Vogelgrippe breitet sich unter See-Elefanten aus
In Südamerika hat das Vogelgrippe-Virus nicht nur Vögel getötet, sondern auch Tausende See-Elefanten. Forschende haben das Massensterben analysiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Vogelgrippe verbreitet sich laut einer Studie in Südamerika unter den See-Elefanten.
- Mehr als 17'000 Kälber sind auf der Halbinsel Valdés in Argentinien verendet.
- Das Virus kann zwischen unterschiedlichen Meeressäugetierarten übertragen werden.
Das aktuelle Vogelgrippevirus kann sich gut von einem Meeressäuger zum nächsten ausbreiten und auch wieder auf Vögel zurückspringen. Das berichtet ein internationales Forschungsteam nach der Untersuchung eines Massensterbens von See-Elefanten in Südamerika im Journal «Nature Communications».
Die derzeitige Variante des Vogelgrippevirus H5N1 hatte sich dort schon unter Seelöwen ausgebreitet. Doch die Forschenden beobachteten im Oktober vergangenen Jahres ein noch nie da gewesenes Sterben bei Südlichen See-Elefanten (Mirounga leonina).
Mehr als 17'000 Kälber und eine unbekannte Zahl ausgewachsener Tiere seien allein auf der Halbinsel Valdés in Argentinien verendet.
Das Virus kann zwischen unterschiedlichen Meeressäugetierarten und auch innerhalb von Kolonien von Säugetieren übertragen werden. Die Studie des Forschungsteams zeigt das. Wie genau die Übertragung passiert, ist den Fachleuten zufolge noch unklar, möglich sei dies über direkten Kontakt oder über Tröpfchen. Die Kälber könnten das Virus über die Plazenta oder die Muttermilch bekommen haben.
Virus springt immer wieder von Vögeln auf Säugetiere
Viele Jahrzehnte schon sorgt die Vogelgrippe H5N1 für heftige Erkrankungswellen unter Vögeln weltweit. Seit einigen Jahren breitet sich eine besondere Gruppe von H5N1-Viren aus: die sogenannte Klade 2.3.4.4b, mit der sich auch zahlreiche Säugetiere angesteckt haben.
Neben Meeressäugern in verschiedenen Weltregionen wie Robben und Walen sind unter anderem auch Kühe in den USA betroffen.
In Südamerika starben nach Angaben des Forschungsteams mehr als 30'000 Seelöwen. Dies, als sich das Virus in den Jahren 2022 bis 2023 entlang der Küste von Peru und Chile ausbreitete.
Später tauchte es auch an der Atlantikküste Argentiniens auf und wanderte schnell nordwärts bis Uruguay und Südbrasilien.
Nur wenige See-Elefanten-Gruppen übrig
Marcela Uhart von der University of California in Davis und ihr Team schätzen: Auf der Halbinsel Valdés starben im vergangenen Jahr etwa 95 Prozent aller See-Elefanten-Kälber.
Nun, ein Jahr später, sei nur etwa ein Drittel der sonst sich dort fortpflanzenden See-Elefanten zu finden, schätzt Uhart. «Wir laufen zwischen Haufen von Kadavern und Knochen umher und sehen nur sehr wenige See-Elefanten-Harems, was immer noch beunruhigend ist.»
Das Forschungsteam sei angesichts der Ausmasse erschüttert gewesen, ergänzte Mitautorin Valeria Falabella von der Wildlife Conservation Society Argentinien. «Wahrscheinlich ist mehr als die Hälfte der fortpflanzungsfähigen Population durch das Virus gestorben. Es wird Jahrzehnte dauern, bis die Bestandszahlen wieder das Niveau von 2022 erreichen.»
Übertragungen auf Menschen kommen vor
Bei der Analyse des Virusgenoms stellte das Team fest, dass sich der Erreger nach Ankunft in Südamerika weiter entwickelt hat. Es hat sich auch an die Meeressäugetiere angepasst.
Ausserdem zeige ihre Studie auch, dass die Viren von Meeressäugetieren auf Vögel zurückspringen könnten, ergänzte Rimondi.
«Das zeigt, dass eine verstärkte Überwachungs- und Forschungszusammenarbeit in der Region notwendig ist.»
In Europa scheinen die Auswirkungen auf Meeressäuger bisher nicht so dramatisch zu sein. Das Virus wurde nur in wenigen Robben und in einem Fall auch in einem Schweinswal nachgewiesen. Das sagt Timm Harder vom Friedrich-Loeffler-Institut.
Darüber hinaus seien vereinzelt auch andere Säugetiere hierzulande betroffen, in diesem Jahr gehörten dazu ein Waschbär und Füchse.
Mit der Vogelgrippe-Klade, die besonders Säugetiere betrifft, sind laut Hader vergleichsweise wenig Menschen infiziert worden.
Immer wieder kam es zum Beispiel vereinzelt dazu, dass sich Menschen bei Geflügel ansteckten; diese Fälle verliefen zum Teil auch tödlich.