Myanmar und Laos: Thailands attraktive Nachbarn
Thailand ist das Top-Tourismusziel in Südostasien. Wer den Touristenmassen (vorerst noch) entgehen will, reist stattdessen nach Myanmar, dem früheren Burma, oder nach Laos.
Das Wichtigste in Kürze
- In Myanmar und Laos kann man den Touristenmassen momentan noch entgehen.
- Beide Länder sind atemberaubend und haben vielerorts noch ihre Unschuld bewahrt.
Wir sind von Bangkok nach Nordthailand geflogen und mit dem Bus nach Pakse im Süden von Laos eingereist. Das Visum gibt es problemlos in der Grenzstation. Schon am ersten Tag wird uns bewusst: Laos ist ein sehr armes Land und touristisch noch wenig erschlossen Doch man findet erstaunliche Oasen des Luxus und der Entspannung, etwa das Suan Sinouk Coffee Resort, eine Lodge 80 km von Pakse entfernt, mitten im üppigen französischen Park einer Kaffeeplantage.
Vom Süden fliegen wir in die Unesco-Weltkulturerbestadt Luang Prabang. Hier hat der Tourismus schon Fuss gefasst: In den Tempeln, im ehemaligen Königspalast und auf dem Nachtmarkt herrscht Gedränge; die malerische Altstadt besteht fast nur noch aus Restaurants, Touristenläden und Gästehäusern. In Luang Prabang kann man erahnen, was dem Land blühen könnte: die Thailandisierung. Tatsächlich hat der Tourismus sehr stark zugenommen, wie Stephan Roemer bestätigt, der Inhaber des auf Asien spezialisierten Reiseanbieters Tourasia in Wallisellen ZH. 2010 reisten 1.67 Millionen Menschen ein; 2016 waren es bereits 3.32 Millionen, also doppelt so viel, Tendenz zunehmend.
Touristen als Sensation
Im Vergleich zu Thailand (32.5 Millionen Urlauber 2016) sind das allerdings noch immer wenige, und Laos hat vielerorts noch seine Unschuld bewahrt. So sind wir als langnasige Touristen im Dorf Ban Nong Kham am Fluss Nam Ou eine Sensation. Mädchen mit Babys in den Armen scharen sich um uns; ältere Männer und Frauen verkaufen seidene Schals, die hier von Hand gewebt werden.
In Luang Prabang hingegen gibt es alles, was der verwöhnte Tourist erwartet. Sogar ein Restaurant mit Schweizer Spezialitäten und dem unschweizerischen Namen Blue Lagoon fehlt nicht. Eine Speisung anderer Art beobachtet man am frühen Morgen: Dutzende orange gekleideter, kahl geschorener Mönche defilieren an Gläubigen vorbei, die, auf Bastmatten kniend oder hockend, jedem Mönch eine kleine Portion Reis, Früchte oder Biskuits in den mitgebrachten Blechnapf geben.
Wieder ganz beschaulich geht es auf einer Bootsfahrt auf dem Nam Ou zu. Wir sind von Luang Prabang 140 km nach Norden gefahren und haben in Nong Khiao ein langes, altmodisches hölzernes Motorboot bestiegen, mit dem wir nun während zweier Tage gemütlich den Fluss hinuntertuckern. Etwas Entspannenderes als eine Flussfahrt ohne Handygeklingel, SMS, Mails und WhatsApp ist schwerlich vorstellbar.
Myanmar entdecken
Die Situation in Myanmar oder Burma ist ganz anders als jene in Laos: «Wegen der Rohingya-Krise ist der Tourismus eingebrochen», sagt Stephan Roemer: «Nicht die asiatischen, aber die westlichen Touristen bleiben weg.» In nackten Zahlen ausgedrückt: Zuerst verzeichnete das Land einen eigentlichen Boom: 2010 zählte man 792‘000 Touristen; 2015 bereits 4.7 Millionen. Dann brachen die Zahlen ein: 2016 kamen nur noch 2.9 Millionen. Und nach einer leichten Erholung ist die Zahl der Reisenden laut Roemer «seit Herbst 2017 wieder um etwa ein Drittel zurückgegangen». Myanmar sei etwas in die Rolle des Sündenbocks geraten, sagt Reiseunternehmer Roemer. Denn die sunnitischen Rohingyas, eigentlich Bengalen aus dem benachbarten Armenhaus Bangladesh, stiessen in vielen asiatischen Ländern auf Widerstand, auch in Malaysia, wo dieselbe Religion vorherrschend ist.
Allerdings betonen Vertreter des Landes bei jeder Gelegenheit, dass Reisen in den meisten Gebieten Myanmars sicher sei. Das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern gibt keine generelle Empfehlung heraus, geht aber auf seiner Homepage sehr detailliert auf die einzelnen Regionen ein.
