der Versorgung der Patienten in der Schweiz», präzisiert Hulmann.
Gilead bestätigt Deal mit den USA im Kampf gegen das Coronavirus
Gilead Sciences ist ein weltweites Pharmaunternehmen, welches Remdesivir herstellt. Über den Hamsterkauf informiert ist der Schweizer Ableger Gilead Switzerland.
Gegenüber Nau.ch bestätigt Medienpartnerin Sara Käch die Zusammenarbeit mit der US-Regierung. «Angesichts des signifikanten Anstiegs der Inzidenz von COVID-19 in den USA besteht ein dringender Bedarf an Hilfe bei der Behandlung.»
Die meisten EU-Länder hingegen konnten ihre Krankheitsraten durch das Coronavirus erheblich senken, begründet Käch.
Man sei sich aber des globalen Ausmasses der Pandemie bewusst und versuche einen weltweiten Zugang zu ermöglichen. Gilead habe mit der US-Regierung vereinbart, die bis im September nicht zugeteilten Teile ausserhalb der USA verwenden zu können.
Doch sitzt damit die Schweiz bald auf dem Trockenen?
«Das BAG und Gilead haben erst diese Woche ein Spendenabkommen über eine nicht bekannt gegebene Menge Remdesivir für Schweizer Patienten unterzeichnet.» Damit sei eine gewisse Menge an Produkten für die Schweiz gesichert, so die Gilead-Sprecherin.
Doch die Behandlung hat seinen Preis. Erst gestern hat Gilead Sciences den Preis für die Remdesivir-Behandlung bekanntgegeben. Stolze 2340 US-Dollar (2212 CHF) kostet eine fünftägige Behandlung pro Patient. Der Preis für die Schweiz steht aber noch nicht fest, den muss das BAG nun verhandeln, so Swissmedic.