Schnecken: Unterschätzte Tiere mit einem ungewöhnlichen Sexualleben
Schnecken sind Schädlinge? Weit gefehlt! Die nützlichen Weichtiere kriechen schon seit Millionen Jahren über unseren Erdboden und haben eine wichtige Funktion.
Das Wichtigste in Kürze
- Schnecken erfüllen eine wichtige Funktion im Kreislauf der Natur.
- Einige Schneckenarten sind Zwitter oder wechseln während ihres Lebens das Geschlecht.
- Von 100´000 Schneckenarten weltweit sind 90 Prozent mit Häuschen ausgestattet.
Schnecken (Gastropoda) bevölkern alle Regionen der Erde, in denen es flüssiges Wasser gibt. Sie sind für uns alltägliche Tierchen – und oft nervig, wenn sie mal wieder den Salat im Garten vernichtet haben.
Schnecken werden deshalb oft ignoriert und unterschätzt. Dabei haben sie einige überraschende Eigenschaften.
Paarungskünstler mit ungewöhnlichem Sexleben
Viele Schneckenarten sind zwittrig. Somit besitzt ein Tier sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsorgane. Ihr Akt wird von einem langen Vorspiel begleitet.
Selbst können sie sich allerdings nicht befruchten.
Die Südostasiatische Prachtsternschnecke ist in der Lage, sich innerhalb von 24 Stunden einen Penis wachsen zu lassen. Diesen wirft sie kurzerhand nach der Paarung wieder ab.
Die Nachkommen der meisten Schneckentiere entwickeln sich dann aus einem Ei, welches gut versteckt wird.
Gefährliche und faszinierende Schneckenarten
Die Schleimtiere sind keinesfalls nur langsam und harmlos. Ob mit oder ohne Häuschen, es gibt auch giftige Arten.
Giftig und auch für den Menschen tödlich sind viele fleischfressende Kegelschneckenarten (Conidae). Die meisten von ihnen halten sich in tropischen Meeren auf und ködern mit einer Art Harpune kleine Fische.
Durchsichtig und ohne Augen präsentiert sich die «Zospeum tholussum». Sie wurde kürzlich in einer kroatischen Höhle entdeckt.
Forscher aus Japan von der Nara Women’s University beobachtete ein befremdendes Verhalten der Schlundsackschnecke. Diese trennte ihren eigenen Kopf ab und liess Gehäuse und Körper zurück.
Ein Rätsel für die Wissenschaft, wie sich sämtliche Organe und Herz neu bilden konnten
Kaffee wirkt wie Nervengift
Jeder Gärtner kann ein Lied über die Gefrässigkeit der Schnecken singen, besonders wenn sie mal wieder den Salat vernichten haben. In diesem Fall greifen viele zu giftigen Chemikalien.
Aber es gibt auch natürliche Mittel, zum Beispiel Kaffee. Die gebrühten, kalten Kaffeereste müssen grosszügig um die Pflänzchen angebracht werden.
Bei Schnecken wirkt Kaffee wie ein Nervengift. Sie meiden ihn.
Versuchen Sie es hingegen nicht mit Bier. Das Getränk zieht nur noch zusätzlich die schleimigen Plagegeister aus dem Nachbargarten an.
Auch Glasscherben oder scharfe Kanten helfen wenig. Die Natur hat die Weichtiere hervorragend mit einer schützenden Schleimschicht ausgerüstet.
Wichtiges Element im Kreislauf der Natur
Schnecken fressen Unmengen Laub, Pilze und verrottende Ästchen. Sie selbst dienen vielen anderen Arten als Lebensgrundlage.
Vögel fressen gerne die schleimigen Eiweisssnacks, die immerhin aus circa 25 Prozent Protein bestehen. Die kalkhaltigen Schneckenhäuser sind besonders bei Jungvögeln beliebt.
Wildbienen wie Schneckenhaus-Mauerbienen, Hummeln und Käfer ziehen ihre Brut in schützenden, leeren Schneckenhäusern auf.
Der Einsiedlerkrebs des Ozeans nutzt ein verlassenes Schneckenhaus als Heim.
Während des Larvenstadiums ist das Glühwürmchen auf die schleimigen Tiere angewiesen. Sie sind seine einzige Kost.
Nicht nur andere Tiere benötigen Schneckenarten zum Überleben. Walderdbeeren oder Moschuskraut profitieren von Schnecken. Diese verbreiten den gefressenen Samen.
Nützliches Schneckenhaus
Bei Gefahr ziehen sich die meisten Gehäuseschnecken ziemlich schnell in ihr asymmetrisch spiraliges Häuschen zurück.
Einige Arten denken aber gar nicht daran, sondern schwingen ihre Häuschen wie eine Keule und vertreiben somit angreifende Käfer.
Gewöhnlich ist das Schneckenhaus aber zum Schutz da. So verkriechen sich die Weichtiere darin in den Wintermonaten oder während des Sommers bei Dürrezeiten.
Strandschnecken verstecken sich bei Ebbe im Häuschen. Ein praktischer Schalendeckel verschliesst das Innere und schützt vor Austrocknung.
Das Schneckenhaus selbst besteht zum grössten Teil aus stabilem Kalk. Diesen nehmen die Tiere zum einen aus der Nahrung auf, können diesen aber auch aus dem Sohlenschleim vom Boden aufziehen.
Übrigens heilen kleine Verletzungen und Sprünge am Häuschen von alleine wieder aus.