Preise abgesprochen, Liefergebiete koordiniert, Wettbewerb verhindert: Die Wettbewerbshüter brummen den Berner Beton- und Kiesherstellern Kästli und Alluvia eine Busse von 22 Mio. Franken auf.
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Industrie. (Symbolbild) - Nau.ch

Nach Angaben der Wettbewerbskommission (Weko) vom Donnerstag haben die Absprachen in der Stadt Bern und Umgebung über mehrere Jahre bis 2013 stattgefunden. Konkret hätten die beiden Firmen ihre Preislisten abgestimmt, sich über ihre Mengenrabatte ausgetauscht und einen gemeinsamen Kies- und Betonbatzen vorgesehen.

Den Kunden wurden bestimmte Vergünstigungen laut Weko nur dann gewährt, wenn sie sämtlichen Kies und Beton bei den Mitgliedern des Kartells bezogen. Zur Berechnung und Auszahlung der Rabatte und Vergünstigungen sollen sie eine gemeinsame Inkassostelle betrieben haben, über die sie detaillierte Mengen- und Preisinformationen austauschten.

Diese Verhaltensweisen stehen für die Weko nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr «sind sie Ausdruck eines allumfassenden Konsenses, den Wettbewerb im Raum Bern und Umgebung einzuschränken.»

Gefäss geschaffen

Die Praktiken der beiden Firmen haben ihren Ursprung in den 1970-er und 1990-er Jahren. Sie können in der Schweiz aber erst seit 2004 direkt sanktioniert werden, wie die Weko ausführte.

Als «Gefäss für mehrere Verhaltensweisen» von Kästli und Alluvia diente ab Mitte der 1970-er Jahre der Kies- und Transportverband Bern und Umgebung (KTB), wie aus dem Weko-Entscheid hervorgeht. Ende der 1990-er Jahre wurde der Verband aufgelöst und in eine gleichnamige Aktiengesellschaft überführt.

Unvollständig und falsch

Kästli und Alluvia treten der Argumentation der Weko entschieden entgegen. Verwaltungsratspräsident Daniel Kästli lässt sich mit den Worten zitieren, der Entscheid basiere auf «irritierend unvollständigen und zum Teil schlicht falschen Erhebungen». Die erhobenen Vorwürfe würden nicht stimmen. Das Ganze sei einer fairen und unabhängigen Verfahrensführung nicht würdig, so die Mitteilung weiter.

Gleich tönt es von Alluvia: Die erhobenen Vorwürfe seien haltlos und würden in aller Form zurückgewiesen. Beide Unternehmen teilten am Donnerstag mit, den Weko-Entscheid ans Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen. Falls die Busse dereinst rechtskräftig wird, fallen rund zwei Drittel auf die Alluvia Gruppe und ein Drittel auf die Kästli Gruppe.

Entscheid zur Deponiebranche

Die Weko eröffnete 2015 eine Untersuchung gegen verschiedene Unternehmen in der Kies- und Betonbranche im Kanton Bern. Im Mai desselben Jahres wurde das Verfahren auf ein weiteres Unternehmen ausgedehnt. Die Untersuchung wurde schliesslich in zwei Verfahren aufgeteilt.

Die eine Untersuchung betraf die dem KTB angeschlossenen Werke, bei der anderen geht es um Werke, die der Kies Aaretal AG (Kaga) angeschlossen sind. Zu letzteren gehört auch der grosse Baukonzern Marti.

Bei dem nun vorliegenden Entscheid zu den KTB-Werken geht es vor allem um Transportbeton. Bei der Kaga-Untersuchung stehen vermutete Wettbewerbsverstösse in Verbindung mit Kies und Deponien im Zentrum. Dieser Entscheid ist gemäss Weko gegen Ende 2019 zu erwarten.

Weite Kreise

Die mutmasslichen Wettbewerbsverstösse in der Kies- und Betonbranche haben im Kanton Bern für viel Aufregung auch auf dem politischen Parkett gesorgt. Die Tageszeitung «Der Bund» berichtete 2014 über kartellähnliche Strukturen im Geschäft mit Kiesabbau und Aushubdeponien.

Neben der Wettbewerbskommission wurde auch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Berner Kantonsparlaments tätig. Sie kam zum Schluss, dass der Kanton seine Aufgaben im Kiesabbau- und Deponiegeschäft vernachlässigt hatte.

Im Auftrag der GPK prüfte die Finanzkontrolle, ob der Kanton Bern als grosser Bauherr durch die Absprachen zu Schaden gekommen war. Der Bericht wurde unter dem Deckel gehalten. Im Sommer 2017 machte «Der Bund» Teile davon publik. Fazit: Das Kies- und Deponiewesen koste den bernischen Steuerzahler womöglich jährlich drei bis fünf Millionen Franken mehr als nötig.

Ob des Berichts und seiner Geheimhaltung gerieten sich Regierung, Parlament und GPK heftig in die Haare. Der Kantonale Kies- und Betonverband KSE erhielt immerhin teilweise Einsicht.

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