Fall Breonna Taylor: Polizisten bei Protesten angeschossen
Der Tod der Afroamerikanerin Breonna Taylor durch Schüsse der Polizei in ihrem eigenen Zuhause hat Amerika aufgewühlt. Eine umstrittene Entscheidung der Behörden in dem Fall löst Empörung und Protest in mehreren Städten aus. In Louisville fallen Schüsse.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine umstrittene Justizentscheidung ein halbes Jahr nach dem Tod der Afroamerikanerin Breonna Taylor bei einem Polizeieinsatz in Louisville facht in den USA Proteste gegen Rassismus an.
In der Stadt im Bundesstaat Kentucky wurden dabei zwei Polizisten angeschossen, wie der amtierende Polizeichef Robert Schroeder am Mittwochabend (Ortszeit) erklärte. Demonstrationen gab es laut Medienberichten auch in New York, Washington, Chicago, Atlanta, Philadelphia und Las Vegas.
Kentuckys Justizminister Daniel Cameron hatte verkündet, dass keiner der am Einsatz beteiligten Polizisten direkt wegen des Todes der 26-jährigen Rettungssanitäterin im März angeklagt werde. Gegen einen der Beamten wird zwar Anklage erhoben, allerdings deswegen, weil er andere Bewohner in dem Mehrfamilienhaus gefährdet haben soll. Die beiden anderen hätten sich dagegen selbst verteidigt.
Die Stadt Louisville hatte sich vergangene Woche in einem Zivilverfahren mit Taylors Familie auf eine ungewöhnlich hohe Vergleichszahlung von zwölf Millionen Dollar geeinigt. Zugleich stellte sie Reformen bei der Polizei in Aussicht.
Lonita Baker, eine Anwältin der Familie Taylor, kritisierte die Entscheidung vom Mittwoch als «beleidigend und ungeheuerlich». Polizisten könnten sich nicht verteidigen, indem sie unbeteiligte Menschen gefährdeten. «Breonna Taylor war unbewaffnet, eine unschuldige Person, auf die in dieser Nacht nicht hätte geschossen werden dürfen.» Allerdings hatte Taylors Freund, der bei ihr war, laut Polizei als Erster geschossen und einen Beamten verletzt.
Wegen des Todes von Taylor gibt es in Louisville seit Ende Mai Demonstrationen. Mittwoch war laut lokalen Medienangaben der 119. Tag in Folge. Der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota hatte landesweit Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst, bei denen auch Gerechtigkeit für Breonna Taylor gefordert wurde.
Trotz einer für die Abend- und Nachtstunden verhängte Ausgangssperre waren Demonstranten am Mittwoch durch die Strassen gezogen. Bei Zusammenstössen mit der Polizei fielen Schüsse. Laut Polizei wurden 127 Menschen bei den Protesten festgenommen. Darunter seien zwei Journalisten, berichteten lokale Medien.
Polizeichef Schroeder erklärte am Donnerstag, die beiden angeschossenen Polizisten würden sich von ihren Verletzungen erholen. Einer von ihnen habe das Krankenhaus bereits verlassen. Sein Kollege habe wegen Bauchverletzungen operiert werden müssen. Einem festgenommenen Verdächtigen wird Schroeders Angaben zufolge vorgeworfen, die zwei Polizisten vorsätzlich mit einer tödlichen Waffe verletzt zu haben und 14 weitere Polizisten mutwillig gefährdet zu haben.
Die Behörden hatten Ausschreitungen nach der Entscheidung der Grand Jury befürchtet, die Nationalgarde in die Stadt beordert und Sperren errichtet. Die Ausgangssperre von 21.00 bis 6.30 Uhr (Ortszeit) soll auch am Donnerstag und Freitag wieder in Kraft treten.
Kentuckys Justizminister Cameron sagte, wegen des Todes Taylors sei auch sein Herz gebrochen. Der Republikaner ist der erste schwarze Justizminister des Bundesstaates. «Aber Strafgesetze sind nicht dazu gemacht, auf jeden Schmerz und Verlust einzugehen.» Präsident Donald Trump lobte Cameron als «einen Star» und sagte, dieser mache einen «fantastischen Job». Er begrüsste den Einsatz der Nationalgarde und lobte seinen eigenen Einsatz für die schwarze Bevölkerung in den USA.
Trump wird immer wieder vorgeworfen, Polizeigewalt gegen Schwarze nicht eindeutig zu verurteilen. Der Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, sagte, die Entscheidung vom Mittwoch befriedige nicht den Ruf nach einer gleichberechtigten Justiz.
Auch Prominente reagierten empört. Die Musikerin Alicia Keys twitterte, sie sei wütend. Die Entscheidung sei «ungerecht» und ein perfektes Beispiel für ein bis aufs Mark verdorbenes System. Oscar-Preisträger George Clooney nannte die Entscheidung beschämend. Basketball-Profi LeBron James schrieb auf Twitter: «Heute habe ich keine Worte. Ich bin am Boden zerstört, verletzt, traurig, wütend.»
Die Polizisten waren am 13. März mitten in der Nacht bei Taylors Wohnung mit einem Durchsuchungsbefehl eingetroffen. Den Ermittlungen zufolge klopften sie an der Tür und gaben sich als Polizei zu erkennen. Dafür gebe es einen Zeugen, sagte Justizminister Cameron. Als sie keine Antwort erhielten, hätten sie die Tür aufgebrochen. In der Wohnung sahen sie demnach einen Mann und eine Frau. Der Mann - Taylors Freund - habe als Erster geschossen und einen der Beamten am Bein verletzt.
Daraufhin schossen die Polizisten zurück und feuerten dabei 32 Kugeln ab, wie Cameron sagte. Sie hätten die unbewaffnete Breonna Taylor mindestens fünf Mal getroffen, ihren Freund hingegen nicht. Taylors Freund gab an, dass er zwar ein Klopfen an der Tür gehört habe - aber nicht, dass es die Polizei sei. Er habe die Polizisten für Einbrecher gehalten. Er war in rechtmässigem Besitz der Waffe. Nach dem Vorfall war ihm versuchter Mord vorgeworfen worden - Ende Mai hatte die Staatsanwaltschaft den Vorwurf fallengelassen.
Von den Kugeln, die die 26-jährige Rettungssanitäterin trafen, sei eine tödlich gewesen, sagte Cameron. Einer der Polizisten habe zehn Mal von ausserhalb der Wohnung geschossen. Einige seiner Kugeln hätten Nachbarwohnungen getroffen. Der Beamte werde wegen «mutwilliger Gefährdung» in drei Fällen angeklagt. Dafür drohen ihm drei Mal bis zu fünf Jahre Haft.
Rund um den Fall bleiben Fragen offen. So werden die Umstände rund um die Ausstellung des Durchsuchungsbefehls weiterhin untersucht. Medienberichten zufolge waren die Beamten im Rahmen einer Drogenfahndung auf der Suche nach Taylors Ex-Freund. In der Wohnung sei kein Rauschgift gefunden worden. Ausserdem gibt es Berichte, die Polizisten hätten sich nicht angekündigt, was sie aber laut Durchsuchungsbefehl auch nicht hätten machen müssen. Auch die Bundespolizei FBI ermittle noch in dem Fall.