New York hat mit der Corona-Krise zu kämpfen. Die Touristen bleiben aus und die Einheimischen, die «geflüchtet» sind, haben Gefallen an neuen Orten gefunden.
New York
Das UN-Hauptgebäude gleicht während der Corona-Pandemie einem Geisterhaus. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Wegen Corona verliessen viele Einwohner der Krisen-Metropole New York ihre Stadt.
  • Ob sich New York jemals wieder vollumfänglich erholen kann, bleibt fragwürdig.
  • Jetzt locken Vermieter mit kostenlosen Monaten.
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Hausbesitzer locken mit mietfreien Monaten, Bürotürme und frühere Touristenmagneten sind verwaist. Hunderttausende haben das sonst so pulsierende New York wegen der Corona-Krise verlassen. Momentaufnahme oder Vorbote eines Umbruchs?

Als Laila Said ihre Wohnung in New York Mitte März verliess, hatte sie nur einen Koffer bei sich. «Ich dachte, ich bin eine Woche weg oder so», erzählt sie. Die Angestellte eines Reise-Unternehmens musste wegen der Corona-Pandemie ins Homeoffice wechseln.

Das kleine Zimmer in ihrer WG in Brooklyn kam dafür kaum in Frage. Sie zog in den gut organisierten Haushalt ihrer Mutter in Südkalifornien. So verliess Said die Krisen-Metropole – ohne zu ahnen, dass sie nicht mehr wiederkommen würde.

An jeder Strassenecke ein Umzugswagen

Die Geschichte der 31-Jährigen hat sich in den vergangenen Monaten so oder ähnlich Hunderttausende Male wiederholt. Zunächst flohen die Wohlhabenden in Scharen in ihre Sommerhäuser. Dann gingen diejenigen, die ihre Jobs entweder verloren oder aber ihr virtuelles Büro wie Said an anderen Orten aufschlugen. Zeitweise stand gefühlt an jeder Strassenecke ein Umzugswagen.

Wenn man dieser Tage durch Manhattan geht, ist es auffallend leblos im Zentrum des westlichen Kapitalismus. In Midtown und Downtown stehen die Bürotürme auf Standby. Ohne die Touristen ist New York in diesen Tage so leer wie vermutlich seit Jahrzehnten nicht.

New Yorker Exodus
Eine Frau und ein Mann, die zum Schutz vor der Verbreitung des Coronavirus Mundschutze tragen, stehen Ende Juni auf dem Times Square. New Yorker Hausbesitzer locken mit mietfreien Monaten, Bürotürme und frühere Touristenmagneten sind verwaist. Hunderttausende haben das sonst so pulsierende New York wegen der Corona-Krise verlassen. - dpa

Auch im Fall von Laila Said wurde klar, dass ihr Büro in New York erst einmal geschlossen bleiben würde. Ihre Mitbewohnerin räumte deshalb ihr Zimmer für sie leer. Sie verkaufte die Möbel, packte Kleidung und Dokumente. In mehreren Koffern wurden diese mit der Post vom Atlantik an den Pazifik geschickt.

Zurückkommen ist keine Option

Zurückkommen ist für Said keine Option: «Das würde bedeuten, dass ich mich erneut auf einen Mietvertrag oder eine Miete festlegen müsste. Und es besteht eine grosse Unsicherheit darüber, was die Zukunft für alle beruflich und damit finanziell bereithält.»

Der amerikanische Turbo-Kapitalismus wurde vom Coronavirus beispiellos ausgebremst. Im Bundesstaat New York gingen im Juni verglichen mit dem Vorjahresmonat rund 1,4 Millionen Jobs verloren. Die Arbeitslosenquote in New York City stieg von 3,9 auf sagenhafte 20,4 Prozent. Die Sorge ist gross, dass sich die Wirtschaft eben nicht im Rekordtempo erholt.

Viele der bisher verlorengegangenen Jobs liegen in der Service-Branche und in kleinen Betrieben. Ein grosser Teil von denen dürfte die Krise nicht überstehen.

Kostenlose Monate für die Mieter

Doch die massiven Auswirkungen zeigen sich auch in den Geschäftsvierteln Manhattans. Die Spitzenpreise dort brauchen Spitzenverdiener. Viele Manhattaner stecken die Hälfte ihres Gehalts in ihre Wohnung – bei Zwei-Zimmer-Wohnungen sind das schon mal 5000 Dollar.

Im Juni war die Zahl der leerstehenden Wohnungen so hoch wie seit 14 Jahren nicht. Zu dieser Erkenntnis kamen Analysten der Immobilienfirma Douglas Elliman. Nun sinken die Preise und Vermieter locken mit kostenlosen Monaten.

Wohnung
Im Juni war die Zahl der leerstehenden Wohnungen in Manhattan so hoch wie seit 14 Jahren nicht (Symbolbild) - Pixabay

Eine Studie der Organisation «Partnership for New York» legt nahe: «Viele Büroangestellte haben keinen Grund dazu, sich in der Stadt aufzuhalten». Es gebe Hinweise, dass «etwa 40 Prozent der Beschäftigten zum Ende des Jahres in Büros in Manhattan zurückkommen werden».

Durch dezentrales Arbeiten Kosten sparen

Einige Arbeitgeber scheinen gerade zu merken, wie gut und kostensparend dezentrales Arbeiten funktionieren kann. Ein Architekt hat sein Büro im schicken Brooklyner Viertel Dumbo für immer dicht gemacht. Einer seiner Mitarbeiter sagt, die Agentur sei produktiver als je zuvor.

Auch das Hochhaus der Vereinten Nationen am East River ist seit Monaten fast komplett verwaist. Viele der Mitarbeiter sind in ihre Heimatländer geflogen. Die Arbeit der Weltorganisation läuft trotzdem «auf Hochtouren», wie ein Sprecher sagt. Die UN scheinen keine Eile damit zu haben, ihren Gebäudekomplex wieder mit Leben zu füllen.

Homeoffice kann auch in Amerika funktionieren

«Ich persönlich liebe es, aus der Ferne zu arbeiten», sagt auch Laila Said. Ihr Team habe deutlich kreativer gearbeitet als im normalen Arbeitsalltag. Es wurde bewiesen, dass das bei amerikanischen Arbeitgebern sonst so ungeliebte Homeoffice funktionieren kann.

«Ich glaube, die Ansicht hat sich auf beiden Seiten verändert», glaubt Said, die während Corona neue Freiheiten gefunden hat. Vor wenigen Tagen hat ihr Arbeitgeber sein New Yorker Büro wieder geöffnet, kommen muss nur, wer will. Said aber plant nicht, zurückzukommen: «Ich finde eher eine Stadt, die besser zu meinem Lifestyle passt». In Los Angeles etwa könne sie sich für ihr Gehalt deutlich mehr leisten.

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