Trumps Tech-Streit mit China verschärft Chip-Engpässe für Autobauer
Wegen der Lieferengpässe bei Computerchips müssen immer mehr Autobauer die Produktionsbänder anhalten und Tausende Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Grund sind nicht nur die Folgen der Pandemie. Die ohnehin an der Kapazitätsgrenze arbeitenden chinesischen Halbleiterhersteller sind zusätzlich durch den von US-Präsident Donald Trump angeheizten Handelskrieg in Bedrängnis geraten.
Das Wichtigste in Kürze
- In mindestens einem Fall gehen die Versorgungsprobleme der Autoindustrie auf diesen Konflikt zurück: Ein Insider berichtete der Nachrichtenagentur Reuters, dass ein Autobauer die Produktion von Chips vom grössten chinesischen Hersteller, Semiconductor Manufactoring International (SMIC), zum Konkurrenten TSMC in Taiwan verlagern wollte.
Der aber war durch andere Aufträge bereits überbucht. Ein Zulieferer bestätigte, dass TSMC die Nachfrage nicht bedienen könne.
Analysten gehen davon aus, dass der Mangel an Autochips bis zu sechs Monate anhalten wird. Der Anbieter von Prognosedaten für die Automobilindustrie, AutoForecast Solutions, schätzt, dass bis zum 13. Januar weltweit wegen der Engpässe 202'000 Fahrzeuge nicht gebaut werden konnten. Die Liste der unter Druck geratenen Hersteller wird immer länger: Nachdem im Dezember zunächst Volkswagen in China betroffen war, weiteten sich die Probleme rasch rund um den Globus aus.
Auch Daimler hat inzwischen mit Lieferengpässen zu kämpfen und muss die Produktion in seinen Werken in Rastatt und Bremen sowie im ungarischen Kecskemét anpassen. In den USA drosseln Ford, Toyota und Subaru die Fertigung. In anderen Regionen sind auch Nissan und Fiat Chrysler betroffen. Der Zulieferer Continental rechnet ebenfalls damit, dass die Probleme wegen der langen Vorlaufzeiten in der Halbleiterindustrie noch einige Monate anhalten werden.
Die Chip-Krise trifft die Branche ausgerechnet in einer Phase, in der sie wegen der rasant steigenden Nachfrage nach Elektroautos immer mehr Halbleiter benötigt. Bisher ist nicht abzusehen, wie sich die Engpässe auf die Produktion von batteriegetriebenen Wagen auswirkten, die mehr Halbleiter benötigen als herkömmliche Autos mit Verbrennungsmotor.
Die USA hatten im Dezember Dutzende weitere chinesische Firmen auf die Schwarze Liste des Handelsministeriums gesetzt, darunter auch SMIC. Der Schritt galt als weitere Massnahme des scheidenden US-Präsidenten, seine harte Handelspolitik gegenüber China vor seiner Ablösung im Januar zu zementieren. Das hat viele Kunden aus der Automobilindustrie verunsichert. Hinzu kommt, dass das Weisse Haus im September dem chinesischen Telekommunikationsriesen und Smartphone-Hersteller Huawei den Kauf von Chips untersagt hat, die mit amerikanischer Technologie hergestellt wurden. Da sich die Verschärfung in dem schon lange andauernden Streit abzeichnete, hatte Huawei schon vorher Chips gehortet, um weiter produzieren zu können. Huawei's Rivalen hätten eine Chance gewittert, Marktanteile zu ergattern, und damit begonnen, Chips zu kaufen, erläutern Analysten.
Ausserdem hat die US-Regierung Regeln erlassen, die SMIC daran hindern sollen, bestimmte US-Werkzeuge für die Herstellung von Chips einzusetzen. Das hat einige SMIC-Kunden dazu veranlasst, sich andere Bezugsquellen zu suchen, da sie befürchten, dass die Produktion gestört werden könnte. «Es besteht die Angst, eine chinesische Chipfabrik zu nutzen, wenn die Vereinigten Staaten sie auf eine Liste setzen», sagte Daniel Goehl, Geschäftsführer des US-Startups UltraSense Systems.
Ein Sprecher des US-Handelsministeriums lehnte es ab, sich dazu zu äussern, welche Auswirkungen es auf den Automobilsektor hat, dass SMIC und Huawei auf schwarzen Listen stehen. Er sagte lediglich, oberste Priorität sei es, durch Exportverordnungen sicherzustellen, dass die nationale und wirtschaftliche Sicherheit sowie die aussenpolitischen Interessen der USA gewahrt würden.