17-Jähriger bei Protesten im Iran aus nächster Nähe erschossen
Das Wichtigste in Kürze
- Der 17-jährige Abolfazl Adinezadeh wurde bei den Protesten im Iran getötet.
- Er wurde aus nächster Nähe von Regierungskräften erschossen.
- Die Behörden haben die Familie sogar während der Beerdigung unter Druck gesetzt.
Tag 35 seit Ausbruch der Proteste im Iran. Noch immer gehen die Menschen gegen ihr eigenes Regime auf die Strasse. Die Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) zählt mindestens 240 Tote – darunter 32 Minderjährige.
Einer von ihnen ist der 17-jährige Abolfazl Adinezadeh. Er wurde am 8. Oktober von Regierungskräften aus nächster Nähe getötet.
«Was hat mein Sohn verbrochen?»
«BBC Persian» zeigte einen Ausschnitt des Totenscheins Adinezadehs. Der Jugendliche sei an Leber- und Nierenschäden durch Schrotkugeln in Maschhad gestorben, heisst es da. Ein Arzt schätzt, dass der Demonstrant aus einer Entfernung von weniger als einem Meter erschossen wurde.
Die iranischen Behörden schweigen – genau wie zu so vielen anderen Todesfällen der jüngsten Zeit.
Der «BBC»-Journalist teilte ein Video der Beerdigung auf Twitter. «Was hat mein Sohn verbrochen, dass Sie ihm 24 Schrotkugeln in den Bauch jagen?», fragt sich Adinezadehs Vater.
Behörden setzen Familie unter Druck
Die offiziellen Stellen schweigen nicht nur, sie versuchten offensichtlich zu verhindern, dass die Tötung des jungen Mannes bekannt wird.
Quellen berichteten der «BBC Persian», die Familie sei erst einen Tag nach Adinezadehs Verschwinden informiert worden. Seine Eltern sollten ihn bei einer örtlichen Polizeistation in Maschhad abholen – erst da erfuhren sie, dass er tot ist.
Die Polizei habe den Vater bedroht: «Halten Sie den Mund und sprechen Sie nicht mit den Medien.» Weiter sollen die Eltern unter Druck gesetzt worden sein, zu erzählen, ihr Sohn gehöre der Basidsch-e Mostaz'afin an. Die Baschid sind eine paramilitärische Truppe, die inoffiziell das Regime unterstützt. Laut «BBC» ist sie auch an der gewaltvollen Niederschlagung der Proteste beteiligt.
Und damit nicht genug: Auch bei der Beerdigung wird die Familie nicht von den Behörden in Ruhe gelassen. Den Quellen zufolge waren Sicherheitskräfte in Zivil vor Ort und hätten in die Zeremonie eingegriffen. Handys von Trauernden wurden konfisziert, Videos und Bilder der Beerdigung gelöscht – offenbar erfolglos.
Der Tod Mahsa Aminis brachte den Stein ins Rollen
Die landesweiten Proteste im Iran entflammten nach dem Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Mahsa Amini. Angeblich soll sie die Vorschriften für das Tragen des obligatorischen Kopftuchs nicht eingehalten haben. Die Sittenpolizei nahm sie daraufhin fest.
Die junge Frau starb am 16. September in den Händen der Polizei. Seitdem begehrt die Bevölkerung gegen die Führung der islamischen Republik und deren repressive Politik auf.