Tatsache ist, dass Myanmar ein sehr attraktives Reiseland ist, das schon in Yangon (oder Rangun), der ehemaligen Hauptstadt, mit einem ersten Höhepunkt auftrumpft: der Shwedagon-Pagode, auch «Goldene Pagode» genannt. Das 107 Meter hohe Heiligtum ist mit 60 Tonnen Gold überzogen und ungezählten Edelsteinen verziert. Jede Burmesin und jeder Burmese hat den Wunsch, die Pagode mindestens einmal im Leben zu besuchen. Wer hier betet und Geld spendet, verbessert sein Karma.
Abstecher in die Vergangenheit
Spannend ist dann eine Reise in den bergigen Norden des Landes. Der Aufenthalt in Myitkyina, der Hauptstadt des Teilstaates Kachin, ist ein Abstecher in die Vergangenheit: In der Stadt gibt es kaum touristische Infrastruktur; unser Hotel und die Restaurants sind sehr einfach. Kachin ist mehr als doppelt so gross wie die Schweiz und hat etwa 1,4 Millionen Einwohner, ist also sehr dünn besiedelt. Nach der Unabhängigkeit Burmas waren in Kachin Aufständische aktiv, weshalb die Gegend lang gesperrt war. (Auch heute noch warnt das EDA: «In der Provinz Kachin kommt es immer wieder zu teilweise heftigen Gefechten zwischen der Armee und bewaffneten Rebellengruppen, vor allem im Grenzgebiet zu China.»)
Wenn in Kachin Tourismus auf sehr einfacher Basis betrieben wird, erwartet uns danach, nach einer ganztägigen Fahrt von Myitkyina durch eine grandiose Landschaft südwärts nach Bhamo, der pure Genuss: Auf einem historischen Flussschiff legen wir die Strecke Bhamo–Mandalay zurück und lassen uns verwöhnen. Unterwegs besuchen wir Tagaung, eine von vielen früheren Hauptstädten Burmas, die schon vom griechischen Wissenschaftler Ptolemäus um 140 n. Chr. beschrieben und vermutlich auch von Marco Polo besucht wurde.
Mandalay ist vielleicht die bekannteste Stadt Burmas – unter anderem wegen des Songs «Road to Mandalay» von Robbie Williams. Dabei wurde Mandalay erst Mitte des 19. Jahrhunderts als letzte Hauptstadt des birmanischen Königreichs gegründet und löste Amarapura – eines unsere Ausflugsziele von Mandalay aus – als politisches Zentrum ab. Ende 1885 eroberten britische Truppen die Stadt und plünderten den Königspalast.
Die magische Anziehungskraft von Bagan
Von Mandalay erreichen wir mit einem kurzen Flug Heho, Ausgangspunkt für den Inle-See und seine Umgebung – für viele die schönste Landschaft Burmas. Am Inle-See leben die Intha, die «Söhne des Sees», die eine ganz eigene Kultur entwickelt haben. Sie rudern stehend, indem sie ein Bein um das Ruder schlingen, da bleiben die Hände frei zum Auswerfen der Netze. Sie leben auf dem See, am See, vom See, ihre Häuser sind auf Stelzen gebaut. Das Leben plätschert beschaulich dahin, und die Intha lassen sich auch von den Touristen nicht aus der Ruhe bringen, die in motorisierten Langbooten übers Wasser flitzen. Allein rund um den Inle-See könnte man sich ohne weiteres zwei Wochen die Zeit vertreiben. Zum Beispiel beim Trekking, bei Velotouren oder Bootsausflügen zum Markt, der im 5-Tage-Rhythmus in Dörfern rund um den See rotiert.
Myanmar gilt als spirituellstes Land Südostasiens, und so finden sich Klöster und Pagoden an jeder Ecke: berühmte, wie die monumentalen Ruinen Bagans, oder winzige Stupas am Wegrand. Dass nach dem Inle-See Bagan auf dem Programm steht, ist fast obligatorisch. Auf 36 Quadratkilometern wären hier mehrere Tausend Ruinen zu besichtigen, wenn man ein paar Monate oder Jahre Zeit hätte. Bagan ist eine der grössten archäologischen Stätten Südostasiens – und momentan noch weniger überlaufen als etwa die Tempelanlagen von Angkor bei Siem Reap in Kambodscha. In Bagan finden sich auch Wandmalereien aus dem 11. bis 13. Jhdt., die dank trockenem Klima zum Teil hervorragend erhalten sind.
Bagan übt eine magische Anziehungskraft aus. Wem es nicht genügt, diese vom Boden aus auf sich einwirken zu lassen, kann am frühen Morgen bei einer Ballonfahrt im Sonnenaufgang die Faszination dieser Stätte auch aus der Vogelperspektive erleben.