Jens Söring wartet in den USA weiter auf Abschiebung nach Deutschland
Nach drei Jahrzehnten in US-Haft wartet der wegen eines Doppelmordes verurteilte Jens Söring weiter auf seine Abschiebung nach Deutschland.
Das Wichtigste in Kürze
- 53-Jähriger sass wegen Doppelmordes drei Jahrzehnte in US-Haft.
Ein Termin für die Auslieferung stand am Donnerstag noch nicht fest, wie ein Sprecher von Sörings Bonner Anwälten auf Anfrage von AFP mitteilte. Der 53-Jährige befinde sich offenbar weiter in Abschiebehaft in Farmville im Bundesstaat Virginia.
Sörings Entlassung aus dem Gefängnis hatte in den USA und in Deutschland für Schlagzeilen gesorgt. Der Sohn eines deutschen Diplomaten hatte fast 30 Jahre lang in den USA im Gefängnis gesessen. Der damals 18-jährige Student soll 1985 in Bedford County in Virginia die Eltern seiner damaligen Freundin Elizabeth Haysom erstochen haben. Söring, der ein Geständnis widerrief und bis heute seine Unschuld beteuert, wurde 1990 zu zwei Mal lebenslänglich verurteilt.
Am Montag entschied das für Begnadigungen in Virginia zuständige Gremium dann, Söring aus dem Gefängnis zu entlassen, nach Deutschland abzuschieben und mit einer Wiedereinreisesperre zu belegen. Er wurde am folgenden Tag vom Buckingham-Gefängnis in Virginia an die Einwanderungsbehörde ICE übergeben, die für Abschiebungen zuständig ist.
Die brutale Ermordung von Derek und Nancy Haysom in ihrem Haus in Virginia hatte 1985 für Entsetzen gesorgt. Der Verdacht fiel nach einiger Zeit auf Söring und dessen damalige Freundin Elizabeth Haysom, die Tochter der Mordopfer. Das junge Paar flüchtete aus den USA, wurde später aber in Grossbritannien festgenommen, 1990 wurde Söring schliesslich an die USA ausgeliefert.
Söring hatte die Morde zunächst gestanden, dies aber später widerrufen und Elizabeth der Tat beschuldigt. Er erklärte, das Geständnis nur abgelegt zu haben, um seine Freundin vor der Todesstrafe zu bewahren. Er sei fälschlicherweise davon ausgegangen, als Sohn eines deutschen Diplomaten selbst diplomatische Immunität zu geniessen.
Elizabeth Haysom bekannte sich nach der Tat lediglich der Beihilfe zu den Morden schuldig und wurde zu 90 Jahren Gefängnis verurteilt. Die gebürtige Kanadierin soll nun ebenfalls abgeschoben werden.
Söring versuchte jahrzehntelang, seine Unschuld zu beweisen, und bekam dabei auch Unterstützung von früheren Ermittlern und bekannten Persönlichkeiten. Unter anderem befasste sich der langjährige Sheriff von Albemarle County, Chip Harding, auf Bitten von Sörings Anwalt ehrenamtlich mit dem Fall.
Er und sein Team stiessen auf eine Reihe von Fehlern und Ungereimtheiten im Beweisverfahren - darunter vor allem, dass am Tatort jede Spur von Sörings DNA fehlt, wie Harding «Bild»-Online vom Donnerstag berichtete. Auch dort gefundene Blutspuren stammten nicht von Söring, bekräftigte der 68-jährige Ermittler. Der Anklage aber sei es nicht um Wahrheit und Gerechtigkeit gegangen, sagte Harding der «Bild»-Zeitung: «Die wollten eine Verurteilung um jeden Preis».
Das für Begnadigungen zuständige Gremium in Virginia erklärte hingegen am Montag laut Medienberichten, die Unschuldsbeteuerungen hätten einer genauen Untersuchung nicht standgehalten.
Die Freilassung erfolge wegen des jungen Alters des Paares zum Tatzeitpunkt, der guten Führung im Gefängnis und der langen bereits abgesessenen Haftstrafe. Eine umfassende Begnadigung lehnte der Gouverneur von Virginia, Ralph Northam, ab.
Söring wird nun nach Deutschland zurückkehren. «Aus der Haft heraus hat Jens Söring den Kontakt nach Deutschland nie abreissen lassen», erklärten die Bonner Anwälte Christian Mensching und Andreas Frieser. «Er plant, nach seiner Rückkehr seine schriftstellerische Tätigkeit fortzusetzen.» Söring hat in Haft mehrere Bücher über seinen Fall und einen Roman geschrieben.
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes befinden sich derzeit 163 deutsche Staatsangehörige in den USA in Haft.