Von den einen gehasst und verachtet, hat Donald Trump zugleich eine treue, teils fanatische Anhängerschaft, vor allem in der weissen Arbeiterklasse.
Trump
Donald Trump. (Archivbild) - Evan Vucci/AP/dpa

Er hat von 2017 bis 2021 die skandalträchtigste Präsidentenamtszeit in der US-Geschichte hingelegt, ist ein verurteilter Straftäter und wegen Verschwörung gegen sein eigenes Land angeklagt – dennoch tritt Donald Trump mit dem Segen seiner Republikanischen Partei an, um bei der Präsidentschaftswahl am 5. November wiedergewählt zu werden. Sollte dem 78-Jährigen das Comeback gelingen, fürchten nicht wenige um den Fortbestand der Demokratie in den USA.

Trump hat das Land gespalten wie wohl kein anderer. Von den einen gehasst und verachtet, hat der Verfechter des «Amerika zuerst» zugleich eine treue, teils fanatische Anhängerschaft, vor allem in der weissen Arbeiterklasse.

Nach dem Attentat von Butler, das Trump im Sommer nur knapp überlebte, wurde vermutet, der für seine rüde Rhetorik berüchtigte Rechtspopulist werde sich im Ton mässigen.

Aber Trump setzt im Wahlkampf auf die gleiche Rezeptur, die ihm schon 2016 den Sieg eintrug: Er schürt die Wut auf das politische Establishment in Washington und die Angst vor Einwanderern, die er als «Mörder und Serienvergewaltiger» rassistisch beleidigt.

Dabei schmäht er ohne Unterlass seine politischen Kontrahenten und beschreibt die USA nach vier Jahren unter seinem Wahlbezwinger Präsident Joe Biden als ein Land am Abgrund, das nur er vor dem Untergang bewahren könne.

Sein hohes Alter und die Strapazen des nunmehr dritten Wahlkampfs seiner Laufbahn scheinen ihm wenig anzuhaben – allerdings wirken die Auftritte des Ex-Präsidenten inzwischen weniger schneidig, seine immer gleichen Attacken verbraucht.

2020 stimmten 74 Millionen US-Bürger für den Republikaner

Eine Niederlage am 5. November würde im Normalfall das Ende seiner politischen Karriere bedeuten – nur würde er dies wie schon 2020 keinesfalls akzeptieren: Seit vier Jahren verbreitet Trump rückwirkend und zugleich vorsorglich die Mär vom Wahlbetrug. Vor kurzem drohte er, wer bei der Wahl «betrügen» wolle, werde im Falle seines Sieges zu «langen Haftstrafen» verurteilt.

Die erste Amtszeit des New Yorker Immobilienmilliardärs lehrte, dass Trump seine Ankündigungen tatsächlich umsetzte oder dies versuchte. Dabei brach der politische Quereinsteiger ein ums andere Mal die Regeln des Rechtsstaats und scherte sich wenig um den Grundsatz der Gewaltenteilung.

Die Bilanz: zwei Amtsenthebungsverfahren, drei Strafverfahren unter anderem wegen Verschwörung gegen die USA und schliesslich noch: eine Verurteilung wegen Fälschung von Geschäftsunterlagen zur Verschleierung einer Sexaffäre.

In seiner Zeit als New Yorker Geschäftsmann prahlte Trump damit, dass er sich bei Frauen alles erlauben könne; als Kandidat und Präsident fiel er ein ums andere Mal mit sexistischen Bemerkungen auf.

Trump, der in dritter Ehe mit dem Model Melania verheiratet ist, wurde im Laufe seiner Karriere von zahlreichen Frauen wegen sexueller Belästigung und Vergewaltigung beschuldigt – und in einem der Fälle vor gut einem Jahr auch verurteilt.

Trump hinderten die zahllosen Skandale nicht an einer erneuten Kandidatur für das mächtigste Amt der Welt. Unterstützt von einer teuren Armada von Anwälten gelang es ihm bisher, sich dem Zugriff der Justiz weitgehend zu entziehen und sich gegenüber seinen Anhängern als politisch Verfolgter darzustellen.

Und die Zahl derjenigen, die Trump als Präsident haben wollen, ist beachtlich: 2020 stimmten 74 Millionen US-Bürger für den Republikaner, mehr noch als bei seinem Wahlsieg 2016.

Der «gefährlichste Mann der Welt»

Wahlforscher sehen das grösste Wählerpotenzial für ihn bei weissen Männern, die befürchten, an den Rand gedrängt und wirtschaftlich abgehängt zu werden. Aber auch bei Afroamerikanern, Latinos und asiatischstämmigen Wählern konnte Trump im Laufe seiner Amtszeit zulegen.

Seine Anhänger halten ihm zugute, dass in seiner Amtszeit die Wirtschaft stabil war und die Arbeitslosigkeit auf einen Tiefstand sank. Befeuert von den Parolen in den Online-Netzwerken teilen sie seine tiefe Verachtung für das elitäre Establishment in Washington.

Auch seine Hochachtung für den russischen Machthaber Wladimir Putin, für den er fast keine Kritik findet, und sein teils derber Umgang mit den westlichen NATO-Verbündeten schreckt viele US-Wähler nicht ab.

In einem Alter, in dem sich andere längst zur Ruhe gesetzt haben, will Trump zurück an die Macht. Der frühere Reality-Star geniesst das Scheinwerferlicht, als Präsident hat er die Hauptrolle auf der ganz grossen Bühne.

Nicht wenige Fachleute bescheinigten Trump eine narzisstische Störung. Seine Nichte Mary L. Trump, eine Psychologin, veröffentlichte 2020 einen Besteller, in dem sie beschreibt, wie Trump zu dem wurde, was er ist.

Schon im Titel nannte sie ihren Onkel den «gefährlichsten Mann der Welt». Diese Wahl wäre für ihn die letzte Chance, dies voll auszuleben, 2028 wird Trump nicht noch einmal antreten. Das hat zumindest er selbst ausgeschlossen.

(Von Oliver Junker/AFP)

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