Herzinfarkt: So anders zeigt er sich bei Männern und Frauen
Er greift sich panisch an die Brust – sie klagt über Rückenschmerzen oder ist extrem müde. Unterschiedliche Krankheiten? Nein, nur andere Symptome.
Das Wichtigste in Kürze
- Lange galt der männliche Körper als Standard in der Gesundheitsforschung.
- Die Folge: Frauen laufen Gefahr, falsch diagnostiziert und behandelt zu werden.
- Beispiel Herzinfarkt: Bei Männern schmerzt die Brust, bei Frauen auch der Kiefer.
Dass sich Frauen und Männer unterscheiden, ist nichts Neues. Wussten Sie aber auch, dass ein Herzinfarkt bei Frauen andere Symptome zeigt als bei Männern? Und auch anders verläuft?
Die Medizin hat sich lange Zeit einfach auf den männlichen Körper als «Standard» für Gesundheitsforschung konzentriert. Historische, kulturelle und soziale Kräfte sorgten dafür, dass Frauen selten bis nie am wissenschaftlichen Prozess teilnahmen: als Forschende wie als Versuchssubjekte.
Der männliche Körper galt als «normal» und repräsentativ für die ganze Bevölkerung. Wo eine Diagnose nicht mit weiblichen Körpern übereinstimmte, zog man in den seltensten Fällen Frauen zur Überprüfung der Sachlage hinzu.
Und noch seltener stellte man die Diagnose selbst infrage. Man schlussfolgerte einfach: Der weibliche Körper ist irgendwie «krankhaft». Punkt.
Erst in den letzten zwanzig Jahren zeigt die geschlechtsspezifische Forschung oder Frauengesundheitsforschung, dass es mehr als eine Krankheit gibt, bei der weibliche Körper aufgrund ihrer physiologischen, anatomischen und anderen Besonderheiten anders reagieren, als man das bisher unter Bezug auf männliche Körper angenommen hatte.
Dazu zählen neben Krebs, psychischen Störungen und Autoimmunerkrankungen auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
Wenn Kieferschmerzen nicht für Zahnprobleme stehen
Ein Herzinfarkt äussert sich bei einer Frau also anders bei einem Mann. Um ihn zu diagnostizieren, muss man die Symptome bei der Frau erkennen können.
Während Männer typischerweise Brustschmerzen verspüren, können Frauen eher Symptome wie Kurzatmigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Rückenschmerzen oder extreme Müdigkeit empfinden. Auch der Kiefer kann in diesem Zusammenhang weh tun.
Frauen haben tendenziell einen späteren Herzinfarkt als Männer. Der Grund: das weibliche Sexualhormon Östrogen. Es spielt eine Rolle bei der Regulation des Menstruationszyklus und der Fortpflanzung – aber eben nicht nur. Auch im Herz-Kreislauf-System wirken sie mit – und schützen in gewissem Masse sogar vor Herzinfarkten.
Auch Risikofaktoren für Herzinfarkte können bei Frauen andere als bei Männern sein. Frauen mit Diabetes zum Beispiel haben ein höheres Risiko für einen Herzinfarkt als Männer mit Diabetes. Auch Rauchen, Bluthochdruck und hohe Cholesterinwerte können bei Frauen stärkere Auswirkungen auf das Herzinfarktrisiko haben.
Das Problem: Wo die Symptome von Herzinfarkten bei Frauen nicht erkannt sind, steigt das das Risiko einer Fehldiagnose oder einer unangemessenen Behandlung.
Erkundigen Sie sich also bei Interesse bei nächster Gelegenheit mal bei Ihrem Arzt nach seiner Informationslage zum Thema. So tragen Sie dazu bei, dass geschlechtergerechte Forschung für alle Menschen – einschliesslich LGTBQ+-Gruppen – zu besserer Gesundheit und einem besseren Leben führen kann.