Allein sein ist nicht einsam: ein wichtiger Unterschied
Viele Menschen leiden unter Einsamkeit, während andere gerne mit sich allein sind. Diese Unterscheidung ist wichtig zum Verständnis der eigenen Lage.
Das Wichtigste in Kürze
- Zahlreiche Menschen fühlen sich während der Corona-Pandemie einsam.
- Viele Menschen sind jedoch auch glücklich, endlich mehr Zeit für sich zu haben.
- Oft spielen Erwartungen von aussen eine grosse Rolle, sich einsam zu fühlen.
Durch die Corona-Pandemie sind Kontakte derzeit nur eingeschränkt möglich. Viele wissen sich gut damit zu arrangieren, andere leiden dagegen extrem unter Einsamkeit. Hat sich diese einmal verfestigt, ist es schwer, einen Ausweg zu finden – aber nicht unmöglich.
Alleinsein wirkt ganz unterschiedlich
Alleinsein ist ein Zustand, den jeder ab und zu erlebt: bei einem Spaziergang in der Natur, abends vor dem Fernseher oder im eigenen kleinen Büro.
Viele Menschen geniessen diesen Zustand sogar. Sie sind froh, wenn sie bei einem langen Spaziergang die eigenen Gedanken klären können.
Anderen Menschen fällt es extrem schwer, auch nur kurze Zeit mit sich alleine zu sein. Vor allem extrovertierte Persönlichkeiten dürsten ständig nach Kontakt und Anerkennung von aussen.
Ist der Partner abends unterwegs, wird lieber ein Freund eingeladen, statt den Abend alleine zu verbringen. Selbst kurze stille Zeiten werden mit dem Griff zum Smartphone und Kontakten per Messenger und Social Media gefüllt.
Einsam: Alleinsein kann glücklich machen
Die moderne Gesellschaft hat das Alleinsein förmlich pathologisiert. Wer gerne Zeit mit sich alleine verbringt, wird schnell als Sonderling betrachtet.
Wer den Mut aufbringt, alleine ins Restaurant oder Kino zu gehen, kann sich mitleidiger Blicke sicher sein. Meist steckt dahinter der Gedanke, dass die Person wohl freundlos und merkwürdig sein muss.
Dabei gibt es viele Menschen, die einfach nicht ständig Gesellschaft brauchen und die nicht auf andere angewiesen sind. Sie gehen ganz bewusst gerne alleine ins Kino oder Theater.
Dann müssen sie sich keine Sorgen machen, dass der Begleitung das Stück nicht gefällt. Immer mehr Menschen verreisen sogar alleine, damit sie das Programm nach ihren Wünschen gestalten können.
Die Grenze zur Einsamkeit
Wer gerne alleine ist, sollte sich nicht von anderen einreden lassen, dass daran etwas falsch ist. Wichtig ist jedoch, auf das innere Gefühl zu hören.
Macht der Kinobesuch alleine Freude, sollte niemand etwas daran ändern. Anders ist es, wenn der Besuch mit Traurigkeit und neidischen Blicken auf Paare und Gruppen verbunden ist.
Einsamkeit nagt wie ein permanenter Schmerz am Inneren. Oft verwandelt er sich sogar in Groll oder Wut: Warum sind die anderen in einer Gruppe glücklich, während ich alleine bin? In diesem Fall ist es sinnvoll, aktiv zu werden und etwas gegen die Einsamkeit zu unternehmen.
Kontakte mit Gleichgesinnten können helfen
Die meisten Freundschaften festigen sich zur Schulzeit und im Studium. Dieser Phase folgt dann in der Regel die feste Partnerschaft und oft Nachwuchs.
Das Leben verkleinert sich auf diese Einheit und darüber hinaus wird nur noch Kontakt mit einigen alten Freunden gepflegt. Für Erwachsene, die sich einsam fühlen, ist es darum schwierig, neue Freundschaften zu schliessen.
Am besten ist es, Kontakt zu Gleichgesinnten zu knüpfen. Über das Internet ist es heute problemlos möglich, beispielsweise andere Schachspieler oder Hundefreunde zu finden.
Cinéasten tauschen sich über Filme aus und verabreden sich vielleicht mal zum gemeinsamen Kinobesuch. Kunstliebhaber diskutieren Werke und treffen sich zu einer neuen Ausstellung.
Gutes Tun verbindet
Ein ehrenamtliches Engagement kann ein weiterer Weg aus der Einsamkeit sein. In jedem Ort gibt es Menschen, die andere unterstützen. Sei es bei der Ausgabe von Lebensmitteln bei der Tafel, im Jugendbereich oder beim Ausführen der Hunde im Tierheim.
Sportvereine, die häufig als Weg aus der Einsamkeit empfohlen werden, sind ein zweischneidiges Schwert. Oft sind sie von langjährigen Vereinsmitgliedern und verkrusteten Strukturen geprägt. Sind die anderen Sportler dann noch als Paare dort, ist es sehr schwer in diesen Kreis aufgenommen zu werden.
Mit Glück finden sich jedoch noch andere offene Singles, die an Freundschaften interessiert sind. Einen Versuch ist es wert.
Ein Therapeut kann der erste Schritt sein
Wer immer wieder von anderen Menschen enttäuscht wurde, neigt dazu, sich verbittert zurückzuziehen. Der Weg aus der Einsamkeit ist dann noch schwerer.
In diesen Fällen kann es hilfreich sein, therapeutische Hilfe zu suchen. Der Psychotherapeut ist nicht nur ein erster neuer Kontakt, der zuhört.
Er kann auch helfen, das eigene Verhalten zu analysieren. Möglicherweise gibt es Verhaltensweisen, die andere Personen abschrecken. So sind viele Menschen durch Erlebnisse in der Vergangenheit traumatisiert. Sie glauben, sie verdienen es nicht gemocht zu werden.
Aus Angst vor Zurückweisung sabotieren sie sich mit unfreundlichem Verhalten selbst. Ein solches Muster kann erkannt und durchbrochen werden. Dann steht neuen Kontakten nichts im Weg.